Politik

Hubert Aiwanger, Vorsitzender der Freien Wähler, wird nach seiner Ankunft beim Handwerkertag auf der Michaelismesse von Passanten begrüßt. Wegen der Affäre um das antisemitische Flugblatt zur Schulzeit Aiwangers soll der Freie-Wähler-Chef laut Ministerpräsident Markus Söder (CSU) einen Katalog mit 25 Fragen schriftlich beantworten. (Foto: dpa/Hildenbrand)

29.08.2023

Söder: Aiwanger soll 25 Fragen beantworten

Die Affäre um ein antisemitisches Flugblatt hat die Koalition in Bayern ins Wanken gebracht. Ministerpräsident Söder sieht nicht alle Fragen beantwortet - und setzt Freie-Wähler-Chef Aiwanger unter Zugzwang. Der Opposition reicht das nicht aus. Sie fordert nun eine Sondersitzung des Landtags

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) erhöht in der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt den Druck auf seinen Stellvertreter Hubert Aiwanger. Der Freie-Wähler-Chef solle einen Katalog mit 25 Fragen schriftlich beantworten, sagte Söder nach Beratungen im Koalitionsausschuss am Dienstag in München. Aiwanger habe zugesagt, die Fragen zu beantworten.

Erst danach könne man den Fall abschließend bewerten, sagte Söder. Eine Entlassung aus dem Amt des Wirtschaftsministers und stellvertretenden Ministerpräsidenten wäre zum jetzigen Zeitpunkt "ein Übermaß", so der CSU-Chef. Eine Frist zur Beantwortung der Fragen nannte er zunächst nicht.

Der Fragenkatalog  sei aber auch "kein Freispruch oder Freibrief", sagte Söder. "Die Menschen sind zutiefst empört und verunsichert und haben diese Fragen - so wie wir auch", sagte er nach einer Sondersitzung des Koalitionsausschusses am Dienstag. "Das heißt, es darf jetzt auch nichts mehr dazukommen."

Festhalten an der Koalition

Söder hatte am Dienstag eine Sondersitzung des Gremiums einberufen, Aiwanger sollte dort persönlich Stellung nehmen zu den Vorwürfen. Der 52-Jährige hatte am Samstagabend schriftlich zurückgewiesen, zu Schulzeiten in den 1980er Jahren ein antisemitisches Flugblatt geschrieben zu haben, über das die "Süddeutsche Zeitung" berichtet hatte.

Gleichzeitig räumte er aber ein, es seien "ein oder wenige Exemplare" in seiner Schultasche gefunden worden. Kurz darauf gestand Aiwangers älterer Bruder ein, das Pamphlet geschrieben zu haben. Später sagte er, er glaube, dass sein Bruder Hubert die Fluglätter wieder habe einsammeln wollen. Söder reichen diese Erklärungen aber bislang nicht aus.

Durch die Affäre um ein antisemitisches Flugblatt sieht Söder (CSU) den Ruf Bayerns beschädigt. "Allein der Verdacht beschädigt das Ansehen Bayerns und natürlich die persönliche Glaubwürdigkeit des bayerischen Wirtschaftsministers Hubert Aiwanger", sagte Söder. Schon jetzt sei der Schaden für den Ruf Bayerns hoch.

In Bayern wird am 8. Oktober ein neuer Landtag gewählt. Die CSU hatte bislang stets erklärt, die Koalition mit den Freien Wählern nach der Wahl fortsetzen zu wollen. Alle Umfragen hatten bis zuletzt auch fast keinen Zweifel daran gelassen, dass dies möglich sein wird - wobei die Freien Wähler zuletzt bei 11 bis 14 Prozent lagen. Die CSU regiert im Freistaat seit 2018 zusammen mit den Freien Wählern.

Schwarz-grün bleibt ausgeschlossen

Die Landtags-CSU wollte die Koalition auch am Dienstag grundsätzlich fortsetzen. Ein schwarz-grünes Bündnis wurde bei Online-Beratungen des erweiterten CSU-Fraktionsvorstandes am Dienstagfrüh ausgeschlossen, wie die Deutsche Presse-Agentur von Teilnehmern erfuhr. Allerdings gab es in der Runde demnach ebenfalls den Ruf nach weiterer Aufklärung.

Söder (CSU) bekannte sich in seinem Statement klar zur Koalition mit den Freien Wählern. "Die Zusammenarbeit mit den Freien Wählern als Ganzes hat sich bewährt und ist gut, und wir wollen sie auch fortsetzen. Es gibt auch keinen Anlass, etwas an der Zusammenarbeit zu ändern", sagte er. Koalitionen hingen auch nicht an einer einzelnen Person, betonte Söder weiter. 

Opposition: Zwischenausschuss des Landtags soll tagen

Der Opposition reichten die Erklärungen des Ministerpräsidenten nicht aus. In einer Pressemitteilung erklärte FDP-Fraktionschef Martin Hagen: "Die schwerwiegenden Vorwürfe gegen Hubert Aiwanger sind keine exklusive Sache zwischen CSU und Freien Wählern. Das betrifft ganz Bayern und darf nicht hinter verschlossenen Türen verhandelt werden." Aiwanger müsse dem Landtag Rede und Antwort stehen. "Wir werden deshalb gemeinsam mit Grünen und SPD eine Sondersitzung einberufen.“ 

Grünen-Landtagsfraktionschef Ludwig Hartmann ergänzte: "Söder duckt sich weg. Anstatt Konsequenzen zu ziehen, will er lieber weiter mit einem Stellvertreter regieren, der größte Zweifel an seiner demokratischen Gesinnung hinterlässt." Das schade dem Ansehen Bayerns.

Bei der Sondersitzung solle der sogenannte Zwischenausschuss zusammenkommen. Der Zwischenausschuss behandelt unter anderem nach der letzten Plenarsitzung vor Wahlen dringliche Angelegenheiten. Nur ein Teil der Landtagsabgeordneten sind Mitglied des Gremiums. (BSZ/Christoph Trost, Frederick Mersi und Kathrin Zeilmann, dpa)

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