Politik

29.08.2019

Soll man den Münchner Flughafen privatisieren?

FDP-Fraktionschef Martin Hagen will den Münchner Flughafen privatisieren. Das gebe Geld und erleichtere den Bau der dritten Startbahn. Harald Güller (SPD) ist strikt dagegen, weil der Freistaat dadurch die künftige Verkehrsentwicklung nicht mehr beeinflussen könne

JA

Martin Hagen, Fraktionsvorsitzender der FDP-Landtagsfraktion

Der Flughafen München gehört – gemessen am jährlichen Passagieraufkommen, das zuletzt über 44 Millionen betrug – zu den zehn größten Flughäfen Europas. Als einziger Flughafen unter den Top Ten ist er zu 100 Prozent im öffentlichen Besitz. Das will die FDP ändern. Die Flughafengesellschaft sollte in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden, der Freistaat sollte zumindest einen Teil seiner Anteile verkaufen.

Das hätte zwei große Vorteile: Zum einen könnte der Freistaat die Privatisierungserlöse sinnvoll in die Zukunft investieren. Beispielsweise könnte er einen bayerischen Zukunftsfonds nach dem Vorbild des dänischen Vækstfonden auflegen, an dem sich auch private Anleger (indirekt auch Renten- und Pensionskassen) beteiligen könnten. Ein solcher Dachfonds würde durch Investments in Venture-Capital-Fonds dazu beitragen, die Kapitallücke bayerischer Start-ups zu schließen, und damit die Innovationskraft unserer Wirtschaft nachhaltig stärken. Zum anderen würde eine Umwandlung der Flughafengesellschaft in eine Aktiengesellschaft die politische Blockade beim dringend notwendigen Bau der dritten Startbahn auflösen. Der Bedarf ist unstrittig, alle rechtlichen Hürden sind genommen, die Baugenehmigung liegt vor – ein privatwirtschaftliches Unternehmen würde sofort mit den Bauarbeiten beginnen. Doch anders als es bei einer AG der Fall wäre, räumt der Gesellschaftsvertrag der derzeitigen GmbH jedem Eigentümer – neben dem Freistaat Bayern sind das die Stadt München und der Bund – ein Vetorecht ein.

Der Flughafen München ist ein bayerisches Erfolgsmodell, das sich aber schon seit Jahren am Rande der Kapazitätsgrenze bewegt. Die Umwandlung in eine AG würde ihn unabhängiger machen und effizienteres wirtschaftliches Handeln ermöglichen. Zugleich würde sie dem Freistaat Bayern die Finanzierung wichtiger Zukunftsaufgaben ermöglichen. Die FDP setzt sich deshalb für eine Privatisierung ein.

NEIN

Harald Güller, haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion

Der Flughafen München ist für Bayern, aber auch ganz Deutschland, eine bedeutende Infrastruktureinrichtung. Die Flughafen München GmbH arbeitet höchst erfolgreich. Die Zusammenarbeit von Freistaat Bayern (51 Prozent), Bundesrepublik (26 Prozent) und Landeshauptstadt München (23 Prozent) hat sich bewährt. Es ist wichtig, dass der Freistaat auch künftig mit dabei ist und direkt mitgestalten kann.

Richtig geführt kann mit der Flughafen München GmbH eine verantwortungsvolle und vorausschauende Infrastruktur- und damit auch Wirtschaftspolitik betrieben werden. Gerade heute, wo Flugverkehr viel stärker dem Klima- und Umweltschutz gerecht werden muss, ist es wichtig, dass man als Miteigentümer direkt steuernd eingreifen kann. Damit kann der Freistaat auch künftige Verkehrsentwicklungen ein wenig beeinflussen.

Umstritten ist nach wie vor die Notwendigkeit einer dritten Startbahn: Sich hier als Freistaat aus der Verantwortung für die Entscheidung zu stehlen und sie auf den Betreiber eines privatisierten Flughafens zu delegieren, geht gar nicht. Und nicht zuletzt geht es auch um ordentliche Arbeitsbedingungen für die fast 10 000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer allein im Bereich der Flughafen GmbH.

Auch wenn das erlöste Geld aus einer Privatisierung für einen Zukunftsfonds oder ähnliches verwendet würde, wäre es eine echte Schnapsidee, wenn der Freistaat sich aus der Infrastrukturaufgabe „Sicherung und Steuerung des Luftverkehrs“ verabschieden würde.

Eines fordert die SPD schon seit Jahren: Das in wirtschaftlich schwierigen Zeiten vom Freistaat gewährte Darlehen in Höhe von rund 250 Millionen Euro kann der Flughafen durch alternative Finanzierungsmöglichkeiten auf dem Kapitalmarkt jetzt selbst aufbringen und dann das Darlehen an den Freistaat zurückzahlen. Damit lassen sich dann Anreize für weitere Zukunftsinvestitionen in Bayern setzen – und zwar ohne Ausverkauf des Staats!

Kommentare (3)

  1. voa zua am 30.08.2019
    Herr Hagen nennt ja selbst den Hauptgrund dafür, warum es gut ist, wie es ist...
    Ein ungezügelter Gewinnoptimierungs- und Vergrößerungswahn kann so verhindert werden. Und dass es die Wirtschaft nicht besser kann, beweist ja wohl auch die aktuelle Wohnungsnot. Wie es scheint, hat die Politik doch etwas aus früheren Fehlern gelernt. Daher sorry Herr Hagen, aber das kann man sicherlich nicht wollen (wenn man nicht dem Mammon verfallen ist).

    Und im Übrigen... Die 3. und 4. Startbahn wäre längst da (waren schon vor dem FJS da) wenn man die Augen nicht verschließen würde. Der Fliegerhorst Erding wäre 3 S-Bahn-Minuten entfernt (wenn endlich der Ringschluss käme) und in Ingolstadt-Manching steht ein ganzer Flughafen (fast) ungenutzt in der Landschaft rum. Wie wäre es denn, wenn man z. B. das ganze Frachtgeschäft dorthin auslagern würde?
  2. Carsten am 30.08.2019
    Ja eine Privatisierung würde einiges für den Flughafen erleichtern, jedoch die GmbH in eine AG umzuwandeln halte ich für sehr riskant. Der Flughafen Frankfurt hat dies mit der Fraport AG auch gemacht und es wurde für die Fluggäste als auch Angestellten deutlich schlechter, denn eine AG ist gewinnorientiert und das geht zu lasten der Parkkosten etc und somit zu lasten der Fluggäste und Arbeitnehmer die am Flughafen arbeiten... Ich habe selber 6 Jahre am Flughafen Frankfurt gearbeitet und für Fremdfirmen ist das kein zuckerschlecken... Die werden dort übelst abgezockt obwohl sie benötigt werden... Ich habe auch in Düsseldorf am Flughafen gearbeitet und dort ist es deutlich besser, Düsseldorf ist übrigens auch noch eine GmbH und wenn ich hier die Parkpreise für Angestellte der Fremdfirmen vergleiche zahlt man in DUS 40 Euro mtl und in Frankfurt 180 Euro... Ich denke das alleine erklärt sich von selbst.
  3. Jimi Tenor am 30.08.2019
    Ich denke das eine Privatisierung keinen Sinn macht. Altbewährtes hat sich immer durch gesetzt. Aber der Hauptgrund ist, dass die Bezahlung der Mitarbeiter schlechter gestellt werden könnte.
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