Politik

Aufgrund der Corona-Beschränkungen herrscht an Flughäfen derzeit kaum Publikumsverkehr. (Foto: Marijan Murat/dpa)

30.04.2020

Reiseanbieter spielen auf Zeit

Urlauber müssen bei Corona-Stornierungen keine Gutscheine akzeptieren – die Bundesregierung will das jetzt ändern

Die Münchnerin Christine Meier (Name geändert) ist verzweifelt. Ihr Lebensgefährte wohnt in den USA, jeden Monat besuchen sie sich abwechselnd. „Ich hatte alle Flüge für dieses Halbjahr schon gebucht“, erzählt sie. Doch seit März wurden wegen Corona alle Flüge nach und nach storniert. Zu der Tatsache, ihren Freund wohl bis September nicht sehen zu können, kommt der finanzielle Schaden in Höhe von mehreren Tausend Euro: Die amerikanische Airline bietet keine Rückerstattung, sondern nur Gutscheine an. Dabei ist das bei einem Abflug innerhalb der Europäischen Union offiziell verboten.

Laut EU-Fluggastrecht haben Fluggäste bei Corona-Annullierungen Anspruch auf eine komplette Rückerstattung des Flugtickets innerhalb von sieben Tagen. Allerdings bieten laut Fluggasthelfer-Portal Flightright nicht nur amerikanische, sondern auch sehr viele deutsche Airlines nur Gutscheine an, pochen auf eine Umbuchung oder versuchen, die Zahlung durch lange Antwortzeiten und Standardschreiben hinauszuzögern. Manche kündigten sogar an, das Geld erst nach der Corona-Krise zurückzuzahlen. Bei Insolvenz oder einem sogenannten Schutzschirmverfahren, über das die Lufthansa aktuell nachdenkt, wäre das Geld wohl weg.

Bei manchen Airlines findet man auf der Website keine Optionen mehr, um eine Erstattung einzufordern

Ryanair erklärt die langen Wartezeiten damit, dass aktuell 10.000-mal mehr Bargeld rückerstattet werden müsse als in normalen Zeiten. „Dreist“, nennt das eine Flightright-Sprecherin. Kunden seien schließlich keine Bank, von der man sich Geld leiht. „Bei manchen Airlines findet man auf der Website sogar gar keine Optionen mehr, um eine Erstattung einzufordern“, kritisiert sie. Sollte der Flug ausschließlich wegen zu geringer Auslastung gecancelt worden sein, haben Verbraucher sogar Anspruch auf bis zu 600 Euro Schadenersatz.

Verkehrsunternehmen wie Flixbus bieten entgegen der EU-Vorschriften wegen der „wirtschaftlichen Herausforderungen“ aktuell ebenfalls nur Gutscheine an, Gleiches gilt für die Deutsche Bahn. Wie viele Tickets storniert wurden, möchte aus Wettbewerbsgründen kein Unternehmen sagen.

Auch Reiseveranstalter, Hotels oder Anbieter von Ferienwohnungen weigern sich laut Verbraucherzentrale Bayern, das Geld zu erstatten, oder verlangen Stornogebühren. Diese sind aber nur legitim, wenn der Buchungszeitraum außerhalb der Corona-Reisebeschränkungen liegt. Aktuell gilt in Deutschland bis 14. Juni eine weltweite Reisewarnung. Verbraucherschützer empfehlen: Zahlungsaufforderungen per Einschreiben schicken – und hartnäckig bleiben.

Um die Corona-Krise für Reiseanbieter abzufedern, plant die Bundesregierung derzeit, geltendes Verbraucherrecht außer Kraft zu setzen: Reisende müssten dann bei ausgefallenen Flügen und Reisen Gutscheine statt Bargeld akzeptieren. Das bayerische Verbraucherschutzministerium warnt davor, Verbrauchern das volle Insolvenzrisiko aufzubürden.

Ebenso wie Verbraucherschützer lehnen die Landtags-Grünen Zwangsgutscheine komplett ab. Damit Verbraucher freiwillig mehr Gutscheine akzeptieren, sollten diese stattdessen durch einen Sicherungsfonds gegen die Insolvenz des Unternehmens abgesichert werden, sagt deren Abgeordnete Rosi Steinberger. Die FDP in Bayern fordert Unternehmen auf, ihren Kunden Gutscheine mit einem Bonus schmackhaft zu machen.

Auf seine Reiserücktrittsversicherung hoffen sollte indes keiner: Bei einer Pandemie schließen fast alle Anbieter eine Rückerstattung aus. (David Lohmann)

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