Politik

17.03.2022

Soll der Ausstieg aus der Kernenergie verschoben werden?

Alternativen gesucht zur Abhängigkeit vom russischen Öl und Gas: Die CSU möchte die Kernkraftwerke in Deutschland noch weiterlaufen lassen, die Grünen nennen den Ruf nach einer Laufzeitveränderungen dagegen eine Scheindebatte. Denn Atomenergie decke in Deutschland eh nur noch etwa 1,3 Prozent des Endenergiebedarfs.

JA

Franz Meyer, Landesvorsitzender der Senioren-Union in Bayern

Aus Sicht der Senioren-Union (SEN) der CSU soll der Ausstieg aus der Kernenergie verschoben werden! Wir fordern, für begrenzte Zeit die Kernenergie weiter zu nutzen und die noch in Betrieb befindlichen drei Kernkraftwerke in Deutschland in Betrieb zu halten.

Als Arbeitsgemeinschaft der CSU für die ältere Generation ist es uns ein besonderes Anliegen, die Versorgungssicherheit für ältere Menschen – auch durch pragmatische Lösungen – zu gewährleisten. Gerade mit Blick auf die älteren Mitbürger können wir es nicht riskieren, dass unsere Stromversorgung oder deren Finanzierbarkeit gefährdet wird.

In einer globalen Krise wie dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine müssen dringend wirkungsvolle Wege gefunden werden, unsere Energieversorgung kurzfristig und auch auf Dauer sicherzustellen. Die weitere Nutzung der deutschen Kernkraftwerke ist ein machbarer und sofort umsetzbarer Weg, mit einer bewährten, CO2-neutralen Technik auf begrenzte Zeit unsere Energieversorgung zu sichern. Uns helfen kurzfristig wirksame Lösungen und wir müssen angesichts des Ukraine-Krieges und der Energiekrise flexibel sein, statt an prinzipiell richtigen, in Krisenzeiten aber zu modifizierenden Entscheidungen festzuhalten.

Die weitere Nutzung der Kernenergie schafft zügig Versorgungssicherheit und reduziert die Abhängigkeit vom Ausland – auch bei den Energiekosten. Viele Vorschläge – etwa die Versorgung mit Flüssiggas oder der Umstieg auf alternative Energien – können, wenn überhaupt, erst in Jahren Lücken in der Energieversorgung schließen.

Die Ukraine-Krise wird neben den Energiekosten auch die Lebensmittelpreise steigen lassen. Zudem wird sich durch die neuen Flüchtlingsströme der Wohnraum verteuern. Wir müssen zunehmende Altersarmut in Deutschland verhindern – die weitere Nutzung der Kernenergie ist ein wirksamer Beitrag auch dazu.


NEIN

Martin Stümpfig, energiepolitischer Sprecher der Landtags-Grünen und Vizechef des Wirtschaftsausschusses

Es ist wie ein Reflex: Kaum taucht irgendwo ein Preis- oder Mengenproblem bei der Energieversorgung auf, reagieren gewisse Politiker mit der Forderung nach Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke. Doch das ist falsch.

Atomenergie deckt bei uns nur noch etwa 1,3 Prozent des Endenergiebedarfs. Die erneuerbaren Energien liefern etwa 19,2 Prozent – mit steigender Tendenz. Selbst wenn man nur auf die Stromerzeugung schaut, steht Atomkraft nur noch auf Platz sechs mit deutlichem Abstand sowohl hinter Wind als auch hinter Sonne.

 Auch technisch ist das Thema Atomkraft weitgehend erledigt: Die letzten Revisionen sind gelaufen, das Fachpersonal an Standorten und bei Revisionsfirmen ist deutlich reduziert, ebenso die Ersatzteillagerung. Vor allem aber wurden seit Jahren keine Brennelemente mehr bestellt – deren Herstellung bräuchte einen Vorlauf von eineinhalb bis drei Jahren. Kurzfristig wäre eine Verlängerung gar nicht umsetzbar.

Dazu kommt: Die Atomanlagen sind alt und aufgrund der geplanten Stilllegung nicht nachgerüstet worden. Ein Weiterbetrieb würde ein erhebliches Unfallrisiko bedeuten. Auch die bereits bekannten Argumente gegen Atomkraft – wie Uranabbau, radioaktive Niedrigstrahlung, GAU-Gefahr und die ungelöste Entsorgung – sind weiterhin gewichtig und gelten unverändert.

Klar ist auch: Atomkraftwerke können kein Erdgas einsparen. Jedenfalls nicht in der benötigten Menge – denn über 80 Prozent unseres Gasverbrauchs gehen in den Bereich Wärme und Industrie. Bei der Stromerzeugung produzieren die meisten Gaskraftwerke Strom und (Fern-)Wärme gleichzeitig. Sie können nicht hopplahopp abgeschaltet werden – sonst blieben viele Wohnungen kalt.

CSU und Freie Wähler führen mit ihrem Ruf nach Laufzeitverlängerung eine reine Scheindebatte. Ganz offensichtlich wollen sie davon ablenken, wer hier in den letzten Jahrzehnten die Erneuerbaren behindert hat, ob beim EEG oder mit 10H.

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.