Florian von Brunn gibt als Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion auf – und sein Nachfolger steht schon in den Startlöchern: Holger Grießhammer, einer seiner bisherigen Stellvertreter. „Ja, ich werde kandidieren“, sagte der 42-Jährige der Staatszeitung. Als Schwerpunkte seiner Arbeit nannte Grießhammer für den internen Bereich eine Konsolidierung der Fraktionsgeschäftsstelle. „Hier gab es zuletzt zu viel Fluktuation.“ Lag das auch am Betriebsklima? „Das möchte ich nicht ausschließen.“ Noch-Fraktionschef von Brunn galt im persönlichen Umgang mitunter als etwas ruppig und selbstgefällig.
Bei der Außenbetätigung will sich Grießhammer zum einen auf den Bereich Pflege konzentrieren. Hier sieht er massiven Handlungsbedarf sowohl bei der Personalsituation in den Kliniken als auch bei der Bezahlung der Fachkräfte. Des Weiteren gelte es, die Energiewende sozialverträglich zu gestalten. Und das bringt die Bayern-SPD aus dem Umfragetief? „Ich kann keinem meiner Kollegen den Job versprechen“, sagt Grießhammer, „aber ich verspreche, alles dafür zu tun, dass die Bayern-SPD wieder zweistellig wird.“ Dass die kleinste Fraktion im Landtag – sie hat 17 Mitglieder – gespalten sei, bestreitet er. „Das war vielleicht in der letzten Legislaturperiode der Fall, jetzt nicht mehr.“
Holger Grießhammer ist evangelisch, verheiratet und Vater von fünf Kindern. Nach einer Ausbildung zum Maler und Lackierer wurde er 2000 SPD-Mitglied, diente seiner Partei unter anderem als Zweiter Bürgermeister von Weißenstadt und als Fraktionsvorsitzender im Bezirkstag von Oberfranken. Erst seit vergangenem Jahr ist Grießhammer Mitglied des Landtags, rückte gleich in die Position des Fraktionsvizes auf. Darüber hinaus ist er Sprecher für Wirtschaft, Handwerk und Forsten.
Für viele in der SPD überraschend, hatte es am Mittwoch in einer Fraktionssitzung eine folgenschwere Kampfabstimmung über von Brunn gegeben. Dabei hatten sich nur vier Abgeordnete hinter ihn gestellt, elf Abgeordnete stimmten gegen den Münchner und entzogen ihm somit klar das Vertrauen. Zwei SPD-Abgeordnete enthielten sich. Bereits am kommenden Dienstag soll es in der Fraktion eine Neuwahl geben.
Streit mit einem Mitarbeiter
Über von Brunns politische Zukunft war bereits seit der erneuten schweren Pleite der Sozialdemokraten bei der Landtagswahl im vergangenen Herbst viel spekuliert worden. Mit gerade einmal 8,4 Prozent fuhr die SPD mit ihm als Spitzenkandidat ein historisch schlechtes Ergebnis ein – noch schlechter als 2018 (9,7 Prozent). Aus der Fraktion heißt es, dass das Verhältnis der Abgeordneten zu von Brunn immer schlechter geworden sei.
Von Brunn stand seit 2021 an der Spitze der SPD und der Fraktion. Bei seiner Amtsübernahme hatte er es sich zum Ziel gesetzt, die damals schon massiv in der Krise steckende SPD wieder zu einer erfolgreichen politischen Kraft in Bayern zu machen. Mit seinem insbesondere gegenüber der CSU und der AfD sehr konfrontativen Stil und seiner Vorgehensweise hatte es aber auch in der Partei immer wieder Debatten gegeben.
In einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz im Landtag erklärte von Brunn, bei der Neuwahl des Fraktionsvorstands in der kommenden Woche nicht anzutreten. Einen offiziellen Rücktritt gibt es damit nicht. Ob er weiter SPD-Chef in Bayern bleiben will, ließ von Brunn offen – den Landesvorsitz teilt er sich momentan noch mit Ronja Endres. Er werde die weitere Entwicklung abwarten und nach den fraktionsinternen Wahlen eine Entscheidung treffen. „Das wird keine Hängepartie, die sich über Wochen hinzieht“, sagte er.
Als Auslöser für den Aufstand gegen ihn bestätigte von Brunn Differenzen im Umgang mit einem führenden Fraktionsmitarbeiter, der sich die Bezahlung von Überstunden in Höhe von mehreren 10 000 Euro selbst bewilligt hatte. Er habe in diesem Zusammenhang „volle Transparenz“ und auch rechtliche Schritte gefordert. An dieser klaren Haltung habe sich dann eine Debatte über seinen Führungsstil entzündet, die in der Forderung nach Neuwahlen gemündet sei. Er selbst sei von dieser Entwicklung überrascht worden, nachdem fraktionsintern eigentlich vereinbart gewesen sei, sich nach der Aufarbeitung des schlechten Landtagswahlergebnisses auf inhaltliche Sachpolitik zu konzentrieren. „Dass eine Mehrheit in der Fraktion meint, dass das nicht mit mir gelingt, muss ich akzeptieren“, sagte von Brunn. (André Paul, Jürgen Umlauft)
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