"Die Katastrophe muss ein Ende haben." Angela Merkels Worte fassen zusammen, was auf der Geberkonferenz für Syrien und die Region Dutzende Male wiederholt wird. Die Staaten zeigen sich großzügig - auf den ersten Blick.
Nach fünf Jahren Bürgerkrieg schwört sich die internationale Gemeinschaft auf einen umfassenden Kampf gegen die Not der syrischen Flüchtlinge ein. Mehrere der rund 70 Staaten bei der internationalen Geberkonferenz in London sagten zusätzliche Hilfen in Milliardenhöhe zu.
"Die Katastrophe muss ein Ende haben", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) - und kündigte insgesamt 2,3 Milliarden Euro deutscher Gelder bis 2018 an. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon mahnte mit Blick auf die ausgesetzten Friedensgespräche in Genf: "Es gibt keine militärische Lösung."
Vor allem Merkel und den Europäern ging es bei der eintägigen Konferenz darum, eine Versorgung der Flüchtlinge in der Region sicherzustellen, damit sie sich nicht auf den Weg nach Europa machen. "Die Bundesregierung ist überzeugt, dass die große Bewegung von Flüchtlingen dadurch gelöst werden kann, dass wir vor Ort die Fluchtursachen bekämpfen", sagte Merkel, die in der Flüchtlingskrise innenpolitisch massiv unter Druck steht.
US-Außenminister John Kerry unterstrich wie viele andere Redner die verheerende Lage der Menschen in Syrien und der Region. Vor allem der Hunger in den belagerten Städten sei bedrohlich; es gebe Menschen, "die Blätter und Gras essen".
Die Suspendierung der Genfer Friedensgespräche für Syrien warf einen Schatten auf London. Kerry sagte: "Wir werden zu diesen Gesprächen zurückkehren." Russland und die USA wollen am 11. Februar vor der Münchner Sicherheitskonferenz mit Vertretern weiterer Staaten über den Konflikt sprechen.
Mehr als vier Millionen Syrer haben in den Anrainerstaaten, vor allem dem Libanon, Jordanien und der Türkei, Schutz gesucht. Im vergangenen Jahr mussten die Nahrungsmittelrationen in den Flüchtlingslagern gekürzt werden - auch, weil Staaten Hilfszusagen nicht eingehalten hatten. Das sei "unerträglich" und dürfe nicht noch einmal geschehen, sagte Merkel. Den Geberländern geht es nicht nur um Nahrung und medizinische Versorgung, sondern auch um Bildungsangebote für die Flüchtlinge.
Deutschland zahlt nach den Worten der Kanzlerin in diesem Jahr rund 1,2 Milliarden Euro. Bisher war für 2016 etwa eine Milliarde Euro eingeplant gewesen. Die Gesamtsumme von 2,3 Milliarden Euro will Deutschland bis 2018 zahlen. Das Geld fließt vor allem an das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR und das Welternährungsprogramm (WFP).
Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU): "Starkes Signal"
EU-Ratspräsident Donald Tusk kündigte an, dass die EU und die Mitgliedsländer in diesem Jahr mehr als drei Milliarden Euro für Syrien, Jordanien, den Libanon und die Türkei zur Verfügung stellen. Einer EU-Diplomatin zufolge kommen davon 1,1 Milliarden aus dem Haushalt der Union. Auch nach 2016 solle dieses Finanzierungsniveau gehalten werden, sagte Tusk in London.
UN-Sondervermittler Staffan de Mistura hatte Gespräche in Genf für eine politische Lösung des Syrienkonfliktes nach wenigen Tagen verschoben. Sein Büro teilte am Donnerstag mit, die Verhandlungen sollten spätestens am 25. Februar wieder aufgenommen werden.
Vor echten Verhandlungen verlangt die Opposition ein Ende von Städteblockaden sowie den Stopp von Angriffen der Regierungstruppen auf Zivilisten. Die syrischen Truppen sind derzeit mit Unterstützung russischer Luftangriffe auf dem Vormarsch und kappten nördlich der Stadt Aleppo eine der wichtigsten Nachschubrouten der Rebellen aus der Türkei.
Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sieht die Geberkonferenz für Syrien und die Region als "starkes Signal". Sie sei "ein Auftakt für den Wiederaufbau und die Stabilisierung", sagte er am Freitag in London.
Die Unterstützung sei in diesem Jahr breiter und internationaler als bei den vergangenen drei Geberkonferenzen für die Opfer des syrischen Bürgerkriegs. "Es ist beschämend für die Staaten, die nichts beitragen und Solidarität in diesem Sinne missbrauchen", fügte er hinzu.
Müller fordert, die in London gegebenen Zusagen "mit Nachdruck" zu verfolgen. Es brauche einen umfassenden "Marshallplan", dessen Umsetzung von einem Koordinator gesteuert werde. "Wir müssen diesen Plan jetzt konzipieren und umsetzen, parallel zu den Genfer Friedensgesprächen." Zudem sollten Privatinvestitionen in der Region ermöglicht werden. "Wir können mit 1000 Euro pro Flüchtling den Wiederaufbau in den Dörfern umsetzen", zeigte sich der Minister überzeugt. (dpa)
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