Politik

02.10.2025

Mögliche Abschaffung des Pflegegrades 1: Falsche Prioritäten

Die mutmaßlichen Pläne zur Abschaffung des Pflegegrades 1 sind ein Geschenk für die AfD. Die Regierung setzt die Prioritäten beim Sparen komplett falsch. Angesichts des 500-Milliarden-Euro-Rüstungspakets könnte beim Volk nun die Botschaft hängen bleiben: Panzer sind wichtiger als der dement werdende Opa. Zudem war es die Bundesregierung, die den Pflegekassen 6 Milliarden Euro für die Corona-Bekämpfung entzogen hat. Die Merz-Regierung setzt nun die Säge an den Sozialstaat an - kaum ein Bereich ist sicher. Dass aber ausgerechnet beim Bürgergeld für arbeitsfähige Flüchtlinge, die auch nach vielen Jahren keinem Job nachgehen, zumindest die SPD derzeit nicht rütteln will – können auch viele hiesige Migranten nicht nachvollziehen. Zwar haben sich die Sozialdemokraten mittlerweile von den Kürzungsplänen bei der Pflege distanziert. Aber allein die Debatte dürfte die politischen Ränder noch stärker gemacht haben, findet BSZ-Kommentator Tobias Lill

Es war ein hehres Versprechen, das die schwarz-rote Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag gab: Man wolle die Situation der Pflegebedürftigen und deren Angehörigen verbessern, heißt es darin. Knapp ein halbes Jahr später ist von dieser Zielsetzung nichts mehr übrig. Vergangene Woche sorgte ein Bild-Bericht unter Berufung auf führende Koalitionspolitiker für Aufregung. Demnach denken CDU und SPD über die Abschaffung des Pflegegrads 1 nach. Gut 1,8 Milliarden Euro könnten so eingespart werden.

Zwar hat sich die SPD mittlerweile von den Kürzungsplänen distanziert. Aber der Reputationsverlust für die Partei ist enorm. Schließlich sieht sie sich als Bewahrerin des Sozialstaats. Angesichts des 500-Milliarden-Euro-Rüstungspakets könnte beim Volk nun jedoch die Botschaft hängen bleiben: Panzer sind wichtiger als der dement werdende Opa. 86 Prozent der rund sechs Millionen Pflegebedürftigen hierzulande leben zu Hause. Sie werden oft von der Familie betreut. Pflegende Angehörige wechseln Tag und Nacht die Windeln der bettlägerigen Eltern oder schleppen den Rollstuhl samt schwerbehindertem Kind die Treppe hinauf. Ohne sie wäre die Pflege nicht mehr bezahlbar.

Zweifelhafter Spareffekt

Zwar würde die Streichung die meisten von ihnen gar nicht betreffen. Pflegegrad 1 wird etwa bei ersten Anzeichen von Demenz oder nicht zu schwerwiegenden körperlichen Einschränkungen wie Gelenkerkrankungen gewährt. Doch für die etwa 860 000 Betroffenen wäre das Wegbrechen der Hilfe ein Einschnitt. Derzeit können sie einen Entlastungsbeitrag von 131 Euro im Monat beantragen, um etwa Putz- oder Einkaufshilfen zu bezahlen. Außerdem bezuschussen Kassen behindertengerechte Umbauten von Wohnungen. Erkrankte sollen so möglichst lange zu Hause leben können – statt im teureren Pflegeheim. Manche Fachleute bezweifeln deshalb den möglichen Spareffekt.

Zudem war es die Bundesregierung, die den Pflegekassen 6 Milliarden Euro für die Corona-Bekämpfung entzogen hat. Für die AfD ist der Kürzungsplan ein Geschenk. Zu Recht kritisiert sie, dass nun bei Menschen, die lange in die Kassen einbezahlt haben, aufgrund der Finanznot gespart werden soll. Am Bürgergeld für arbeitsfähige Flüchtlinge, die auch nach vielen Jahren keinem Job nachgehen, will die SPD dagegen nicht rütteln – auch viele hiesige Migranten können das nicht nachvollziehen. So kann man die AfD auch stark machen. (Tobias Lill)
 

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