Rechte Hetze im Netz, fremdenfeindliche Demos und Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte: Die rechtsextreme Szene in Bayern wird aktiver, radikaler und gewaltbereiter
Angesichts der Zunahme rechtsextremer Straftaten in Deutschland hat die Allianz gegen Rechtsextremismus in der Metropolregion Nürnberg ein entschiedeneres Handeln der Demokraten angemahnt. "Die Staatsregierung ist gefordert, deutlich mehr zu tun", sagte der Vorsitzende der Allianz, Stephan Doll, am Montag in Nürnberg. Bündnisse, die sich gegen Rechtsextremismus einsetzen, müssten stärker unterstützt und die Justiz personell besser aufgestellt werden. "Es gibt 450 Haftbefehle in Deutschland gegen Rechtsextremisten, die nicht vollstreckt sind", sagte Doll.
Er forderte die CSU zudem auf, ihren Ton in der Flüchtlingsdebatte zu mäßigen: "Aussagen wie die zu einer "Herrschaft des Unrechts" haben in einer demokratischen Diskussion nichts verloren." Davon profitiere lediglich die Alternative für Deutschland (AfD).
Die Zahl der Veranstaltungen und Aufmärsche von rechten Gruppen nehme spürbar zu, sagte Doll. "Sie treten wesentlich sichtbarer auf und besetzen demokratische Plätze." Rechtsextreme versuchten derzeit vor allem, das Flüchtlingsthema für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Hier nannte Doll auch die AfD sowie die fremdenfeindliche Pegida-Bewegung. Hier müssten alle Demokraten deutlich Gegenwehr zeigen - etwa bei zwei geplanten Veranstaltungen der AfD sowie der Partei "Die Rechte" am 12. März sowie am 1. Mai in Nürnberg.
"Rechtzeitig reagieren! Sonst ist es zu spät"
Die Allianz, ein Bündnis aus mehr als 300 Verbänden und Kommunen in Nordbayern, fordert zudem ein Verbot von NPD, "Die Rechte" und "Der III. Weg". Elisabeth Preuß, Bürgermeisterin in Erlangen und Vize-Vorsitzende der Allianz, sagte: "Wer mit solchen Leuten marschiert, der marschiert mit Verbrechern." Sie verlangte von den Stadtoberhäuptern, Flagge zu zeigen und regelmäßig bei Demos gegen Rechts in der ersten Reihe mitzulaufen. "Wir müssen rechtzeitig reagieren. Und rechtzeitig ist jetzt. Sonst ist es zu spät."
Der zunehmenden menschenverachtenden Hetze gegen Zuwanderer im Internet will die Allianz mit einem "Vorurteil der Woche" "Wirklichkeit entgegensetzen", wie Doll sagte. Die Politik müsse gleichzeitig dafür sorgen, dass die Anbieter von sozialen Netzen Hass-Kommentare löschen. "Mit Freiwilligkeit läuft hier nichts."
Weil bereits mehrere Morddrohungen und fingierte Todesanzeigen bei Menschen eingegangen sind, die sich gegen Rechts engagieren, lobt die Allianz eine Belohnung von 1000 Euro für Hinweise aus. Dies solle ein deutliches Signal an die Sicherheitsbehörden sein, dieses Thema ernster zu nehmen, sagte Doll. (dpa)
HINTERGRUND: "Die Rechte" und der "III. Weg" - rechtsextreme Gruppen in Bayern
Das bestimmende Thema für die rechtsextreme Szene in Bayern heißt inzwischen "Anti Asyl". Die Zahl der politisch motivierten Angriffe auf Flüchtlingsheime nahm im vergangenen Jahr sprunghaft zu - von 25 auf 78 Fälle. Nach den vorläufigen Zahlen des Innenministeriums wurden 66 dieser Taten als rechtsextremistisch eingestuft. Auch die Zahl der politisch motivierten Gewalttaten stieg von 69 auf 87. Im Freistaat sind mehrere rechtsextreme Gruppen aktiv:
DIE RECHTE
Die Partei "Die Rechte" hat ihre Strukturen in Bayern deutlich ausgebaut. Zu dem seit 2014 bestehenden Kreisverband München entstanden im vergangenen Jahr Kreisverbände in Nürnberg, Bamberg und Rosenheim. Darüber hinaus wurde ein Landesverband gegründet. Die Partei ist in zehn Bundesländern mit Landesverbänden vertreten.
DER DRITTE WEG (DER III. WEG)
"Der III. Weg" hat bundesweit 19 regionale "Stützpunkte", sechs davon in Bayern. Diese entsprechen weitgehend den bisherigen geografischen Schwerpunkten der verbotenen Vereinigung "Freies Netz Süd". Der "III. Weg" betreibt im Internet eine Deutschlandkarte mit Standorten von Flüchtlingsunterkünften sowie Gruppen, die sich gegen diese Einrichtungen engagieren. Auch ein Leitfaden mit dem Titel "Kein Asylantenheim in meiner Nachbarschaft" steht online.
NPD
Die NPD hat sieben Bezirks- und 33 Kreisverbände in Bayern. Jüngere Rechtsextremisten zieht es jedoch eher zu aktionistischeren rechtsextremen Parteien wie "Die Rechte" oder "Der III. Weg". Der NPD-Landesverband hat im Netz eine Übersichtskarte über Straftaten von Migranten veröffentlicht, die sogenannte "Krimigrantenkarte".
PEGIDA-BEWEGUNG
Die Pegida-Gruppierungen in München, Nürnberg und Würzburg sowie Nügida werden vom Landesamt für Verfassungsschutz als extremistische Bestrebungen beobachtet. Unter den Verantwortlichen und Rednern in Bayern sind Angehörige des rechtsextremistischen Spektrums sowie Islamfeinde. Kennzeichnend für die Ideologie sind die Hetze gegen Muslime und muslimische Asylbewerber sowie Aufrufe zur Selbstjustiz.
IDENTITÄRE BEWEGUNG (IB)
Seit kurzem wird auch die "Identitäre Bewegung Deutschland" (IBD) vom Verfassungsschutz beobachtet. Hintergründe hierfür sind unter anderem ihre islamfeindliche und fremdenfeindliche Agitation, das Aufgreifen rechtsextremistischer Themenfelder und Forderungen sowie die Einbindung in die rechtsextremistische Szene.
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