Politik

Oje, das wird teuer. Zerbrochene Smartphones können repariert werden, aber das kostet. (Foto: dpa/Jens Kalaene)

16.02.2024

Reparatur statt Neukauf

Eine neue EU-Vorschrift soll Verbraucherrechte stärken

Wenn das teure Smartphone einen Sprung hat, ist das nicht nur ärgerlich, sondern auch richtig kostspielig. Beim iPhone 14 Pro Max beispielsweise kostet allein der Austausch der Glasrückseite bei Apple oder autorisierten Service-Partnern stolze 670 Euro. Laut einer Deloitte-Umfrage entscheidet sich daher die Hälfte der Betroffenen für einen Neukauf – was durchaus im Sinne der Unternehmen sein dürfte. Die Firma Apple hat zwar reagiert und beim neuesten Modell die Reparaturpreise gesenkt. Dem EU-Parlament reichten solche Einzelfälle aber nicht, weshalb es gemeinsam mit den EU-Mitgliedsstaaten das Recht auf Reparatur geschaffen hat – das Ganze muss nur noch förmlich verabschiedet werden.

Mit den neuen Vorschriften soll es leichter und vor allem günstiger werden, defekte Smartphones, aber auch Fernseher, Waschmaschinen oder Kühlschränke wieder instand setzen zu lassen. Andere Produkte wie Kopfhörer sind bislang von der Regelung ausgeschlossen, was es unübersichtlich macht.

Damit die Hersteller das Reparaturgebot nicht torpedieren, wird ihnen verboten, „Reparaturen vertraglich, technisch oder durch Softwareeinstellungen zu erschweren“, so die EU-Kommission. Auch sollen Ersatzteile durch 3D-Druckverfahren und mehr unabhängige Reparaturwerkstätten billiger werden. Damit sich die Reparatur auch wirklich lohnt, verlängert sich während der gesetzlichen Gewährleistungsfrist die Garantie um ein weiteres Jahr.

Es gibt EU-Mittel

Zusätzlich werden die EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, Reparaturen mit mindestens einer Maßnahme zu unterstützen. Dafür gibt es EU-Mittel. In Österreich wird zum Beispiel schon jetzt vom Klimaschutzministerium jede Reparatur von Elektroartikeln pro Gerät zu 50 Prozent bis maximal 200 Euro gefördert. Beantragen lässt sich der Reparaturgutschein für Privatpersonen dort online. Ähnlich ist es in Frankreich. Dort beträgt der Reparaturbonus zwar höchstens 45 Euro, dafür gilt er aber auch für Schuhe oder Textilien. Zusätzlich sind Händler zur Angabe darüber verpflichtet, wie leicht ihre Produkte repariert werden können.

Die bayerische Staatsregierung wertet die geplante Regelung als Erfolg. Und hält sich zugute, dafür gesorgt zu haben, dass im Garantiefall das Wahlrecht zwischen Reparatur und Ersatzleistung bestehen bleibt, teilt das Verbraucherschutzministerium mit. Künftig sollen in Bayern so genannte Reparaturcafés gefördert werden.

Umweltorganisationen begrüßen das Vorhaben. Laut Deutschem Naturschutzring verursachen vorzeitig auf den Müll geworfene Produkte in der EU jedes Jahr rund 35 Millionen Tonnen Abfall und 261 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen. Allerdings kritisieren sie ebenso wie Verbraucherschutzbehörden, dass das Recht auf Reparatur nur für bestimmte Produkte gelten soll. „Elektrokleingeräte wie Kaffeemaschinen oder Möbel fehlen“, klagt Ramona Pop vom Verbraucherzentrale Bundesverband. Zudem bleibe unklar, wie Ersatzteile konkret günstiger werden sollen.

Bayern fördert Reparaturcafés

Auch aus Sicht der Wirtschaft gibt es Nachbesserungsbedarf. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) kritisiert die Verlängerung der Gewährleistungsfrist nach einer Reparatur. Das sei bei Fragen der Haftung mit enormen Rechtsunsicherheit für Reparaturbetriebe verbunden, moniert ZDH-Chef Holger Schwannecke. Bei Komplikationen müssten die Reparaturbetriebe nämlich dann den Herstellern nachweisen, alles richtig gemacht zu haben. „Das lässt sich häufig nur schwer nachweisen.“

Die Wirtschaft wird trotzdem von der Entscheidung profitieren, glaubt die SPD im Bundestag. Deren verbraucherschutzpolitischer Sprecher, Carsten Träger, räumt zwar auf BSZ-Anfrage ein, dass auf EU-Unternehmen wegen der neuen Richtlinie einmalig Umstellungskosten in Höhe von 8,7 Milliarden Euro zukommen. Träger glaubt, dass die Betriebe andererseits aber auch Geld einsparten. Denn wenn weniger produziert werde, würden weniger Ressourcen und Energie verbraucht. Was er nicht sagt: Die Unternehmen verkaufen dann natürlich auch dauerhaft weniger, der Umsatz sinkt.

Die Grünen nennen die Richtlinie einen „Meilenstein“. Sie hätten sich jedoch gewünscht, dass die Reparaturkosten länger als zwei Jahre nach dem Kauf übernommen werden. „Leider haben Konservative und Liberale j auf der Bremse gestanden“, klagt die Grünen-Europaabgeordnete Anna Cavazzini. Der bayerische FDP-Politiker Phil Hackemann, Spitzenkandidat der Liberalen für die Europawahl, sagt: „Uns ist wichtig, dass Unternehmen nicht mit noch mehr unnötiger Bürokratie überlastet werden.“ Zufrieden zeigt sich der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber: „Die EU schlägt sich mit dieser neuen Richtlinie klar auf die Seite der Verbraucher.“

Wann das Recht auf Reparatur in Deutschland in Kraft tritt, ist noch unklar. Die Bundesregierung hat für die Umsetzung in nationales Recht zwei Jahre Zeit.
(David Lohmann)

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