Politik

28.03.2019

Soll die Verdienstgrenze bei Minijobs steigen?

Gerald Pittner (Freie Wähler) fordert, die Verdienstgrenze für geringfügig Beschäftigte von monatlich 450 auf 530 Euro anzuheben. Zu kurz gedacht, sagt Hans Sterr von ver.di Bayern. Er verlangt den Wegfall sozialversicherungsfreier Beschäftigungsverhältnisse

JA

Gerald Pittner, Landtagsabgeordneter der Freien Wähler:

Gute Nachrichten für rund 7,5 Millionen Minijobber in Deutschland: Bayern wird sich auf Bundesebene für eine Erhöhung der Verdienstgrenze bei geringfügiger Beschäftigung von monatlich 450 auf 530 Euro einsetzen. Dafür hatten wir Freie Wähler uns aus vielerlei Gründen starkgemacht.

Zum einen ist es wegen der zuletzt stark gestiegenen Löhne und der Erhöhung des Mindestlohns auf 9,19 Euro geboten, auch die Minijob-Verdienstobergrenze anzuheben. Unsere parlamentarische Initiative stellt außerdem für viele Handwerksbetriebe – etwa das Hotel- und Gaststättengewerbe sowie viele weitere von Fachkräftemangel betroffene Branchen – eine deutliche Verbesserung dar. Sie können in Zukunft bei Auftragsschwankungen flexibler reagieren und finden mitunter auch für ungünstige Arbeitszeiten leichter Mitarbeiter. Meist arbeiten Schüler, Studenten, Alleinerziehende und Rentner in Minijobs. Die in den vergangenen Jahren angestiegenen Preise für Wohnung, Energie und Lebenshaltung bekamen sie am stärksten zu spüren. Ich meine, dass sie es verdienen, von ihrem Fleiß stärker zu profitieren. Denn die Verbesserung ihrer Einkommenssituation führt auch zu einer verstärkten Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.

Und ja: Die Einnahmeverhältnisse der gesetzlichen Rentenversicherung verschlechtern sich nach einer Erhöhung der Minijob-Verdienstgrenze leicht. Das ist angesichts der erwartbaren geringen Beitragshöhe sowie der aktuell überaus guten Einnahmesituation der gesetzlichen Sozialversicherung jedoch akzeptabel. Der Vorwurf, geringfügige Beschäftigung führe direkt in Altersarmut, ist falsch. Denn jedes Kind weiß, dass mit geringfügiger Beschäftigung allein niemals eine auskömmliche Altersversorgung aufgebaut werden kann. Unabhängig davon gilt es also weiterhin, die gesetzliche Sozialversicherung in Deutschland zu stärken. Ihr Erhalt liegt uns Freien Wählern besonders am Herzen.

NEIN

Hans Sterr, ver.di Bayern

ver.di steht den Plänen zu einer Erhöhung der Verdienstgrenze äußerst kritisch gegenüber. Neben den schon bestehenden Minijobs wären nach Angaben des DGB zusätzlich rund 500 000 ausschließlich geringfügig Beschäftigte negativ betroffen. Bei einer Anhebung der Verdienstgrenze würde zwar einerseits ihr Netto-Monatslohn steigen, gleichzeitig würden sie aber aus den sozialen Sicherungssystemen fallen und deshalb keine Arbeitslosengeldansprüche erwerben.

Zudem würde der Niedriglohnsektor aufgrund der höheren Einkommensgrenze weiter angeheizt. In den letzten Jahren haben Minijobs in Deutschland (erfreulicherweise) zwar an Attraktivität verloren. Dieser Trend könnte durch eine Anhebung der Verdienstgrenze aber durchaus wieder Gegenrichtung nehmen.

Mehr als zwei Drittel der Minijobber zwischen 25 und 65 Jahren sind Frauen. Minijobs erscheinen für sie (wie generell für geringfügig Beschäftigte) zunächst attraktiv, da der Bruttolohn dem Nettolohn entspricht. Dass dieser Effekt eine reine Momentaufnahme ist und langfristig negative Folgen hat, wird häufig ausgeblendet. Gerade für Frauen würde eine Ausdehnung der Minijobs das Risiko noch weiter erhöhen, in Altersarmut zu geraten.

Minijobs sind außerdem in vielen Fällen eine berufliche Sackgasse und mindern fundamental nicht nur die aktuellen, sondern auch die zukünftigen Verdienstmöglichkeiten: Bei steigender Beschäftigungsdauer als Minijobber sinken die Chancen, wieder in „normal“ bezahlte Jobs zurückzukehren. Der Aufstieg in eine sozialversicherungspflichtige und alterssichernde Beschäftigung ist deutlich erschwert. Eine weitere Ausweitung der Minijob-Grenze würde zudem den Fachkräftemangel am Arbeitsmarkt verschärfen.

Der Vorschlag ist deshalb ökonomisch falsch, arbeitsmarktpolitisch schädlich und gesellschaftspolitisch rückständig. ver.di fordert grundsätzlich den Wegfall sozialversicherungsfreier Beschäftigungsverhältnisse.

Kommentare (2)

  1. Skelett am 25.12.2019
    Ja es sollte unbedingt eine Erhöhung statt finden am besten 600 Euro da in den letzten Jahren so gut wie keine Anpassung statt fand. Verdi sollte berücksichtigen daß sich bei dem Mini Job meistens um einen ZWEiT job zusätzlich zum Haupt Job handelt. Diesen auch noch zu versteuern wäre nicht gerecht. Würden die Gewerkschaften überall für gerechte Löhne sorgen bräuchte man diesen Quatsch erst gar nicht. Und wer glaubt daß man in 40 Jahren noch Rente bekommt der glaubt auch noch an den weihnachtsmann.
  2. Kienel am 03.09.2019
    Ja ich Winde sehr wichtig, das eine Minijob erhöhung statt findet. Auf Grund dessen, weil die laienhelfer lin der Pflege jetzt immer weniger arbeiten können, da der Stundenlohn sich h äh ich erhöht, werden die Stunden weniger. Deshalb bin ich sehr dafür das man die Erhöheng bald möglichst macht. Am besten 550 Das wäre super. Für viele Frauen auch.
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