JA
Michael Schrodi, finanzpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der SPD
Der Bundesrat fordert einstimmig die bundesweite Einführung einer Elementarschaden-Pflichtversicherung. Die Hochwasser im Ahrtal, im Saarland, in Baden-Württemberg und Bayern belegen: „Extremwetterereignis“ ist kein bloßes Modewort. Solche Ereignisse häufen sich aufgrund des Klimawandels. Es wird immer schwerer, vorherzusagen, wo es zu tagelangem Starkregen und Überflutungen kommt. Dies darf nicht zum finanziellen Ruin Einzelner führen.
Wegen der hohen Versicherungsprämien ist in Deutschland nicht einmal jede zweite Immobilie gegen Elementarschäden versichert, obwohl 99 Prozent eine Wohngebäudeversicherung haben. In Gebieten mit höherem Risiko für Naturgefahren wird eine Versicherung gegen Elementarschäden, wenn überhaupt, nur zu hohen Prämien angeboten. Um alle Bürgerinnen und Bürger vor massiven Schäden zu schützen, ist die Einführung eines verpflichtenden Systems der Elementarschadenversicherung wie in Frankreich notwendig. Dadurch wird sichergestellt, dass möglichst viele in das Versicherungssystem einzahlen, um möglichst niedrige Prämien und eine faire Verteilung von absehbar steigenden Kosten zu erreichen.
In Frankreich haben 98 Prozent der Haushalte eine Elementarschadenversicherung. Die Versicherer werden verpflichtet, mit jeder Wohngebäudeversicherung eine Elementarschadenversicherung anzubieten. Der Abschluss einer Gebäudeversicherung ohne den Schutz gegen Elementarschäden ist künftig nicht mehr möglich. Auch Bestandsverträge sollen – mit entsprechenden Übergangsfristen – um einen Elementarschutz erweitert werden. Alle Versicherungsnehmer einer Gebäudeversicherung sind damit gegen die Auswirkungen von Naturkatastrophen, Stark- und Extremwetterereignissen abgesichert. Die Vertragsbedingungen werden wie in Frankreich gesetzlich vorgeschrieben. Der bürokratische Aufwand ist gering, weil keine Kontrollmechanismen notwendig sind und Risikobewertungen entfallen.
NEIN
Stephan Thomae, Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion der FDP
Auf die wiederholten Großschadensereignisse durch Hochwasser in den letzten Jahren reagieren Teile der Politik mit der Forderung nach einer Elementarschaden-Pflichtversicherung. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass bei einer Pflichtversicherung alle wie bei einer solidarischen Risikoversicherung Prämien bezahlen und die Beiträge aufgrund der großen Zahl von Versicherungsnehmern entsprechend niedrig seien. Eine Elementarschadenversicherung funktioniert aber nach dem Prinzip einer risikobasierten Sachversicherung.
Natürlich ist dem Bewohner einer Hochhauswohnung fern von jedem Wasserlauf nicht zu vermitteln, dass er die gleichen Prämien für eine Hochwasserversicherung bezahlen muss wie der Besitzer eines Eigenheims an einem Fluss, der häufig über seine Ufer tritt. Für Liegenschaften in Risikolagen wären die Prämien, die sich versicherungsmathematisch errechnen, deshalb immens hoch und würden das ohnehin schon teure Wohnen noch weiter verteuern. Für die Elementarschaden-Pflichtversicherung gilt also etwas anderes als für die Kfz-Haftpflichtversicherung, wo die Risiken ähnlich verteilt sind.
Ein weiterer Nachteil wäre die Schaffung neuer Bürokratie, denn die Einhaltung der Versicherungspflicht müsste durch eine Behörde kontrolliert werden. Unser Ziel sollte aber sein, Bürokratie abzubauen, statt Bürokratie aufzubauen. Allenfalls in Betracht ziehen lässt sich eine Pflicht der Versicherer, Gebäudeeigentümern eine Versicherung anzubieten.
Das Problem muss an der Wurzel gepackt werden, also bei der Schadenvermeidung. Wir brauchen mehr präventive, bauliche Schutzmaßnahmen der Länder, weniger kommunale Baugenehmigungen in Risikogebieten.
Dies ist der nachhaltige Weg, um Menschen und Eigentum zu schützen. Die FDP steht für weniger Bürokratie und individuelle Entscheidungsfreiheit bei der Elementarversicherung. Angebotspflicht ja, Versicherungspflicht nein.
Kommentare (1)