Politik

Lediglich ein Bruchteil der Impfungen geht auf das Konto der mobilen Impfteams. Viele Schülerinnen und Schüler haben sich für eine Impfung außerhalb der Schule entschieden. (Foto: dpa/Gabbert)

05.11.2021

Schulen liebäugeln mit 2G

Bisher waren die mobilen Impfteams an Schulen wenig gefragt – das könnte sich jetzt ändern

Mobile Impfteams an Schulen: Das ist eines der niedrigschwelligen Angebote, die helfen sollen, die Pandemie in den Griff zu kriegen. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte schon im Frühjahr versprochen, Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen im Sommer ein Impfangebot zu machen. Für alle, die sich von einem Zweitimpfungstermin nicht abhalten lassen wollten, endlich in die Ferien zu verschwinden, kam die Impfung dann aber leider doch zum falschen Zeitpunkt.

Was damals wie ein Geschenk der Landesregierung wirkte, hat seinen Charakter längst verändert. Impfstoff ist zur Genüge da. Wurden anfangs nur Volljährige geimpft, empfiehlt die Ständige Impfkommission Stiko die Impfung nach langem Wägen der Risiken nun für alle ab zwölf Jahren. 

240 mobile Impfteams stehen darum seit Schuljahrsbeginn täglich bayernweit zur Verfügung, um vor Ort in Turnhallen, Mensen oder auf Schulparkplätzen zu impfen. 500 Impfaktionen wurden durchgeführt. Manche Schulen arbeiten mit einzelnen Ärzt*innen zusammen, anderswo werden kleine Zelte oder, in Kooperation mit den örtlichen Gesundheitsämtern, ganze Zentren aufgebaut, um Kinder und Jugendliche reihenweise zu impfen. 

Die Sache ist unkompliziert: Wer sich in der Schule impfen lassen will, braucht einen Aufklärungsbogen, eine Einwilligungserklärung und einen Impfpass. Will das Kind gegen den Willen seiner Eltern geimpft werden, ist die sogenannte Einwilligungsfähigkeit entscheidend, erklärt eine Sprecherin des bayerischen Gesundheitsministeriums. Es komme darauf an, ob das Kind selbst einsichts- und urteilsfähig sei und die Bedeutung und Tragweite der Impfung verstehe. Ärztin oder Arzt stellen fest, ob dies der Fall ist. Bei Minderjährigen ab 16 Jahren werde in der Regel eine Einwilligungsfähigkeit angenommen. 

Vollständig geimpfte Schulkinder sparen sich so vor allem die regelmäßigen Tests. Allerdings nur, solange kein Kind in der Klasse infiziert ist. Ist dies der Fall, werden fünf Tage lang alle im Klassenzimmer engmaschig getestet, auch die Geimpften. Eine einleuchtende Entscheidung. Schließlich ist entgegen aller Impfstoffeuphorie längst deutlich geworden, dass auch Geimpfte infiziert sein und das Virus weitergeben können. 

Genutzt haben die Reihenimpfungen seit Mitte September 15 000 Schülerinnen und Schüler, so eine Ministeriumssprecherin. Von den 12- bis 17-Jährigen sind Stand Montag vor den Ferien über 294 000 geimpft, davon mehr als 263 000 vollständig. Das entspricht einer Impfquote von 41,7 beziehungsweise 37,3 Prozent. 

 Lediglich ein kleiner Bruchteil der Impfungen geht damit auf das Konto der aufsuchenden Impfteams. Es scheint, als gingen impfbereite Schulkinder längst andere Wege, um an eine Impfung zu kommen. Viele hätten sich eher für eine Impfung außerhalb der Schule entschieden, sagt denn auch eine Sprecherin des Bayerischen Philologenverbands. Das gilt ebenfalls für die beruflichen Schulen. Wer dort zum Unterricht kommt, sei sehr häufig bereits geimpft, weil die Ausbildungsbetriebe ein gesteigertes Interesse an der Impfung ihrer Angestellten haben, erklärt der Landesvorsitzende des Verbands der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen, Pankraz Männlein. Außerdem wechselt die Schülerschaft an der Berufsschule täglich, was die Organisation zweier Impftermine erschwert. Mobile Impfungen würden darum vor allem an FOS und BOS durchgeführt. Auch Simone Fleischmann vom Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband geht davon aus: „Viele Eltern haben das schon selbst durchgezogen.“

Hohe Inzidenz bei Jüngeren

Sind die mobilen Teams darum hinfällig? Ganz und gar nicht. Bei ständig steigenden Infektionszahlen gerade unter Kindern und Jugendlichen sind sie im Kampf gegen das Virus eine wichtige Säule. 

Aktuell ist die Inzidenz bei den Sechs- bis Elfjährigen auf 538 angestiegen (Vorwoche: 448), bei den 12- bis 15-Jährigen liegt sie bei 506, bei den 15- bis 19-Jährigen bei 413. Die bayernweite Inzidenz von 256 in allen Altersgruppen geht also vor allem auf Infektionen der Jüngeren zurück. 

Das ist weniger bedrohlich, als es klingt, schließlich sind Kinder und Jugendliche nur außerordentlich selten von schwereren Verläufen betroffen. Man könnte sich also entspannt zurücklehnen, wären da nicht die beunruhigenden Erkenntnisse zum stark nachlassenden Impfschutz bei älteren Menschen. Sollte bei ihnen das Boostern, also die dritte Impfung, nicht zügig voranschreiten, sind sie bei steigenden Inzidenzen abermals stark gefährdet. Immerhin: Die Impfung von Schülerinnen und Schülern erfährt im aktuellen Geschehen offenbar wieder größere Wertschätzung. Denn zuletzt ist, wie eine Ministeriumssprecherin erklärt, die Zahl der Impfungen, die im Oktober zurückging, wieder angestiegen. Gut möglich, dass es den mobilen Teams angesichts des nahenden Winters gelingt, noch einige zögerliche Familien zu erreichen. Und noch eine Nachricht könnte die Impfbereitschaft ankurbeln: In den USA werden nun auch die Fünf- bis Elfjährigen geimpft – auch für Deutschland letztlich eine, wenn auch ferne, Perspektive.

Unterdessen streitet man sich in den Schulfamilien über eines der wichtigsten Ereignisse im Leben von Schülerinnen und Schülern: das Skilager. Manche Schulen knüpfen die Teilnahme offenbar an die 2G-Regel. Wer nicht geimpft oder genesen ist, fährt nicht mit. „Dass einzelne Schulen jetzt aber entgegen aller gesetzlichen Regelungen und der ausdrücklichen Positionierung der Stiko selektiv ungeimpfte Schüler*innen davon ausschließen wollen“, so Sabine Kohwagner von Initiative Familien, „ist ein Skandal und darf nicht sein.“ (Monika Goetsch)

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