Politik

26.01.2023

Soll der Paragraf 218 aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden?

Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) dringt auf eine Neuregelung von Schwangerschaftsabbrüchen außerhalb des Strafrechts. Die CSU hat angekündigt, gegen eine mögliche Abschaffung des Paragrafen 218 notfalls vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Stefanie Schäfer von Pro Familia Bayern ist auf der Seite Paus, während Ulrich Singer, der Vorsitzende der bayerischen Landtagsfraktion der AfD, gegen eine Abschaffung des Paragrafen ist

JA

Stefanie Schäfer, Landesvorsitzende von Pro Familia Bayern

Seit der Neufassung der Paragrafen 218 sind auf der Ebene des internationalen Rechts signifikante Änderungen eingetreten. Insbesondere die sogenannten reproduktiven Rechte haben sich menschenrechtlich etabliert. Dazu zählt das Recht zur freien Entscheidung, ob und mit welchen Mitteln jemand Kinder bekommen möchte.

Das derzeitige Regelungsmodell des Schwangerschaftsabbruchs trägt der Bedeutsamkeit des Selbstbestimmungsrechts der schwangeren Person nicht hinreichend Rechnung. Und das, obwohl die Entscheidung über den Abbruch einer Schwangerschaft als Teil des (reproduktiven) Selbstbestimmungsrechts der ungewollt schwangeren Person, deren Recht auf Leben und deren Recht auf körperliche Unversehrtheit verfassungsrechtlich geschützt sind. Sowohl erzwungene Schwangerschaftsabbrüche als auch erzwungene Schwangerschaften berühren den absoluten Kernbereich des Rechts auf reproduktive Selbstbestimmung und stellen damit eine Verletzung der Menschenwürde dar. Zudem zeigt sich, dass die deutsche Regelung den Zugang zu straffreien Abbrüchen in der Praxis nur unzureichend absichert.

Das strafrechtliche Verbot des Schwangerschaftsabbruchs berührt darüber hinaus die Gewissensfreiheit der schwangeren Person. Die Kriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs sowie die Verweigerung oder Verzögerung eines sicheren Schwangerschaftsabbruchs stellt nach dem UN-Frauenrechtsausschuss eine Form geschlechtsspezifischer Gewalt dar, weil von einer solchen Regelung ganz überwiegend Frauen betroffen sind, und tangiert somit auch die Gleichheitsrechte.

Eine Entkriminalisierung entspricht auch den Verpflichtungen Deutschlands als Vertragsstaat diverser Menschenrechtsverträge: Nach den Stellungnahmen internationaler Menschenrechtsausschüsse verletzen Staaten ihre menschenrechtlichen Verpflichtungen gegenüber der sexuellen und reproduktiven Gesundheit von Frauen durch eine Kriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs.

 

NEIN

Ulrich Singer, Fraktionsvorsitzender der AfD im Bayerischen Landtag

Die AfD setzt sich für den Schutz des ungeborenen Lebens ein. Die Bewahrung menschlichen Lebens ist für uns eine ethische Verpflichtung. Außerdem wollen wir Familien stärken und fordern eine Willkommenskultur für Kinder. Frauen, die ein Kind erwarten, verdienen größtmögliche und umfassende Unterstützung.

Natürlich gibt es Fälle, in denen eine Frau – etwa aus medizinischen oder kriminologischen Gründen – ein Kind nicht zur Welt bringen kann. Dafür hatte die klassische Indikationenlösung Ausnahmen vorgesehen. Eine völlige Wahlfreiheit, wie sie der grünen Familienministerin vorschwebt, darf es jedoch nicht geben. Schließlich betrifft die Entscheidung für einen Schwangerschaftsabbruch nicht nur die werdende Mutter, sondern auch das ungeborene Kind, das ab der Empfängnis ein menschliches Wesen ist. In diesem Zusammenhang in einem kalten Technokratendeutsch von „reproduktiver Selbstbestimmung“ zu reden, wie dies Bundesministerin Paus tut, ist zynisch und kinderfeindlich. 

Überdies hat Frau Paus mit ihrem Einsatz für eine allgemeine Corona-Impfpflicht ab 18 Jahren deutlich gezeigt, wie wenig ihr das Menschenrecht, über den eigenen Körper zu verfügen, bedeutet. Immerhin ergibt sich dieses aus dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit!

Eine mit vermeintlichen Frauenrechten garnierte kinder- und familienfeindliche Politik ist Teil der grünen Agenda. Sie zielt auf eine posthumanistische Transformation unserer Gesellschaft ab: Familie, Mutter- und Vaterschaft sollen durch willkürliche soziale Konstruktionen ersetzt werden. 

Die AfD geht einen anderen – humanen und ganzheitlichen – Weg: Wir fordern Beratungs- und Hilfeleistungen für schwangere Frauen, die sie dabei unterstützen, das Kind zur Welt zu bringen. Die Adoption ist der Abtreibung grundsätzlich vorzuziehen. Dementsprechend ist das Adoptionsrecht zu vereinfachen. Keine Geburt sollte an einer Notlage scheitern! 
 

Kommentare (1)

  1. Irmgard Hofmann am 29.01.2023
    Herr Singer, abwertende Bemerkungen über andere Parteien bzw. deren Mitglieder sind meines Erachtens nicht Teil eines politischen Kommentars. Und der ganzheitliche Weg der AfD sollte dann bitte - entsprechend unserem Grundgesetz - für alle Menschen gelten. Denn die Würde aller Menschen ist unantastbar, nicht nur bestimmter Personengruppen.
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