Politik

Münchens Vorzeigepark Englischer Garten mit dem Monopteros. Eine grüne Insel mitten in der Stadt. (Foto: dpa/Felix Hörhager)

10.02.2023

Mehr Grün bitte!

Mehr Parks versus mehr Wohnungen: Wie geht das?

Damit Städte in heißen Sommern nicht überhitzen, sind Grünflächen essenziell. Sie dienen aber auch als Naherholungsflächen. Vor Kurzem hat der Münchner Stadtrat deshalb die Forderungen eines Bürgerbegehrens zum Grünflächenerhalt übernommen. Ein für das Frühjahr 2023 geplanter Bürgerentscheid wurde somit überflüssig. Tatsächlich wurden Rufe nach mehr Grünflächen über Jahre hinweg ignoriert und viele Flächen in der Landeshauptstadt versiegelt.

Zahlen der Online-Plattform Statista bestätigen das. Denn München liegt mit 49,9 Prozent auf dem drittletzten Platz beim Grünflächenanteil deutscher Großstädte. Hamburg liegt mit 71,4 Prozent auf Platz eins.

In Bayerns zweitgrößter Stadt Nürnberg ist ein ähnliches Bürgerbegehren wie in München angekündigt. Allerdings: Wo sollen die Menschen wohnen, wenn kaum mehr gebaut werden darf? Denn es fehlen dann ja auch soziale Infrastrukturen wie Kindergärten und Schulen. Nürnbergs Wirtschafts- und Wissenschaftsreferent Michael Fraas (CSU) fragt deshalb, ob auch diejenigen Menschen, die eine Wohnung suchen – darunter viele junge Familien –, Gehör finden. Werden diese einfach ins Umland verdrängt, müssen mehr Leute pendeln, und das vergrößert den CO2-Ausstoß. Was also tun? Diese „spannende Diskussion“ müsse man jetzt führen, fordert Fraas.

Bundesweit beachtetes Beispiel

Im Nürnberger Stadtteil Wetzendorf scheint der Spagat zwischen Wohnbau und Grünflächen aufzugehen. Dort soll dringend benötigter Wohnraum für 2800 Menschen entstehen. Gleichzeitig ist ein knapp 13 Hektar großer Park geplant. Laut Fraas ein bundesweit beachtetes Beispiel einer zukunftsweisenden, nachhaltigen Planung.

Neue Grünflächen wurden auch in Würzburg angelegt. Im Zuge der Landesgartenschau am Hubland und am Kardinal-Faulhaber-Platz wurden Grünflächen geschaffen, heißt es bei der Stadt. Der Faulhaber-Platz war zuvor ein Parkplatz, der zu einem kleinen Park umgewandelt wurde. Das Gelände der Landesgartenschau 2018 am Hubland war ein ehemaliges Militärgelände. Parks zu Wohnflächen umzuwandeln, ist in Würzburg derzeit nicht vorgesehen.

Das tut dem Stadtklima gut, denn Studien der TU München haben ergeben, dass man Innenstädte durch Grün- und Wasserflächen um bis zu 8 Grad Celsius herunterkühlen kann. Norbert Gebbeken, Präsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, fordert deshalb: „Wir müssen alle ungenutzten versiegelten Flächen entsiegeln.“ Hierfür könne man innerstädtische Parkplätze nehmen. Denn Autos müssen nicht zwingend auf Asphalt oder Pflastersteinen abgestellt werden. In Augsburg will man laut dem dortigen Baureferat sogar Parkplätze zurückbauen, um in der Innenstadt Bäume zu pflanzen.

Autostellplätze müssen nicht asphaltiert sein

Aber Grünflächen haben auch eine zweite Funktion. Sie nehmen Regenwasser auf. Das ist wegen der zunehmenden Starkregenereignisse wichtig. Stadtplanerin Ingrid Burgstaller von der TH Nürnberg verweist auf Stockholm und Sydney. Dort gibt es bereits ausgeklügelte Baumquartiere. Über Rigolen (unterirdische Pufferspeicher) wird das Oberflächenwasser abgeführt und kann versickern.

Dachbegrünungen und grüne Fassaden können ebenfalls helfen, die Städte abzukühlen. Auch alte Stadtbäche, wie sie München hat, wieder an die Oberfläche zu verlegen, senkt die Temperaturen.
In Regensburg nimmt man im Freiraumentwicklungskonzept der Stadt auch die privaten Freiflächen ins Visier. So dürfen Vorgärten dort nicht als Arbeits- oder Lagerflächen genutzt werden. Dient ein Vorgarten als Sitzgelegenheit oder als Autoabstellplatz, soll zwischen Terrasse oder Stellplatz und Straße ein mindestens 1,50 Meter breiter bepflanzter Streifen angelegt werden, verlangt die Stadt.

Kommunen haben also durchaus Ideen, um mehr Grün zu ermöglichen. Doch das löst überhaupt nicht die Flächenkonkurrenz zwischen Wohnen, Gewerbe und Parks. Bezahlbarer Wohnraum fehlt allerorten. Die Situation wird durch die rasant steigende Zuwanderung noch verschärft. Und solange die Transportkapazitäten von Bussen und Bahnen nicht enorm erhöht werden, wird auch das Rückbauen von Fahrspuren zugunsten von Grünstreifen außer mehr Staus und Luftverschmutzung nichts bringen.

Ein Teil der Lösung liegt sicher beim Wohnen im Umland. Dafür müssen Bund und Länder den Kommunen aber genügend Finanzmittel geben, damit diese einen leistungsfähigen Nahverkehr ermöglichen können.
(Ralph Schweinfurth)

 

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