Politik

Wie kriegt man die Leute an die Spritze? Das Spektrum der Ideen ist gewaltig. (Foto: dpa/Christoph Soeder)

06.08.2021

Kreatives Impfen

Gratisbratwurst, Einkaufsgutschein, Versicherungsprämie

Ganz Deutschland amüsierte sich diese Woche über die Thüringer, die Impfmuffel mit einer Gratis-Bratwurst an die Spritze lockten – mit Erfolg: Im Städtchen Sonneberg stieg die Zahl der Impflinge laut Rathaus dadurch um fast 80 Prozent.

Solche Ideen tun indes not, wenn der Staat noch signifikante Steigerungen bei der Impfquote erreichen möchte. Aktuell möchte sich hierzulande ein gutes Viertel der noch nicht oder noch nicht vollständig Geimpften – und das ist knapp die Hälfte der Bevölkerung – auch nicht mehr impfen lassen. Doch eine vierte Welle lässt sich dem Robert Koch-Institut zufolge im Herbst nur dann verhindern, wenn zwischen 85 und 90 Prozent der Menschen ab zwölf Jahren geimpft sind. Das entspricht mindestens 75 Prozent der Gesamtbevölkerung.

In Bayern wiederum sind (Stand 4. August) 51,2 Prozent der Menschen vollständig geimpft, zumindest eine Impfung erhalten haben 58,7 Prozent. Damit liegt der Freistaat nicht nur unter dem Bundesdurchschnitt – der bei den vollständig Geimpften 53 Prozent und bei den einmalig Geimpften 62 Prozent beträgt –, sondern innerhalb der Flächenländer sogar im unteren Drittel.

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) wirbt deshalb vehement für die vielen Sonderimpfaktionen im Freistaat. Eine davon fand jetzt im Sportverein in Mirskofen bei Landshut statt. Dort wurden an einem Tag 80 der insgesamt 800 Mitglieder geimpft, bestätigt ein Vereinssprecher.

Holetschek bringt auch Stadtteil- und Marktplatzimpfungen ins Spiel. Eine Marktplatzimpfung offerierte unter anderem die Stadtverwaltung im oberbayerischen Pfaffenhofen: „Ohne Voranmeldung! Auch Zweitimpfungen! Freie Wahl des Impfstoffs!“ Laut Angaben der Ortsgruppe des BRK konnten dadurch 55 Personen überzeugt werden.

Oberbayern liegt vorn bei der Impfquote

„Niedrigschwellig“ müsse es halt ablaufen, so Minister Holetschek. Bis weit in den September hinein werden deshalb in Bayern mehr als 190 Sonderimpfaktionen angeboten. Dazu zählen beispielsweise ein Impfbus am Marktplatz in Höhenkirchen-Siegertsbrunn im Landkreis München, Impfen im Einkaufszentrum Bamberg oder im Feuerwehrhaus Jesenwang im Landkreis Fürstenfeldbruck.
Große Unterschiede beim Impffortschritt gibt es nicht zwischen den einzelnen Bezirken, allerdings liegen die drei fränkischen Bezirke und die Oberpfalz hinten, führend ist Oberbayern. Die Ärztedichte sei in Oberbayern einfach höher, betont der Bayerische Hausärzteverband.

Und was ist mit materiellen Anreizen? Darf man Menschen mit Geld oder anderem ködern, damit sie sich impfen lassen? Und wie viel Geld soll das dann sein? Das Karlsruher Institut für Technologie hat einen Betrag von 100 Euro als nötigen Anreiz ausgerechnet.

Doch das sind Peanuts im Vergleich zum sozioökonomischen Gewinn, den eine vollständige Impfung ausmacht. Das Münchner Ifo-Institut hat ihn mit 1500 Euro berechnet. Heißt: Wenn ein Mensch geimpft ist und dadurch seltener erkrankt und behandelt werden muss, mehr arbeiten und mehr konsumieren kann, dann bringt das der Volkswirtschaft einen Vorteil in Höhe der genannten Summe.

Krankenkassen bieten Belohnungen an

100 Euro – kein Vergleich zum Ausland. In den USA lockt eine Apothekenkette Impfwillige mit der Verlosung von 100 Kreuzfahrten, in Indonesien gibt es eine lebendige Kuh, und in Hongkong kann man in einer Lotterie ein Apartment im Wert von mehr als einer Million Euro gewinnen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte sich aber gegen Prämienzahlungen ausgesprochen. FDP-Chef Christian Lindner schlägt immerhin freien Eintritt für Impfwillige in Museen vor.

Die Krankenkassen locken derweil Impfzögerer mit Zahlungen aus ihren Bonusprogrammen. Bei der Barmer gibt es beispielsweise für die Impfung neun Euro beziehungsweise 15 Euro für Versicherte bis 18 Jahre. Bei der DAK gibt es für jede durchgeführte Schutzimpfung zehn Punkte gutgeschrieben, die einmal im Jahr entweder als Barprämie oder als Zuschuss für eine besondere Gesundheitsleistung ausgezahlt werden können. Bei der AOK wird noch geprüft, ob die Corona-Impfung ins Bonusprogramm aufgenommen werden soll.

Unterschiedlich präsentiert sich die freie Wirtschaft. Beim Großhandel (nicht in den Filialen) der Supermarktkette Edeka Nord beispielsweise gibt es noch bis Ende September 50-Euro-Einkaufsgutscheine für alle Beschäftigten der Priorisierungsgruppe 2 und 3, die sich impfen lassen.
Die Südostbayernbahn mit Sitz in Mühldorf dagegen plant auf Nachfrage keine entsprechende Offerte. Die Bauer Gruppe aus Schrobenhausen – eine der größten Baufirmen im Freistaat – offeriert zwar Impfaktionen in der Firma. Materielle Anreize plane man aber nicht, so ein Unternehmenssprecher. (André Paul)

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