Politik

Das Ende der Ampel-Koalition: Christian Lindner (rechts), Bundesvorsitzender der FDP, verlässt nach seiner Entlassung das Schloss Bellevue. (Foto: dpa/Christophe Gateau)

08.11.2024

Schnelles Ende statt Ende mit Schrecken

Das Ampel-Aus war längst überfällig – nun braucht es schnellstmöglich Neuwahlen. Ein Kommentar von Tobias Lill

Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht: Selten traf dieser Satz so zu, wie auf diese Bundesregierung. Mehrfach wurden sinnvolle Anliegen etwa beim Heizungsgesetz aus ideologischen Gründen oder purem Dilettantismus extrem schlecht umgesetzt. Bei zentralen Themen wie Migration, Wirtschaftsförderung und mitunter auch Energie setzte die Ampel fatalerweise auf die einst von Ex-Kanzlerin Merkel geprägte Politik der ruhigen Hand. In Berlin sah man zu, wie die deutsche Industrie aufgrund explodierender Energiepreise immer stärker unter Druck geriet. Statt Strom und Gas für die Wirtschaft mit Staatshilfen zu verbilligen, stieg man zudem übereilt aus der Atomkraft aus. Ohnehin ist es reine Symbolpolitik, wenn Deutschland kein russisches Gas mehr kauft, der Großteil der EU das jedoch weiterhin tut.

Zu viel ideologisches Handeln

Deutschland nahm so viele Flüchtlinge wie kein anderes EU-Land auf; zweistellige Milliardensummen für Sozialkosten fehlen in anderen Bereichen. Längst wissen die Kommunen nicht mehr, wie sie die Daseinsvorsoge finanzieren sollen. Doch aus ideologischen Gründen blockieren die Grünen eine wirksame Bekämpfung illegaler Migration.

Die FDP wiederum weigert sich mit Verweis auf die aus Lindners Sicht heilige Schuldenbremse, nötige Gelder für Daseinsvorsorge, Integration und vor allem die Ankurbelung der Wirtschaft bereitzustellen. Selbst das arbeitgebernahe Institut der Wirtschaft fordert eine dreistellige Milliardensumme, um das Bildungssystem zu verbessern, den Investitionsstau in den Kommunen zu beseitigen und das marode Straßen- und Schienennetz auf Vordermann zu bringen. Deutschland kann sich wegen der im internationalen Vergleich niedrigen Schuldenquote durchaus Geld leihen. Trotz allem: Und ja, in einzelnen Teilbereichen kann auch gespart werden, etwa bei den Sozialkosten für Flüchtlinge.

Neue Regierung muss Schuldenbremse aussetzen

Natürlich hatte die Regierung auch Erfolge wie die überfällige Erhöhung des Mindestlohns oder das für die Verkehrswende unerlässliche 49-Euro-Ticket. Doch der Politologe Heinrich Oberreuter hat Recht, wenn er im BSZ-Gespräch sagt: „Das Ende dieser funktionsunfähigen Regierung war längst überfällig.“ In einer Zeit, in der die Zahl der Feinde Europas, der liberalen Demokratie und unseres exportabhängigen Wirtschaftsmodells mehr werden, braucht die Bundesrepublik eine starke Regierung.

Eine dann wahrscheinliche Große Koalition sollte sich rasch auf die nötigen Investitionsprogramme und die Aussetzung der Schuldenbremse und eine andere Migrationspolitik einigen.

Umso unverständlicher ist es, dass sich Kanzler Scholz so sehr an sein Amt klammert. Er will offenbar noch zwanghaft einen Erfolg für sich verbuchen, wie auch Oberreuter konstatiert – etwa mit einem Abbau der kalten Progression im Steuerrrecht oder einer Rentenform. Doch auch für die Sozialdemokratie sollte gelten: Die Interessen des Landes sind wichtiger als die der Partei. (Tobias Lill)

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