Politik

In der Autoproduktion fehlen derzeit immer wieder Bauteile. (Foto: dpa/Andreas Gebert)

29.10.2021

Schwächelnde Riesen

Wie Bayerns Autofirmen auf die Krise reagieren

Knapp 208.000 Beschäftigte arbeiten in Bayerns Autoindustrie. Damit ist sie eine Schlüsselindustrie. Doch der Motor läuft nicht rund. Der weltweite Teilemangel dämpft das Auslandsgeschäft. So sank der entsprechende Index des Münchner Ifo-Instituts von 20,5 Punkten im September auf aktuell 13 Punkte – so tief wie seit Februar dieses Jahres nicht mehr.

Was fehlt, sind vor allem Mikrochips. Derzeit übersteigt die Nachfrage nach Halbleitern das Angebot etwa um 30 Prozent, bei Preissteigerungen in gleicher Höhe. Durch den zunehmenden Einsatz von Elektronik im Auto wächst die Chipnachfrage um etwa 15 Prozent jährlich. Und eine Entspannung der Situation wird frühestens 2023 erwartet. Die Staatszeitung fragte aus diesem Grund bei den großen Fahrzeugherstellern im Freistaat nach, wie sie die derzeitige Notsituation meistern.

Bei Audi sieht man den derzeitigen Chipmangel als Folge coronabedingter Produktionsreduzierungen bei wichtigen Halbleiterherstellern. In den vergangenen Monaten waren Chipfabriken aufgrund von Lockdowns teilweise geschlossen, teilweise wurde dort nur mit erheblich reduzierter Kapazität gefertigt. „Das spüren wir noch immer, die Versorgung stabilisiert sich nur langsam“, sagt Sprecherin Sabrina Kolb. Und noch aus einem anderen Grund muss der Automobilbereich einen Chipmangel von rund 10 Prozent verkraften: Chips werden nämlich wegen der Pandemie vermehrt in Richtung Telekommunikation und Unterhaltungselektronik verteilt. Daher ist laut Kolb auch weiterhin phasenweise mit kurzfristigen Produktionsanpassungen zu rechnen.

Sehr gute Nachfrage

Trotz all der Probleme konnte Audi im ersten Halbjahr 2021 mehr schon länger bestellte Autos ausliefern als im Vorjahreszeitraum. „Die Nachfrage nach unseren Autos ist weiterhin sehr gut. Das zeigen auch unsere Auftragseingänge“, so Kolb.

Ähnlich sieht es bei BMW aus. Die Herausforderungen bei der Halbleiterversorgung im ersten Halbjahr konnten weitgehend kompensiert werden. Die Münchner rechnen wegen der weltweit angespannten Lage aber noch bis über den Jahreswechsel hinaus mit weiteren Produktionseinschränkungen. „Unser Ziel ist es, die Versorgung unserer Werke weiterhin sicherzustellen. Hierzu sind wir in einem ständigen Austausch mit unseren Lieferanten“, sagt Sprecherin Sandra Schillmöller.

Auch der Münchner Bus- und Lkw-Hersteller MAN ist von der weltweit angespannten Zuliefersituation betroffen. „Aufgrund der anhaltenden Versorgungsengpässe werden wir uns die kommenden Monate mit dem Programm stärker an die schwankenden Gegebenheiten anpassen müssen“, sagt Sprecherin Anne Katrin Wieser. Dadurch könne es zu weiteren Produktionsausfällen kommen. Aktuell fallen einzelne Schichten an den Standorten München, Nürnberg und Salzgitter aus. Der Schichtausfall wird durch Abbau von Überstunden und Kurzarbeit ausgeglichen.

Steuergeräte fehlen

Um den MAN-Kunden lange Wartezeiten zu ersparen, werden zum Teil fehlende Steuergeräte aus fertig produzierten, aber noch nicht verkauften Fahrzeugen ausgebaut und in bestellte Fahrzeuge eingebaut. Im Lagerfahrzeug wird das Steuergerät danach so schnell wie möglich nachgerüstet.

Die Herstelleraussagen zeigen, wie ernst die Lage ist. Umso erfreulicher, dass Mitte September der Münchner Chiphersteller Infineon im österreichischen Villach für 1,6 Milliarden Euro eine neue Fabrik eröffnet hat. Was allerdings nicht dazu führen wird, dass sich die hohe Nachfrage nach Halbleitern schnell entspannt.

Ebenfalls hilfreich ist das von Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) vor Kurzem angekündigte bayerische Halbleiterbündnis. Es soll nach dem Vorbild des bayerischen Wasserstoffbündnisses ein Netzwerk der heimischen Chip-, Automobil- und Maschinenbaubranche knüpfen. So sollen Kooperationen geschaffen und Synergien ermöglicht werden. „Mit Blick auf die Zukunft müssen wir schon heute branchenübergreifend mittel- und langfristige Lösungen auf den Weg bringen. Bayerns Industrie braucht eine Halbleiterperspektive mit heimischer Produktion“, betont Aiwanger.

Hohe Energiepreise sind verkraftbar

Die hohen Energiepreise hingegen scheinen Bayerns Autobauer durchaus zu verkraften. Bei Audi zum Beispiel setzt man auf langfristige Verträge, die Preis- und Liefersicherheit geben. Außerdem gibt es bei den Ingolstädtern seit Jahren ein Energiemanagementsystem, das dafür sorgt, dass die Produktionsanlagen energieeffizienter arbeiten. So wurde die Beleuchtung optimiert und die Hallentemperaturen gesenkt, zudem wurden energieeffizientere Produktionsanlagen installiert.

Teurer sind die Autos bereits geworden. Ob wegen der Probleme eine weitere Preisrunde kommt, bleibt abzuwarten.
(Ralph Schweinfurth)

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