Corona? Ist in den meisten europäischen Staaten kein Thema mehr, alle Maßnahmen wurden abgeschafft. Selbst die einstigen Covid-Hardliner USA, Kanada und Neuseeland sind zum normalen Leben zurückgekehrt. In Deutschland aber gelten noch immer teils bizarre Regeln. Die BSZ stellt die widersprüchlichsten vor.
Maske im Zug, aber keine im Flugzeug – eine der unverständlichsten Regelungen des neuen Infektionsschutzgesetzes, das seit 1. Oktober bundesweit gilt. Warum bitte müssen Erwachsene und Kinder über sechs Jahre in halbleeren Zügen und anderen Verkehrsmitteln eine Maske tragen, im voll besetzten Flieger aber nicht? Auch beim Check-in am Flughafen, wo sich die Menschen drängen, ist keine Maske vorgeschrieben. Und wer im Zug sitzt, darf sich das ungeliebte Teil, sobald die deutsche Grenze überquert wird, vom Gesicht reißen. So als würde das Virus an der Grenze aufhören zu existieren.
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Wer derzeit in einer bundesdeutschen Klinik behandelt wird, unterliegt überaus strengen Besuchsregeln: Eine Person pro Tag ist erlaubt – sofern die Person älter als 14 Jahre ist. Heißt: Will eine Frau ihren Mann oder den Opa besuchen, muss das vierjährige Kind daheimbleiben. Oder vor der Klinik warten – denn der Papa oder der Opa, der in der Klinik behandelt wird, darf durchaus vor die Tür, dort alle seine Lieben in die Arme schließen und dann gleich wieder zurück ins Krankenbett.
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Die Inzidenzen steigen – doch warum ist das überhaupt noch von Relevanz? Politik und Wissenschaft haben bereits vor Monaten verkündet, dass Inzidenzen keine Rolle mehr spielen und man stattdessen in erster Linie auf die Klinikauslastung schauen will. Und dass man endlich genau wissen müsse, wie viele Patient*innen wegen der Hauptdiagnose Corona im Krankenhaus sind und bei wie vielen das nur ein Zufallsbefund ist. Dass diese Daten noch immer nicht vorliegen, ist ein Skandal. Nicht minder ärgerlich ist, dass noch immer nicht erforscht ist, wo sich die Leute eigentlich anstecken. Der Pharmazieprofessor und Pandemie-Modellierer Thorsten Lehr beklagt, dass unklar ist, wie stark Masken das Infektionsgeschehen tatsächlich beeinflussen, wo sie also sinnvoll sind: Das, so der Experte, „ist und bleibt ein großes Problem“.
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Im Warte- und später im Sprechzimmer von ärztlichen und physiotherapeutischen Praxen muss von Patient*innen eine FFP2-Maske getragen werden. Für unter 14-Jährige reicht eine OP-Maske. Wenn man dann zur Apotheke will, um ein ärztliches Rezept einzulösen – dann fällt die Maskenpflicht wieder weg. Warum das? Sind dort nicht die gleichen vulnerablen Personengruppen, die es in den Praxen angeblich zu schützen gilt? Unklar bleibt auch, weshalb in Arztpraxen das Personal FFP2-Maske tragen muss, in Zahnarztpraxen dagegen eine OP-Maske reicht – und aus welchem Grund es Personal in Physiotherapien freigestellt ist, ob es überhaupt eine nutzt.
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Auch in einigen Bereichen, in denen es keinen Kontakt zu gefährdeten Personen gibt, muss laut Infektionsschutzgesetz Maske getragen werden. Besonders merkwürdig: Kinder der Jahrgangsstufen eins bis vier in Förderschulen dürfen per Gesetz gar nicht zum Masketragen verpflichtet werden – gut so. Aber wenn dieselben Kinder nachmittags in heilpädagogischen Tagesstätten betreut werden, müssen sie Mund und Nase bedecken. Obwohl das Personal und sogar die Räumlichkeiten dieselben sind. Das kritisiert auch Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU). Immerhin: Er verspricht, das Gesetz in Bayern praxistauglich umzusetzen. Für Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist das eine ziemliche Watschn.
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Genau hinschauen muss man bei Taxis. Für die normale Fahrt, die man privat bestellt, herrscht keine Maskenpflicht. Hier firmieren Taxis als Sonderform des Gelegenheitsverkehrs. Anders verhält es sich, wenn die Taxis Teil des Linienverkehrs im ÖPNV werden, etwa beim Schienenersatzverkehr. Dann muss die Maske wieder drauf.
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In Fahrschulautos wiederum muss während der Fahrstunden nur die Lehrkraft eine Maske tragen, den Fahrschüler*innen bleibt es freigestellt. Wobei die Pflicht nur für angestellte Lehrkräfte gilt; wenn der Lehrkraft die Fahrschule gehört, darf sie Fahrstunden maskenlos abhalten. Alles klar?
(A. Paul, T. stark, W. Taschner)
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