Politik

Der 71-jährige Walter Adam hatte im Sommer beim Parteitag der bayerischen SPD spontan Florian Pronold herausgefordert. Jetzt legt er nach. (Foto: dpa)

08.01.2016

Schon wieder die Bayern

Nach der Blamage um die Wiederwahl von SPD-Landeschef Pronold droht neues Ungemach von enttäuschten Genossen

Für Sigmar Gabriel war es vermutlich ein Schock: Als er sich beim SPD-Parteitag im Dezember zur Wiederwahl stellte, schenkten ihm nur 74,3 Prozent der Delegierten ihre Stimme. Sollte Gabriel gedacht haben, sein mageres Ergebnis markiere Höhepunkt und Ende der durch die Parteibasis verabreichten Schmerzen, könnte er sich allerdings getäuscht haben. Unter dem Namen „Zeit für die Mutigen“ formiert sich derzeit, initiiert in Bayern, eine Initiative, die dem Parteichef und Vizekanzler weiterhin das Leben schwer machen möchte. Im Internet kursieren ein Video und sogar eine eigene Website der Truppe. Und Hunderte Genossen aus der ganzen Bundesrepublik bekunden ihre Sympathie.

Spiritus Rector ist der 71-jährige Walter Adam. Der pensionierte Lehrer hatte im Sommer beim Parteitag der bayerischen SPD spontan den amtierenden Landesvorsitzenden Florian Pronold herausgefordert und als parteiinterner No Name fast ein Drittel der Delegierten für sich begeistern können.

Jetzt legt Adam nach, und er hat Mitstreiter gefunden. Zu ihnen zählt Thomas Schug, Richter am Amtsgericht Kelheim und Stadtrat in Abensberg: „Ich bin der SPD beigetreten, um für die Grundwerte der Sozialdemokratie zu kämpfen. Diese werden von der Parteispitze für das bloße Mitmachen geopfert“, schimpft der 31-Jährige, der im nächsten Jahr als Bewerber seiner Partei in die vorgezogene Landratswahl im Landkreis Kelheim gehen soll.

Die Parteispitze habe „den Konsens mit der Basis aufgekündigt“

Mit von der Partie ist auch Markus Käser, der Kreisvorsitzende im Landkreis Pfaffenhofen. Die Parteispitze habe „den Konsens mit der Basis aufgekündigt“, klagt Käser. Vorstand und Fraktion hätten für ihn „beispielsweise mit ihrer Zustimmung zur Vorratsdatenspeicherung eine rote Linie überschritten. 11 von 16 Landesverbänden hatten dazu gegenteilige Beschlüsse gefasst.“ Man müsse als SPD mehr sein wollen als „der soziale Flügel der Union“. Zu Gabriels schlechtem Wahlergebnis meint Käser: „Für den waren 74,3 Prozent noch zu viel.“

Auch der aus Eichstätt stammende Filmregisseur Konstantin Ferstl hat sich der innerparteilichen Opposition angeschlossen. Er kenne, so der 32-Jährige spöttisch, „die große Zeit der SPD ja nur noch aus den Geschichtsbüchern“. Statt Idealen gebe es heute „Willy-Brandt-Folklore im Vierjahresrhythmus“.

Als neue WASG will man zwar nicht dastehen, beteuern die selbsternannten „Mutigen“. Die „Wahlalternative für Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ hatte sich vor 12 Jahren zur Zeit der Agenda-2010-Reformen von der SPD Gerhard Schröders abgespaltet und fusionierte später mit der PDS zur Partei Die Linke. Aber Markus Käser beispielsweise kann sich nach eigenem Bekunden immerhin vorstellen, noch vor der Bundestagswahl 2017 sowohl einen neuen Parteivorsitzenden wie auch einen anderen Kanzlerkandidaten zu küren.

Wirkliche Parteiprominenz hat sich bislang noch nicht offen zu den „Mutigen“ bekannt. Zumindest deshalb muss sich Gabriel derzeit noch keine allzu großen Sorgen machen.
(André Paul)

SPD-Basisinitiative: Zeit für die Mutigen

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