Politik

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein hält an seinem Mandat fest (Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka)

08.03.2021

Masken-Affäre: Unionsführung steuert auf offene Machtprobe zu

Für die CDU kommt es kurz vor zwei Landtagswahlen ganz dicke: Bundestagsabgeordnete der Union haben von Masken-Geschäften profitiert. Doch ihr Mandat wollen sie behalten - trotz Machtworte von Partei- und Fraktionsspitze

In der Affäre um Provisionen von Bundestagsabgeordneten bei der Beschaffung von Corona-Schutzmasken hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder die Betroffenen aufgefordert, ihre Mandate zurückzugeben. Neben der Abgabe von Ämtern wäre es auch konsequent, die Mandate abzugeben, sagte der CSU-Chef am Montag im "ZDF"-Morgenmagazin. Ein wichtiges Signal wäre ferner, Geld, dass mit diesen Geschäften verdient worden sei, zurückzugeben und zu spenden, um hier auch "moralisch" reinen Tisch zu machen. Im CSU-Präsidium werde man sich am Montagnachmittag darüber unterhalten, welche "parteilichen Konsequenzen" das haben müsse, fügte Söder hinzu. Die CSU habe einen klaren Verhaltenskodex vor einigen Jahren aufgestellt. Auch dagegen sei klar verstoßen worden.

Die Affäre bringt die Union massiv in Bedrängnis. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein und der CDU-Parlamentarier Nikolas Löbel kündigten am Sonntag zwar an, als Konsequenz aus den Vorwürfen im September nicht mehr für den Bundestag zu kandieren. Beide wollen ihr Mandat aber vorerst behalten - gegen den Willen von Partei- und Fraktionsführung. Sie erklärten lediglich ihren Austritt aus der Unionsfraktion.

Damit steuert die Union eine Woche vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz auf eine offene Machtprobe zu. Auch CDU-Chef Armin Laschet und der Vorsitzende der Unionsfraktion, Ralph Brinkhaus, verlangten den sofortigen Rückzug. "Wer als Volksvertreter versucht, in dieser Krise für sich persönlich Geld zu verdienen, muss das Parlament unverzüglich verlassen", sagte Laschet dem "Südkurier". CSU-Chef Markus Söder twitterte: "Alle Betroffenen sollten umgehend reinen Tisch machen und grundlegende Konsequenzen ziehen. Alles andere beschädigt das Vertrauen in die Politik."

Brinkhaus forderte die beiden Abgeordneten ebenfalls auf, ihr Mandat sofort aufzugeben. Zugleich räumte er im ARD-"Bericht aus Berlin" aber ein, dass der Fraktion in dieser Frage die Hände gebunden seien. "Wir haben eine Handhabe, wer Mitglied in der Fraktion ist, wir haben keine Handhabe, wer Mitglied im Deutschen Bundestag ist", sagte er. "Das ist jetzt für beide Kollegen eine moralische Frage, wie sie damit umgehen. Es wäre besser für den Parlamentarismus, wenn sie ihr Bundestagsmandat aufgeben."

Die beiden Abgeordneten sollen Provisionen in sechsstelliger Höhe für die Vermittlung von Geschäften mit Corona-Schutzmasken kassiert haben. Gegen Nüßlein wird von der Münchner Generalstaatsanwaltschaft unter anderem wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern ermittelt. Der CSU-Politiker hatte bereits am Freitag mitteilen lassen, er lege sein Amt als Fraktionsvize der Union nieder und werde nicht mehr für den Bundestag kandidieren.

Nüßlein will sein Mandat bis zum Ende der Wahlperiode behalten

Am Sonntagabend veröffentlichte Nüßlein dann über seinen Anwalt eine Erklärung, in der es hieß: "Die öffentliche Vorverurteilung meiner Person hat ein Maß erreicht, das für mich, aber vor allem auch für meine Partei unerträglich ist." Um jeglichen Nachteil von seiner Partei abzuwenden, sei er mit sofortiger Wirkung aus der Fraktion ausgetreten. Gleichwohl wolle er sein Mandat bis zum Ende der Wahlperiode behalten. "Dies verbinde ich mit der Erwartung, dass der derzeit gegen mich gerichtete Anfangsverdacht strafbarer Handlungen noch während meiner Zugehörigkeit zum Deutschen Bundestag widerlegt werden wird."

Löbel hatte am Freitag eine Beteiligung an umstrittenen Geschäften mit Corona-Schutzmasken eingeräumt. Seine Firma kassierte demnach Provisionen von rund 250 000 Euro, weil sie Kaufverträge über Masken zwischen einem baden-württembergischen Lieferanten und zwei Privatunternehmen in Heidelberg und Mannheim vermittelt hatte. Löbel hatte sich in einem ersten Schritt nur aus dem Auswärtigen Ausschuss des Bundestags zurückgezogen. Am Sonntag kündigte der 34-Jährige dann an, sein Bundestagsmandat Ende August niederzulegen, nicht mehr für den nächsten Bundestag zu kandidieren und sofort aus der Unionsfraktion auszutreten.

Der Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Dietmar Bartsch, kritisierte, dass Löbel sein Bundestagsmandat erst Ende August aufgibt. "Erst in sechs Monaten das Bundestagsmandat niederzulegen, hat offensichtlich mit Pensionsansprüchen zu tun. Immer noch ein Vorteilsoptimierer", schrieb er auf Twitter. Die Altersentschädigung für Bundestagsabgeordnete erhöht sich mit jedem Jahr der Mitgliedschaft um 2,5 Prozent der monatlichen Abgeordnetenentschädigung (derzeit 10 083,47 Euro), das wären 252 Euro. Das neue Parlament wird im September gewählt.

Aus der CDU hatten zuletzt schon zwei andere Abgeordnete negative Schlagzeilen gemacht. Gegen den CDU-Bundestagsabgeordneten Axel Fischer wird wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit ermittelt. Nachdem der Bundestag die Abgeordnetenimmunität des 54-Jährigen aufhoben hatte, hatte das Bundeskriminalamt am Donnerstag nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft München sechs Objekte in Berlin und Baden-Württemberg durchsucht, darunter das Bundestagsbüro, Wohnungen und Geschäftsräume. Fischer bezeichnete die gegen ihn erhobenen Vorwürfe in der "Augsburger Allgemeinen" als "haltlos".

Vorausgegangen waren umfangreiche Ermittlungsmaßnahmen, die sich gegen ehemalige und aktive Mitglieder des Bundestages richteten, die der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE) angehört hatten. "Ihnen wird vorgeworfen, in der Zeit zwischen 2008 bis 2016 unter anderem Gelder aus Aserbaidschan über britische Briefkastengesellschaften mit baltischen Konten erhalten zu haben", hieß es in der Mitteilung der Generalstaatsanwaltschaft. "Damit verbunden war die Aufforderung, bei Anträgen und Abstimmungen zu verschiedenen Resolutionen sowie bei der Besetzung von Funktionen und Kommissionen des Europarates Einfluss im Sinne von Delegierten des Staates Aserbaidschan zu nehmen."
(dpa)

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