Politik

09.05.2019

Mieterhöhungen gesetzlich verbieten – eine gute Idee?

Wohnungsnot und Mietpreis-Wahnsinn: Der Mieterverein München will mit einem Volksbegehren einen gesetzlichen Mieten-Stopp in Bayern erreichen. Die FDP meint: Damit würde das Ziel, den Wohnungsmarkt zu entspannen, verfehlt

JA

Beatrix Zurek, Vorsitzende des Deutschen Mieterbunds (DMB) München und Bayern

Die Lage auf dem Mietmarkt in vielen bayerischen Ballungsräumen und insbesondere in München ist angespannt. Rentner können sich die immer weiter steigenden Mieten nicht mehr leisten. Familien sind dazu verdammt, in zu klein gewordenen Wohnungen zu leben. Der Mittelstand wird aus der Stadt an die Ränder verdrängt.

Kurzum: Der außer Kontrolle geratene Mietmarkt muss wieder in geregelte Bahnen gelenkt werden. Darum haben wir vom DMB Mieterverein München das Volksbegehren „Uns glangt’s! Mieten-Stopp in Bayern!“ in die Wege geleitet. Laut Gutachten zweier renommierter Rechtsprofessoren ist ein Mieten-Stopp auf Landesebene möglich und muss nicht durch den Bund beschlossen werden. Mieterhöhungen könnten in Kommunen mit angespanntem Wohnungsmarkt für einen befristeten Zeitraum – wie etwa für fünf Jahre – gedeckelt werden. Das Recht auf eine angemessene Wohnung ist schon in Artikel 106 Absatz 1 der Verfassung des Freistaates festgehalten. Angst vor einer „Rache“ von Vermietern zu schüren, ist unangebracht. Denn viele faire Vermieter wünschen sich ebenfalls lebenswerte Städte für ihre Kinder und Enkelkinder. Ein Mieten-Stopp-Gesetz könnte nach Ablauf verlängert werden, sollte sich an der Lage nichts gebessert haben. Genauso dürfen Vermieter, bevor das Gesetz gelten würde, nur im rechtlich erlaubten Rahmen die Mieten erhöhen. Das sind derzeit 15 Prozent in drei Jahren, die Obergrenze ist die im Mietspiegel abgebildete ortsübliche Vergleichsmiete. Und auch gedeckelte Mieten würden sich in Bayern weiterhin auf einem hohen Niveau bewegen.

Mieterinnen und Mieter müssen ihre Stimme erheben und für ihre Rechte kämpfen! Denn an der derzeitigen Situation wird sich ohne Eingreifen des Staates nichts ändern. Wenn parallel zum Volksbegehren eine Bodenrechtsreform durchgeführt und massiv auf den Neubau von bezahlbarem Wohnraum gesetzt wird sowie die ortsübliche Vergleichsmiete endlich in alle Mieten einfließt – dann können wir die Preisspirale stoppen.

NEIN

Sebastian Körber (FDP), Vorsitzender des Bauausschusses im Landtag

Explodierende Mietpreise stellen uns vor enorme Herausforderungen, die Bund, Bayern und Kommunen nur gemeinsam bewerkstelligen können. Mieterhöhungen per Gesetz zu untersagen, ist der falsche Ansatz. Er würde das Ziel, den Wohnungsmarkt zu entspannen, verfehlen. Denn wer Mieten einfriert, friert den Neubau ein. Investoren würden abgeschreckt und Vermieter würden sich aus dem Markt zurückziehen. Das Ausbleiben neuer Investitionen wäre auch im Bereich des kommunalen und genossenschaftlichen Wohnungsbaus eine Katastrophe – vor allem für sozial Schwächere. Investitionen sind aber auch die Voraussetzung für mehr Barrierefreiheit in Gebäuden oder energetische Sanierungen, die der Umwelt zugutekommen.

Ein ausreichendes Angebot an Wohnraum ist der beste Mieterschutz. Die Mieten explodieren dann, wenn es zu wenige Wohnungen gibt und zu wenige gebaut werden. Gerade Groß- und Universitätsstädte verzeichnen einen enormen Zuzug. Beispiel München: Prognosen zufolge wird die Anzahl der Einwohnerinnen und Einwohner bis 2030 auf 1,8 Millionen steigen. Die Stadt verzeichnete zwischen 2011 und 2015 eine Zunahme um etwa 52 000 Haushalte, während der Wohnungsbestand im gleichen Zeitraum nur um 22 000 Einheiten zunahm. In ganz Bayern werden jährlich 70 000 Wohnungen benötigt. Zwar nimmt die Zahl der genehmigten und fertiggestellten Wohneinheiten leicht zu, jedoch wurde 2017 und 2018 das Ziel um etwa 10 000 Wohnungen verfehlt.

Außerdem wurde in den vergangenen Jahren kaum ein Lebensbereich so stark reglementiert wie der Wohnungsbau. Damit steigen die Kosten für Wohnraum weiter. Wer heute baut, erstickt in Vorschriften. Anstatt an den Symptomen der Mietpreisexplosion herumzudoktern und weitere kostenintensive Regulierungen zu initiieren, müssen wir endlich anfangen, mehr, schneller und günstiger zu bauen. Hier sind insbesondere private Investoren gefragt. Die Einführung eines Miet-Stopp-Gesetzes würde genau das Gegenteil bewirken.

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Ist das geplante Demokratiefördergesetz sinnvoll?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.