Politik

Beliebt, aber rar: Sommerferienprogramme mit Schlauchbootfahrten. (Foto: dpa)

19.08.2016

Schüler und Eltern im Ferienstress

Wer kümmert sich in der unterrichtsfreien Zeit um die Kinder, wenn Mama und Papa arbeiten?

Cornelia-Andrea Harrer steht jedes Jahr vor demselben Problem: Sie arbeitet Teilzeit und hat nur 20 Tage Urlaub, ihr zwölfjähriger Sohn hingegen allein jetzt im Sommer sechs Wochen Ferien. Das Gymnasium in Schäftlarn bietet keine Ferienbetreuung an. Hinzu kommt: Harrer ist wie 2,7 Millionen Menschen in Deutschland alleinerziehend. „Wenn wir unser Kind allein zu Hause lassen und es passiert etwas, nimmt uns das Jugendamt das Kind schneller weg, als wir schauen können“, sagt sie der Staatszeitung. Harrer ist bayerisches Bundesvorstandsmitglied im Verband alleinerziehender Mütter und Väter. Sie fordert dringend mehr und bezahlbare Betreuungsprogramme. Unterstützung erhält sie von der bayerischen SPD.

„Für mehr als 150 000 Schüler in Bayern gibt es keine adäquate Betreuung“, klagt SPD-Fraktionsvize Simone Strohmayr. Die Zahl ergebe sich aus der Summe der Schüler abzüglich der Schüler aus den offenen Ganztagsschulen, also jene mit einer Ferienbetreuung. Zwar können Schulkinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahr in den Ferien auch im Schulhort für Grundschüler betreut werden. „Die vorhandenen Plätze werden aber von den Hortkindern benötigt“, betont Strohmayr. In einem Gesetzesentwurf fordert sie die Staatsregierung auf, einen Rechtsanspruch auf Ganztagsangebote auch außerhalb der Unterrichtszeit zu schaffen. Doch das Kultusministerium wiegelt ab.

Schulkindbetreuung sei grundsätzlich eine Aufgabe der Kommunen, sagt ein Sprecher von Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) der BSZ. „Ein möglicher Rechtsanspruch würde das über lange Jahre erfolgreich geknüpfte Band zwischen Bürgern und Kommunen sehr schwächen.“ Dies käme einer „Entmündigung“ der Gemeinden gleich und würde wegen der Kosten zur Schließung vieler Horte führen. Die Staatsregierung unterstütze Kommunen stattdessen bei der Ferienbetreuung über das Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz, indem sie für jeden Schüler, den eine Gemeinde in der unterrichtsfreien Zeit im Hort betreut, einen Zuschuss gewährt.

In den Sommerferien schließen auch Horte und Kindergärten

Doch in den Sommerferien haben selbst die meisten Horte und sogar Kindergärten für zwei bis drei Wochen geschlossen. Der bayerische Gemeindetag rät Bürgermeistern daher, den steigenden Bedarf an Kinderbetreuung während und außerhalb der Schulzeit zu decken. Wenn es in den Kommunen mehrere Einrichtungen gibt, können sie sich absprechen, damit zumindest immer eine geöffnet hat, empfiehlt Gemeindetags-Geschäftsführer Gerhard Dix. In Städten sei dies wegen der höheren Nachfrage natürlich schwieriger, räumt er ein. „Man muss jonglieren.“

Natürlich bieten Gemeinden in Zusammenarbeit mit Vereinen und Verbänden auch Ferienprogramme an, beispielsweise Zirkus-Workshops, Tanz-Theater oder Erlebnistage auf dem Bauernhof. Doch der bayerische Kreisjugendring warnt Bürgermeister davor, mit Ferienangeboten die Versorgungslücke bei der Ferienbetreuung schließen zu wollen. Elfriede Schießleder vom Katholischen Deutschen Frauenbund Bayern rät ihren Mitgliedsvereinen davon ab, statt Minigolf oder einem Ausflug in die Sternwarte Kinderbetreuung von 7 bis 18 Uhr für Erwerbtätige anzubieten: „Wenn ich eingeteilt werde, um solche Erwartungen zu erfüllen, ist dies das Ende des Ehrenamts.“ (David Lohmann)

INFO: Angebote in den Sommerferien
Die Stadt München bietet Tagesauflüge, Wochenausflüge und weitere Angebote auf insgesamt 80 Seiten. Eine Übersicht der aktuellen Ferienangebote finden Sie online.

Lilalu, das Bildungs- und Ferienprogramm der Johanniter, bietet in München in allen bayerischen Schulferien ganztagsbetreute Workshops für Kinder und Jugendliche an. Im Sommer bietet Lilalu seine ganztagsbetreuten Workshops außerdem in Ingolstadt an (Dauer 2016: sechs Tage). Die Workshops dauern jeweils fünf Tage (kleine Ferien) beziehungsweise sieben Tage (Sommerferien) und können auf Wunsch mit einer Betreuungszeit von 7 bis 18 Uhr gebucht werden. Für Teilnehmer aus einkommensschwachen Familien beziehungsweise Familien mit geringem bis mittlerem Einkommen bieten wir in Kooperation mit der Landeshauptstadt München ermäßigte Tickets an.

In Nürnberg werden aktuell rund 7000 Grundschulkinder in Kinderhorten betreut. Diese Kinderhorte haben in den Sommerferien zwischen zwei- und drei Wochen Schließzeit, die restlichen Wochen erhalten die Familien eine verlässliche Betreuung in ihrem Kinderhort, mit entsprechenden feriengerechten Angeboten. Darüber hinaus gibt es in Nürnberg weitere Angebote der Ferienbetreuung während der beiden Oster- und Pfingstferienwochen, sechs Wochen in den Sommerferien sowie in der Herbstferienwoche. Sie bietet gerade berufstätigen Eltern, deren Kinder keinen Hort besuchen, arbeitnehmerfreundliche Betreuungszeiten und den Kindern ein buntes und erlebnisreiches Ferienerlebnis. 2016 gibt es 96 Wochenangebote mit insgesamt 2480 Plätzen für Kinder im Grundschulalter. In der Regel buchen Eltern eine komplette Ferienwoche, es sind aber auch Tagesbuchungen möglich.

Der Stadtjugendring Rosenheim bietet ab 22. August Mokija Erlenau, am 29. August die Bauwoche Hüttenstadt und ab 5. September Mini Ro Hüttenstadt an. Darüber hinaus bieten viele Sportvereine spezielle Feriencamps an, zum Beispiel das Jugendcamp des MTV Rosenheim, das Feriencamp Handball des ESV Rosenheim oder die KISS Kindersportschule Rosenheim als Abteilung des TSV 1860 Rosenheim. Außerdem gibt es seit zehn Jahren im Rahmen der Städtepartnerschaft mit der japanischen Stadt Ichikawa ein Fußballcamp in den ersten Wochen der großen Ferien in Kooperation mit Rosenheimer Sportvereinen.

In der Stadt Hof gibt es die folgenden Angebote: Sommerferienprogramm in Zusammenarbeit mit Hofer Vereinen und Verbänden (73 Angebote). Ferienbetreuung und Freizeiten für Kinder und Jugendliche wie zum Beispiel ab 29. Augsut die Integrative Begegnung im Therapeutisch-Pädagogisches Zentrum. Außerdem den Sommerferienpass und Sommerferienpass+ sowie Spielmobile auf fünf verschiedenen Spielplätzen jeweils Dienstag bis Freitag.

Die Landfrauen im Bayerischen Bauernverband sind regional sehr unterschiedlich in die Ferienprogramme der einzelnen Kommunen eingebunden. Sie arbeiten meist ehrenamtlich beziehungsweise gegen eine geringe Aufwandsentschädigung. Zu bedenken ist allerdings, dass im August die Erntehochsaison ist und dies weitere Aktivitäten auf den landwirtschaftlichen Betrieben, wie  zum Beispiel einen Hofbesuch im Rahmen eines Ferienprogrammes, erschwert beziehungsweise unmöglich macht.

Die Jugendarbeit des bayerischen Jugendrings stellt seit den 1960er Jahren ein breites Angebot an Ferienaktivitäten zur Verfügung, das inzwischen nahezu flächendeckend bereit steht. Diese sind freiwillige Angebote mit einem pädagogischem Konzept: Kinder und Jugendliche sollen dort Selbstorganisation, Gemeinschaft und Eigenverantwortung erfahren und erlernen. (BSZ)

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