Politik

Im Café sitzen mit Blick aufs Meer - auf Mallorca ist das nötig. (Foto: dpa/Clara Margais)

26.03.2021

Malle statt Chiemsee

Statt die Ferienwohnungen in Deutschland endlich zu öffnen, will man jetzt Auslandsreisen verbieten – geht’s noch?

„Bitter enttäuscht ist noch viel zu milde ausgedrückt. Wir sind geschockt“, erklärt Markus Ritter, Geschäftsführer des Verbands der privaten Gastgeber im Chiemgau. Während es für Tausende Deutsche dieser Tage nach Mallorca geht, dürfen seine 150 Verbandsmitglieder ihre Ferienwohnungen weiterhin nicht vermieten. „Ich gönne jedem seinen Mallorca-Urlaub“, sagt Ritter. „Nachvollziehbar ist das aber nicht.“

Malle ist okay, ein Urlaub an Chiemsee oder Nordsee nicht? Absurd. Das hat man auch in der Politik erkannt. Aber statt den kontaktarmen Tourismus in Deutschland zu erlauben, prüft die Bundesregierung nun, ob man Auslandsreisen nicht einfach verbieten könnte. In England und Spanien gilt ein solches Verbot. Doch selbst Markus Söder bezweifelte im ZDF-Morgenmagazin, dass es in Deutschland rechtlich umsetzbar ist. Auch Fabian Mehring, Parlamentarischer Geschäftsführer der Freien Wähler im Landtag, ist skeptisch. Er begrüßt zwar, dass man im Bund endlich darüber nachzudenken beginnt, wie man den Widerspruch auflösen könnte. „Das ist Gift für die Akzeptanz der gesamten Corona-Politik“, sagt er. Doch lautet seine bevorzugte Lösung: Öffnung der Ferienwohnungen mit Testauflage.

Ritter betont: „Wir sind nicht das Problem, sondern Teil der Lösung.“ Mit Sorge blickt er den nächsten Wochenenden entgegen. Das Wetter wird schöner, Berge und Seen werden überlaufen sein. „Durch die erzwungenen Schließungen ist dieser Andrang aber völlig unorganisiert.“

Klar ist: Die coronamüden Menschen lassen sich nicht einsperren. „Die Leute werden Verwandte besuchen und statt in Hotels auf der Couch übernachten. In Privatwohnungen also, wo die Infektionsgefahr erwiesenermaßen viel größer ist“, moniert Thomas Geppert, Landesgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga Bayern.

Oder man reist eben ins Ausland. Nach Mallorca, Ibiza oder Menorca. Wer weiter weg will: Auch auf den Bahamas, den Grenadinen und in Malaysia liegt die Inzidenz aktuell mit unter 50 weit unter dem Wert von 113,3 in Deutschland. Dort kann man ohne Quarantäneauflagen urlauben. Bei der Rückkehr nach Deutschland aber besteht künftig eine Testpflicht, das haben Bund und Länder diese Woche beschlossen.

Eine Quarantänepflicht bei der Rückkehr gilt in Deutschland aktuell nur für Länder, die das RKI als Risikogebiet einstuft. Das sind 160 der rund 200 Länder weltweit. Eine Möglichkeit könnte nun sein, diese Regelung auf alle Einreisenden aus dem Ausland auszuweiten. Um das Reisen möglichst unattraktiv zu machen. Doch wer soll die Einhaltung der Quarantäne kontrollieren?

Ganz abgesehen davon, dass eine Quarantäne für alle rechtlich problematisch ist. Denn dass Reisen in Gebiete mit niedriger Inzidenz zu einer erhöhten Infektionsgefahr führen, haben Richter schon mal bezweifelt – als sie im Herbst das Beherbergungsverbot kippten.
(Angelika Kahl)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Sind Zurückweisungen an den Grenzen sinnvoll?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
X
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.