Politik

Aquila S. klagte in Augsburg 2016 gegen das Kopftuchverbot und gewann. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

06.03.2018

Kopftuchverbot erneut vor Gericht

Richter, Staatsanwälte, Polizisten und auch Lehrer - sie sollen den neutralen Staat repräsentieren. Seit Jahren wird darüber gestritten, ob dazu die Kopftücher von Musliminnen passen. Der Fall einer angehenden Juristin geht nun in die zweite Runde

Das bayerische Kopftuchverbot für muslimische Jurastudentinnen beim Referendariat beschäftigt erneut die Justiz. Am Mittwoch (7. März) wird sich der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München mit dem Verbot beschäftigten, gegen das eine Studentin in erster Instanz erfolgreich geklagt hatte.

Das Augsburger Verwaltungsgericht hatte im Juni 2016 das vom Justizministerium in München erlassene Kopftuchverbot für Referendarinnen für unzulässig erklärt. Das Urteil hatte eine bundesweite Diskussion darüber ausgelöst, ob Kopftücher für Richter und Staatsanwälte im Gerichtssaal künftig weiterhin tabu bleiben. Die Bundesländer müssen dies in entsprechenden Gesetzen regeln. Das in ganz Deutschland gültige Richtergesetz schreibt ganz allgemein vor, dass ein Richter sich jederzeit so zu verhalten habe, "dass das Vertrauen in seine Unabhängigkeit nicht gefährdet wird".

In dem Verwaltungsprozess geht es um eine damals 24 Jahre alte Frau, die 2014 bei der Anstellung zum sogenannten juristischen Vorbereitungsdienst vom Dienstherrn die Auflage bekommen hatte, dass sie "bei Ausübung hoheitlicher Tätigkeiten mit Außenwirkung" kein Kopftuch tragen darf. Dies betraf insbesondere die Teilnahme als Vertreterin der Staatsanwaltschaft in Prozessen oder die Vernehmung von Zeugen. Der Freistaat begründete dies damit, dass sonst bei den Bürgern "das Vertrauen in die religiös-weltanschauliche Neutralität der Dienstausübung" beeinträchtigt sein könnte.

Verwaltungsrichter sahen das Kopftuchverbot als rechtswidrig an

Die Studentin fand, dass sie wegen ihres Glaubens diskriminiert und stigmatisiert werde. Sie reichte Klage gegen die Dienstauflage ein und verlangte zunächst auch 2000 Euro Schmerzensgeld vom Freistaat Bayern. Die Schmerzensgeldklage ist nach Angaben des Justizministeriums aber inzwischen zurückgezogen worden.

Die Augsburger Verwaltungsrichter sahen das Kopftuchverbot für die junge Frau im Gerichtssaal ebenfalls als rechtswidrig an und entschieden im Sinne der Klägerin. Die Richter betonten in dem bis dato einmaligen Verfahren, dass es für einen solch weitgehenden Eingriff in die Religions- und Ausbildungsfreiheit der Studentin weder im Bund noch im Land eine gesetzliche Grundlage gebe.

Im vorliegenden Fall gab es nur eine Vorschrift des bayerischen Justizministeriums - dies reichte dem Verwaltungsgericht nicht. Ungeklärt blieb allerdings, ob die Richter bei einem entsprechenden Parlamentsgesetz ein Kopftuchverbot als zulässig erachtet hätten.

Erst vor wenigen Tagen hat der Landtag ein neues Gesetz verabschiedet

Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) hatte umgehend Berufung gegen das Urteil angekündigt. "Wir können das Ergebnis so nicht stehen lassen", sagte er damals.

Erst vor wenigen Tagen hat der Bayerische Landtag ein neues Richter- und Staatsanwaltsgesetz verabschiedet, das explizit dem nach "außen sichtbaren Tragen religiös oder weltanschaulich geprägter Kleidung im Gerichtssaal eine klare Absage" erteile, wie das Ministerium betont.

Das am 1. April in Kraft tretende Gesetz gelte nicht nur für Richter und Staatsanwälte, sondern durch einen Verweis entsprechend auch für Referendare, sagte Ministeriumssprecher Thomas Pfeiffer. "Es darf für die Bürgerinnen und Bürger schon nicht der Eindruck entstehen, ein Richter oder Staatsanwalt könnte sich von etwas anderem leiten lassen, als von den Gesetzen in unserem Land", betonte er.

Die Diskussion um Kopftücher von Juristinnen im Gericht führt auch immer wieder zu Auseinandersetzungen darüber, ob die Kreuze in den bayerischen Gerichtssälen zulässig sind. Die Kruzifixe will Minister Bausback allerdings keinesfalls anrühren.

Auch die Kopftücher von Lehrerinnen an staatlichen Schulen sind regelmäßig umstritten und haben bereits zu Prozessen geführt. In den einzelnen Ländern gibt es dazu unterschiedliche Vorschriften.
(dpa)

Kommentare (2)

  1. alexander p. am 06.03.2018
    Wer ein Kopftuch trägt, muss damit rechnen, stigmatisiert zu werden. In ihrer Heimat wäre die Frau wohl besser mit ihrem Kopftuch aufgehoben. Aber meine Vermutung ist, die Dame hat ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom und will sich nur wichtig machen. Da kann ein guter Arzt helfen.

    Evtl. sollte sie sich auch lieber auf den erfolgreichen Abschluss ihres Studiums konzentrieren und dann zur Arbeit gehen. Dann kann sie mit ihren Steuergeldern einen sinnvollen Beitrag zur Gesellschaft leisten. Aber an Geld scheint es nicht zu mangeln, wenn man als Studentin ewig vor Gericht klagen kann......
  2. mei o mei am 06.03.2018
    Dann stellt halt keine Kopftücher ein, gibt ja keinerlei Zwang, dann gibt es diese Problematik doch gar nicht.
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