Politik

25.08.2022

Lindner-Plan: Sollen auch Besserverdienende steuerlich entlastet werden?

Helmut Kaltenhauser, finanzpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Bayerischen Landtag ist dafür. Tobias Bank, Bundesgeschäftsführer der Partei DIE LINKE, findet Lindners Politik unsozial.

Ja

Helmut Kaltenhauser, finanzpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Bayerischen Landtag

Als Mathematiker sind mir die rhetorischen Tricks in der Diskussion offensichtlich: Da werden entweder absolute oder relative Größen verwendet, oder es werden nur einzelne Größen herausgepickt. Mitunter wird in Kommentaren auch eine Zielsetzung – völlig losgelöst von der angestrebten Kompensation der kalten Progression – selbst definiert und dann argumentiert, dass diese Zielsetzung nicht erreicht wird.

Dabei ist es ganz einfach. Auf Basis des regelmäßigen Berichts zur kalten Progression soll verhindert werden, dass der Staat mehr Steuern von den Bürgern einnimmt, nur weil diese mit nominell höheren Einkommen in Bereiche höherer Steuersätze rutschen. Denn wir haben ja keine Flat Tax.

Die Konsequenz rein mathematisch: Alle absoluten Grenzen im Steuertarif sind prozentual anzupassen. Dann muss niemand in Relation zu anderen Steuerzahlern mehr bezahlen. Man könnte diese Anpassung auch automatisieren, also entsprechend der Inflation jährlich anpassen, aber dafür findet sich seit Jahrzehnten keine parlamentarische Mehrheit. Wenn aber die absoluten Beträge wie das steuerfreie Einkommen oder der Beginn des Spitzensteuersatzes um absolute Beträge verändert werden, ändern sich die Relationen. Das mögen manche wollen, ist aber eine völlig andere Zielsetzung als nur ein Inflationsausgleich. Denn dann beginnt man mit einer Umverteilung.

Einfach die absoluten Zahlen zu erhöhen, führt zu Gleichmacherei und nivelliert Einkommensunterschiede. An die Kritiker: Sie mögen bitte einen eigenen konsensfähigen Entwurf zum Steuertarif vorlegen – allerdings im Rahmen des im Koalitionsvertrags Vereinbarten! Übrigens passt der Lindner-Entwurf nicht alle absoluten Grenzen prozentual an, sondern er lässt die Untergrenze für den Höchststeuersatz („Reichensteuer“) unverändert. Damit werden die Spitzensteuerzahler proportional stärker belastet als der Durchschnittsteuerzahler. Lindners Vorschlag ist also nicht nur fair, sondern erhält sogar eine soziale Komponente.

NEIN

Tobias Bank, Bundesgeschäftsführer der Partei DIE LINKE

Finanzminister Lindners Politik ist nicht nur unseriös, sondern auch unsozial. Er entlastet vor allem die, die es nicht nötig haben. Menschen mit geringem Einkommen bleiben auf der Strecke. Gerade jetzt wird gezielte Unterstützung, etwa für Menschen, die die steigenden Energie- und Lebensmittelpreise nicht bezahlen können, gebraucht. Steuergeschenke für Bestverdienende, sind fehl am Platze – erst recht in Krisenzeiten.

Der Ausgleich der kalten Progression ist ein Schönwettersteuergeschenk. In Krisenzeiten muss die Entlastung gezielt den Menschen zugutekommen, die sie nötig haben. Aber Lindners Pläne entlasten vor allem hohe Einkommen: Experten zufolge würden 90 Prozent der zehn Milliarden Euro Entlastung den oberen 30 Prozent der Bevölkerung zugutekommen. Die unteren 70 Prozent der Bevölkerung erhalten hingegen mit 10 Prozent nur sehr wenig davon. Dabei sind sie es, die aktuell jeden Euro zweimal umdrehen müssen. Die einen, um im Winter nicht zu frieren. Die anderen, weil sie sich den kleinen Wohlstand, wie einen Kinobesuch, nicht mehr leisten können, was auf Kosten der Binnennachfrage und des Mittelstands geht.

Man hat den Eindruck Lindner nutzt die Krise, um Steuersenkungen für Bestverdienende durchzusetzen. Reiche entlasten trotz wachsender Not vieler Menschen bleibt „solide“ FDP-Politik. Die Regierung darf diese unsoziale Politik nicht mittragen. Dabei reicht es nicht aus, dass SPD und Grüne folgenlose Verbesserungsvorschläge machen, nur um zu signalisieren, dass man eigentlich eine sozialere Politik wolle, wenn einen die FDP nur machen ließe. Wir brauchen eine sozial gerechte Steuerform und keine Entlastungen für Bestverdienende. Wer viel hat, soll mehr einzahlen.

Die Linke will den Steuerfreibetrag auf 14.400 Euro anheben, den Spitzensteuersatz wieder auf 53 Prozent setzen und Kapitalerträge wieder normal statt mit einem reduzierten Satz von 25 Prozent besteuern. Damit sind Entlastungen für die Mehrheit der Bevölkerung drin, ohne den Gesamthaushalt zu belasten.

Kommentare (1)

  1. SEPP am 01.03.2023
    NEIN
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