Politik

Sein Platz bleibt in Bayern: Markus Söder ist bei der K-Frage Armin Laschet unterlegen. (Foto: dpa/Peter Kneffel)

21.04.2021

Söders Scheitern, Söders Chance

Franz Josef Strauß, Edmund Stoiber - und dann Markus Söder. Gerne hätte sich der CSU-Chef in die Kanzlerkandidaten-Reihe seiner großen Vorbilder eingereiht. Doch aus, vorbei. Auch in der CSU herrscht Katerstimmung. Doch am Ende sind die Rivalen aufeinander angewiesen

Natürlich hätte er seinen "Lebensplan" dafür über den Haufen geworfen. Natürlich wäre Markus Söder gerne Kanzlerkandidat geworden, auch wenn er immer wieder gesagt hatte, sein Platz sei in Bayern. Was bedeutet die Entscheidung pro Armin Laschet nun für Söder? Geht der CSU-Chef trotz allem gestärkt aus dem erbitterten Kandidaten-Kampf hervor? Oder bleibt ein Makel? Und: Wie ist nun die Stimmung an der CSU-Basis? Ist es vorstellbar, dass die CSU, eben noch selbst das Kanzleramt fast vor Augen, nun für Laschet kämpft?

Erst einmal muss die CSU mit der Niederlage umgehen. Und das, obwohl sich die Partei angesichts der Top-Umfragewerte für Söder und der bröckelnden CDU-Unterstützung für Laschet am Wochenende dem großen Ziel schon so nahe sah. Spätestens als Söder am Sonntagabend eilends nach Berlin jettete, hofften viele CSU-ler auf den Sieg für Söder.
Als Söder 36 Stunden später, am Dienstag, dann aber verkündet, die Würfel seien gefallen, Laschet sei nun der Kanzlerkandidat, verfallen weite Teile der CSU erst einmal in zornige, enttäuschte Schockstarre. Und es geht die Sorge um vor einem Debakel für die Union im Herbst.

Es gebe Mitglieder, die keine Lust hätten, nun für Laschet Wahlkampf zu machen, berichtet ein CSU-Abgeordneter. Betont wird aber, man kämpfe trotzdem, für die eigenen Kandidaten und eine starke CSU in Berlin. Und dann kämpfe man eben "zwangsläufig" auch für Laschet und die CDU mit - weil man als CSU in einer Regierung viel mehr bewegen könne. Man werde alles auf die "Bayern-Karte" setzen, heißt es. Fakt ist ja: Auf dem Wahlzettel stehen nicht Armin Laschet und die CDU - sondern die CSU mit ihren Direkt- und mit ihren Listenkandidaten.

Die Begeisterung für Laschet liegt in der CSU quasi bei Null

Das ist die Quintessenz, wenn man sich am Tag eins nach der Laschet-Kür in der CSU umhört: Die Begeisterung für den Kandidaten liegt im Moment quasi bei Null. Aber natürlich will man das Kanzleramt nicht Grünen oder SPD überlassen. "Laschet ist immer noch viel besser als Grün-Rot-Rot", sagt ein CSU-Landtagsabgeordneter.

Zudem geht es um eine weiterhin starke Position der CSU in Berlin, in der Regierung, mit einer gewichtigen Stimme für die CSU - und auch für Söder persönlich, im Koalitionsausschuss. Und sollte die Union, mit CSU-Unterstützung, gewinnen und die nächste Bundesregierung anführen, dürften sich die Christsozialen dies womöglich teuer bezahlen lassen, beispielsweise bei Zuschnitt und Zahl der nächsten Ministerposten. Die "Gefechtslage", so fasst es ein CSU-Stratege zusammen, werde sich nach der aktuellen Katerstimmung schon wieder ändern - dann kämpfe man gemeinsam gegen Grüne, SPD und andere.

"Die CSU ist mit sich im Reinen", sagt CSU-Generalsekretär Markus Blume. Es gebe viel Anerkennung und Zuspruch für Söder. Dabei berichtet Blume noch, die Nachfrage nach Online-Mitgliedschaften in der CSU sei sprunghaft gestiegen - aus dem ganzen Bundesgebiet.

Laschet ist maßgeblich auf den Unterlegenen angewiesen

Fakt ist: Laschet und die CDU, die Söder und die CSU nun in die Knie gezwungen haben, sind nun maßgeblich auf die Unterlegenen angewiesen. Ohne ein starkes CSU-Ergebnis in Bayern würde die Wiedereroberung des Kanzleramts für Laschet noch deutlich schwieriger. Das dürfte auch Laschet wissen. Ebenso wie er nun alles daran setzen muss, auch die Söderianer an seiner eigenen CDU-Parteibasis hinter sich zu scharen.

Der bayerische JU-Chef Christian Doleschal fordert: "Laschet muss jetzt einen Plan vorlegen, wie er sich vorstellt, die Wahl zu gewinnen. Er muss die Stimmung drehen - und zwar schnell." Aber auch das wird in der CSU betont: Beide, Laschet und Söder, müssten nun gemeinsam - und zwar glaubwürdig - für den Erfolg der Union kämpfen.

Und was bedeutet die zurückliegende erbitterte Kampf-Woche nun für Söder? Anfangs wollte er ja vor allem nicht als Drückeberger dazustehen, der sich nie öffentlich erklärt hätte. Erst als dann die Pro-Söder-Welle weiter zunahm, rückte die Kandidatur tatsächlich in Reichweite. Wobei diese angesichts der mauen Unions-Umfragen so oder so ein Risiko für Söder gewesen wäre - für ihn persönlich und seine Position als bayerischer Ministerpräsident, und für die gesamte CSU.

Söders Machtstreben ist vorerst an seine  Grenzen gestoßen

Söders Machtstreben ist aber eben nun, vorerst jedenfalls, an seine Grenzen gestoßen. In der CSU und in Bayern hat der Franke ja, mit Geduld und Ellenbogen, alles erreicht. Und als er sich dann bundesweit als harter Anti-Corona-Kämpfer profilierte, brachte ihm dies ungeahnte Zustimmung über Partei- und Landesgrenzen hinweg ein.

Doch nun zeigt sich: Wenn die CDU nicht will, kann auch ein noch so starker CSU-Vorsitzender nicht Kanzlerkandidat werden. Hier enden schlichtweg die Einflusssphären auch gewiefter CSU-Machtstrategen.

Letztlich bleibt Söder nur noch der taktisch geschickte Rückzug. Dennoch ist es eine Niederlage für den zuletzt erfolgsverwöhnten Franken - und damit muss er erst einmal umgehen und klarkommen.

Bekommt Söder 2025 eine zweite Chance?

Wobei er am Ende zweierlei erreicht: Die Verantwortung für den Ausgang der Wahl schiebt er quasi allein der CDU und Laschet zu. Andererseits könnte Söder zu Hause profitieren - weil er bundesweit als kanzlertauglich angesehen wird. Viele Bayern wollten aber auch, dass er im Freistaat bleibt und nicht nach Berlin geht. Nutzt Söder all dies vor der nächsten Landtagswahl 2023? Die CSU träumt ja nach wie vor von der Rückeroberung der absoluten Mehrheit im Landtag. Jedoch hängt etwa die Masken-Affäre der CSU wie ein Klotz am Bein.

Und Söders Kontrahenten, insbesondere führende Oppositionspolitiker, werfen ihm nach der missglückten Mission Kanzleramt einen knallharten und beispiellosen Ego-Trip vor, dass er sich eine Woche lange nur um sich und nicht um die Corona-Krise gekümmert habe. Aber auch in der CSU sagen manche, da sei er wieder gewesen, der "alte Söder", der knallhart und mit harten Bandagen vor allem für sich selbst kämpfe.

Manche in der CSU blicken derweil schon auf die Bundestagswahl 2025 voraus. Ob sich dann ein neues Zeitfenster für Söder öffnet, eine zweite Chance aufs Kanzleramt? Söder selbst sagte kürzlich, noch vor der Entscheidung für Laschet, was in vier Jahren sei, das wisse keiner. Andere rufen dagegen schon als Ziel aus: "Mission 2025".
(Christoph Trost, Marco Hadem und Michael Donhauser, dpa)

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