Politik

Kanzlerkandidat der Union: Armin Laschet (Foto: dpa/Michael Kappeler)

20.04.2021

Lädierter Unionskandidat im Krisenmodus

Die Nervenprobe in der Union hat ein Ende. CDU-Chef Laschet ist Kanzlerkandidat. Damit hat er zwar eine wichtige Schlacht gewonnen. Was das wert ist, muss sich aber noch zeigen

Am Tag der Kür von Armin Laschet zum Kanzlerkandidaten der Union ist die Kluft des CDU-Chefs zur Schwesterpartei mehr als 500 Kilometer breit. So weit sind am Dienstag nämlich er und CSU-Chef Markus Söder Luftlinie voneinander entfernt. In München und Berlin versuchen die beiden Unions-Größen, bei glanzlosen Auftritten einen Schlussstrich unter einen Machtkampf zu ziehen, der die Union und das Land neun Tage lang in Atem gehalten hat. Der aber plötzlich doch keiner mehr gewesen sein soll.

So sehr sich erst Söder und kurze Zeit später Laschet bemühen, die Gemeinsamkeit und Zusammenarbeit zu betonen - immer wieder fällt das Wort Verantwortung -, schon die räumliche Trennung zeigt ein anderes Bild. Zur Erinnerung: Als der Machtkampf am Sonntag in einer Sackgasse steckte, waren beide Kontrahenten kurzerhand per Flugzeug für ein Treffen nach Berlin gereist.

Nach den Marathonverhandlungen in der Nacht zum Montag schien der Eklat perfekt - die Rivalen gingen ohne Ergebnis auseinander. Zurück in München erklärte Söder dann plötzlich, alle Fakten lägen auf dem Tisch. Er werde jede Entscheidung der CDU akzeptieren, egal, wie sie ausfalle. In einer von Laschet kurzfristig einberufenen Sondersitzung des CDU-Vorstands kommen dann in der Nacht zum Dienstag die Argumente der Söder-Anhänger wie die der Laschet-Freunde auf den Tisch. Auf Druck des Parteichefs stimmt die CDU-Spitze dann kurz nach Mitternacht ab. Und das Ergebnis ist eindeutig: Laschet kommt auf 31 Stimmen, Söder auf 9, es gibt 6 Enthaltungen.

Am Dienstag geht dann plötzlich alles ganz schnell. Mittags tritt Söder in München vor die Kameras. Gleich am Anfang verkündet er: "Die Würfel sind gefallen. Armin Laschet wird Kanzlerkandidat der Union." Das sind die Worte, auf die der oft unterschätzte Nordrhein-Westfale mehr als eine Woche lang hingearbeitet hat. Die Kür des Kandidaten.

Guter, fairer Umgang?

Zwei Stunden nach Söder geht auch Laschet an die Öffentlichkeit. Er macht erste Versuche, die Risse zwischen den schwarzen Unionsschwestern zu kitten. "Wir sind in der CDU der CSU dankbar für den guten, fairen Umgang in einer sehr weitreichenden Entscheidung, auch in einer sehr persönlichen Entscheidung", sagt Laschet. Er wird nicht müde, von seinem guten persönlichen Verhältnis zu Söder zu schwärmen. Guter, fairer Umgang? Wer die vergangene Woche verfolgt hat, weiß: Da haben sich zwei Unionspolitiker in einem nervenaufreibenden knallharten Machtkampf nichts geschenkt.

Doch nun ist Laschet hörbar bemüht, den Blick nach vorne zu richten: "Ab jetzt zählt: Welche Partei hat die besten Konzepte für die Zukunft unseres Landes. Wer formiert das beste Team, um die Herausforderungen zu bewältigen." Nur wenn CDU und CSU gemeinsam als Team in den Wahlkampf gingen, könne die Wahl gewonnen werden. "Alle wollen den Erfolg der Union und wissen, was auf dem Spiel steht."

Das ist der CSU um ihren "Kandidaten der Herzen", wie Generalsekretär Markus Blume Söder bezeichnet, natürlich auch bewusst. Dennoch sitzt der Stachel zunächst schmerzend im Fleisch der Christsozialen, wie zwischen den Zeilen auch aus Söders Worten herauszulesen ist: Er danke seinen Unterstützern, gerade auch aus der CDU, sagt Söder und erwähnt ausdrücklich auch die "mutigen Abgeordneten", die Jungen und die Modernen, die in der CDU für ihn das Wort ergriffen hätten. Die Modernen für ihn - ist das eine neue Spitze gegen Laschet?

Herkulesaufgabe für Laschet

In der Union und darüber hinaus wissen alle, dass Laschet nach seinem Sieg im Machtkampf vor einer Herkulesaufgabe steht. In den fünf Monaten bis zur Bundestagswahl am 26. September muss der 60-Jährige nicht nur einen Wahlkampf samt Programmatik auf die Beine stellen, um das politische Erbe von Kanzlerin Angela Merkel zu verteidigen.

Dies alleine ist nach der 16-jährigen Kanzlerschaft Merkels schon eine immense Aufgabe mit offenem Ausgang. Nach dem Machtkampf kommt für Laschet hinzu, dass er sich - jedenfalls derzeit - nicht auf seine eigene Parteibasis verlassen kann. Denn diese - das bestreitet er nicht einmal selbst - hätte sich in nicht unerheblichen Teilen den in Umfragen weit vorne liegenden Söder als Kandidaten gewünscht. Laschet verspricht, sich beizeiten mit der Gemütslage auf Kreisebene zu befassen. Wann und wie, das lässt er offen.

Zu viel Zeit dürfte er dafür kaum übrig haben. Denn auf Laschet warten mit Grünen-Chefin Annalena Baerbock und SPD-Bewerber Olaf Scholz im Wahlkampf gleich zwei Kanzlerkandidaten, die ihrerseits auf großen Rückhalt in ihren Parteien setzen können.

Die Gräben sind tief

So sucht Laschet erstmal sein Heil im Angriff: "Ich glaube, alle wollen den Erfolg der Union und alle wissen, was auf dem Spiel steht. Es ist eine Richtungsentscheidung für Deutschland, über die wir hier reden. Wenn ein rot-rot-grünes Bündnis zusammenkommen würde, ist das eine andere Republik. Das weiß jeder in Bayern und das weiß jeder in den 15 deutschen Landesverbänden der CDU."

Doch wie tief die Gräben sind, zeigt sich in der Reaktion der Jungen Union (JU) auf Laschets Kür: Statt einer Gratulation für den Sieger dankt der Bundesvorsitzende Tilman Kuban in seiner Stellungnahme Söder für dessen Angebot einer Kandidatur. Die JU werden nun für Laschet in den Wahlkampf ziehen. Dennoch klingt Kubans Ansage auch wie eine Warnung an Laschet: "Er muss jetzt beweisen, dass er zusammenführen kann und es keine Verlierer in der Union gibt."

Bleibt noch die Frage, wie es weiter geht im Verhältnis von Laschet und Söder. Laschet betont, Söder werde eine zentrale Rolle für die Union und die Zukunft Deutschlands spielen. Er werde sich weiterhin "täglich, zweitäglich, wöchentlich und wann immer es nötig ist", mit Söder abstimmen. Er habe immer den Willen, mit Söder zu gemeinsamen Ergebnissen zu kommen, betont Laschet.

Abgesehen vom verbalen Schulterschluss lässt Laschet offen, ob es in nächster Zeit noch einen gemeinsamen Auftritt zur Präsentation des Unions-Kanzlerkandidaten kommen wird: "Das werden wir noch genau überlegen, wie wir das machen."

So offen der Machtkampf lange war: Zur Pressekonferenz im Foyer des Berliner Adenauerhauses hat der frisch gekürte Kanzlerkandidat schon ein Plakat mit seinem Foto platziert. Die Aufschrift: "Armin Laschet - Kanzlerkandidat der Union. Für Deutschland. #zusammenmachen". Zweifel an seinem Sieg hatte Laschet wohl nicht gehabt.
(dpa)

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