Politik

18.07.2024

Soll Bayern die Klimaneutralität bis 2040 anstreben?

Bis 2040 soll der Freistaat klimaneutral werden, und damit zehn Jahre früher, als es sich die Europäische Union auferlegt hat. So steht es im Bayerischen Klimaschutzgesetz. Alexander Flierl, umweltpolitischer Sprecher der CSU-Fraktion im Landtag, will an diesem Plan der Staatsregierung festhalten. Martin Hagen, Landesvorsitzender der Bayern-FDP, plädiert dagegen dafür, die Jahreszahl 2040 wieder zu streichen und sich auf das EU-Ziel zu konzentrieren

JA

Alexander Flierl, umweltpolitischer Sprecher der CSU-Fraktion im Landtag

Ja, Bayern ist bereits jetzt auf einem guten Weg, um unsere ehrgeizige und im neuen Bayerischen Klimaschutzgesetz verankerte Zielsetzung, 2040 klimaneutral zu werden, erreichen zu können. Der Freistaat steht zu seiner Klimaverantwortung und stellt insgesamt bis 2040 22 Milliarden Euro für den „Klimahaushalt“ zur Verfügung.

Unter Beteiligung aller Ressorts der bayerischen Staatsregierung haben wir nochmals nachgelegt und ein neues Bayerisches Klimaschutzprogramm vorgelegt. Es umfasst in den fünf zentralen Aktionsfeldern – erneuerbare Energien und Stromversorgung, natürliche CO2-Speicherung (Wald, Moore, Wasser), Klimabauen und Klimaarchitektur, smarte und nachhaltige Mobilität sowie Tech, Klimaforschung und Green IT – derzeit knapp 150 Einzelmaßnahmen aus den Bereichen Klimaschutz, Klimaanpassung und Klimaforschung.

Damit widmet sich das Programm allen Anstrengungen, die wir unternehmen müssen, um eine weitere Erderwärmung zu begrenzen, uns an die Folgen des bereits erfolgten Klimawandels anzupassen und unsere Kenntnisse über den Klimawandel sowie seine Folgen kontinuierlich zu erweitern.

Wir verstehen unser Klimaschutzprogramm deshalb auch als ein integriertes Klimaaktionsprogramm. Der erste Klimabericht 2022 verdeutlicht, dass Bayern Vorreiter und Schrittmacher beim Klimaschutz ist. Die Treibhausgasemissionen je Einwohner im Jahr 2019 waren in Bayern um 31,5 Prozent – und damit um fast ein Drittel – niedriger als im Bundesdurchschnitt (Freistaat: 7,3 Tonnen je Einwohner, Bund: 9,6 Tonnen je Einwohner).

Heute zählt Bayern mit rund 6 Tonnen energiebedingtem Kohlendioxidausstoß pro Kopf und Jahr weltweit mit zu den fortschrittlichsten Industrieländern (zum Vergleich beispielsweise die USA mit rund 16 Tonnen).
Fest steht: Schon heute ist Bayern beim Klimaschutz vielfach führend, und wir wollen das auch zukünftig bleiben.

NEIN

Martin Hagen, Landesvorsitzender der Bayern-FDP

2020 hat der Landtag mit den Stimmen von CSU und Freien Wählern das Bayerische Klimaschutzgesetz beschlossen. Darin setzt sich der Freistaat zum Ziel, bis 2040 klimaneutral zu werden – also zehn Jahre früher als die Europäische Union. Nun rühmt sich die Staatsregierung ja gerne damit, der Freistaat sei überall höher, schneller und weiter als andere. In diesem Fall belastet die landespolitische Streberei aber die bayerischen Bürger und Unternehmen – und zwar ohne jeden Effekt auf das globale Klima. 

Der Versuch, den Freistaat bereits zehn Jahre vor dem Rest der EU klimaneutral zu machen, ist ein teurer Irrweg. Denn jede Tonne CO2, die in Bayern vorzeitig eingespart wird, kann in einem anderen europäischen Land umso günstiger ausgestoßen werden. Wir nehmen bei uns also unverhältnismäßige Kosten und Mühen in Kauf, um Emissionen von einem Land in das andere zu verschieben. Eine solche Politik mag das grüne Gewissen beruhigen, dem Klimaschutz dient sie nicht. 

Das zentrale Instrument zur Dekarbonisierung auf europäischer Ebene ist der EU-Emissionshandel. In diesem wird eine jährlich sinkende Obergrenze für Treibhausgase festgelegt, die Emissionsrechte werden versteigert. Dieser marktwirtschaftliche Mechanismus stellt sicher, dass Jahr für Jahr weniger Treibhausgase ausgestoßen werden – und dass die Vermeidung immer dort erfolgt, wo es am günstigsten ist. Das ist viel effizienter als die Kombination aus Verboten und Subventionen, die in Deutschland allzu gerne praktiziert wird.

Generell macht Klimapolitik nur Sinn, wenn sie international angegangen wird. Nationale Alleingänge sind reine Symbolpolitik zu hohen volkswirtschaftlichen Kosten. Alleingänge einzelner Bundesländer sind es natürlich erst recht. 

CSU und Freie Wähler sollten das Ziel der Klimaneutralität bis 2040 aus dem Gesetz streichen. Das europäische Ziel ist ambitioniert genug. Wir sollten uns darauf konzentrieren, es gemeinsam zu erreichen. 
 

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