Politik

Steinmeier nahm die Wahl direkt im Anschluss an die Verkündung des Ergebnisses an. "Gerne sogar", sagte er. (Foto: dpa)

12.02.2017

Steinmeier mit großer Mehrheit zum Bundespräsidenten gewählt

Der Kandidat der Freien Wähler Alexander Hold erhielt 25 Stimmen

Ex-Außenminister Frank-Walter Steinmeier wird zwölfter Bundespräsident Deutschlands. Die Bundesversammlung wählte den 61-jährigen SPD-Politiker am Sonntag in Berlin im ersten Wahlgang mit 931 von 1239 gültigen Stimmen zum Nachfolger von Joachim Gauck. Dieser hatte aus Altersgründen auf eine zweite Amtszeit verzichtet. Steinmeier, der Kandidat von CDU/CSU und SPD war, kam auf eine Zustimmung von gut 75 Prozent. 103 Mitglieder der Bundesversammlung enthielten sich. Steinmeier nahm die Wahl direkt im Anschluss an die Verkündung des Ergebnisses an. «Gerne sogar», sagte er.

Die Kandidaten der anderen Parteien blieben wie erwartet chancenlos. Auf den von der Linken aufgestellten Armutsforscher Christoph Butterwegge entfielen 128 Stimmen, der von der AfD nominierte frühere Kommunalpolitiker Albrecht Glaser erhielt 42 Stimmen und der von den Freien Wählern präsentierte Jurist Alexander Hold 25 Stimmen. Der von der Piratenpartei nominierte Engelbert Sonneborn, Vater des Satirikers und Europaabgeordneten Martin Sonneborn, bekam 10 Stimmen.

Mit Spannung war erwartet worden, wie viele Mitglieder der Bundesversammlung für Steinmeier stimmen würden. Es war vermutet worden, dass es vor allem aus CDU und CSU, die keinen eigenen Kandidaten präsentiert hatten, nicht nur Zustimmung für den prominenten SPD-Politiker geben würde. Union und SPD hatten zusammen mehr als 900 Stimmen, also weit mehr als die im ersten Wahlgang notwendige absolute Mehrheit. Nominell hatte die Bundesversammlung 1260 Mitglieder - einige fehlten aber entschuldigt.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hatte die Bundesversammlung zu einer eindringlichen Warnung an US-Präsident Donald Trump und andere Populisten genutzt, die internationalen Beziehungen nicht zu gefährden. «Wer Abschottung anstelle von Weltoffenheit fordert und sich sprichwörtlich einmauert», wer ein «Wir zuerst» zum Programm erkläre, dürfe sich nicht wundern, wenn es ihm andere gleichtäten - «mit allen fatalen Nebenwirkungen für die internationalen Beziehungen», sagte Lammert zum Auftakt der Versammlung, ohne Trump beim Namen zu nennen.

Bundestagspräsident Lammert nutzt den Anlass für einen Standpauke in Richtung von US-Präsident Trump

In einer spontanen Reaktion erhob sich ein Großteil der Mitglieder der Bundesversammlung und applaudierte Lammert stehend, darunter auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU).

Nicht etwa die Werte des Westens stünden in Frage, «wohl aber unsere Haltung - zu Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung und den Prinzipien der repräsentativen Demokratie», warnte Lammert. Herausforderungen wie die Migrationsströme oder der Kampf gegen Terrorismus und Klimawandel könnten nicht von Nationalstaaten alleinbewältigt werden. Wenn weder der russische noch der US-Präsident ein Interesse an einem starken Europa erkennen lasse, «ist dies ein zusätzliches Indiz dafür, dass wir selbst dieses Interesse an einem starken Europa haben müssen».

Steinmeier war sieben Monate vor der Bundestagswahl am 24. September als Kandidat der großen Koalition ins Rennen gegangen. Weder Unions- noch SPD-Politiker wollten dies aber als Signal für eine erneute große Koalition nach der Bundestagswahl werten. Auch große Teile von Grünen und FDP hatten Zustimmung zu Steinmeiers Kandidatur signalisiert. Zuletzt war 1999 mit Johannes Rau ein Sozialdemokrat ins höchste Staatsamt gewählt worden.

Die Amtszeit des neuen Bundespräsidenten beginnt am 19. März, bis dahin ist Joachim Gauck (77) noch im Amt. Lammert würdigte Gauck: «Das solidarische Miteinander der Bürgerinnen und Bürger lag Ihnen ganz besonders am Herzen.»

Steinmeiers Ehefrau, die Verwaltungsrichterin Elke Büdenbender, nahm neben der Lebensgefährtin von Joachim Gauck, Daniela Schadt, auf der Besuchertribüne Platz. Unter den Wahlleuten waren Prominente wie der Komiker Hape Kerkeling, die Musiker Roland Kaiser und Peter Maffay, die Schauspielerinnen Iris Berben und Veronika Ferres sowie Bundestrainer Joachim Löw.

59 Prozent der Deutschen erwarten, dass Steimmeier ein guter Bundespräsident wird. Das ergab eine Emnid-Umfrage für die «Bild am Sonntag». 19 Prozent glauben demnach nicht, dass Steinmeier ein guter Bundespräsident wird («weiß nicht», keine Angabe: 22 Prozent). (dpa)

Kommentare (1)

  1. Staatsbürger3.0 am 12.02.2017
    1. Die deutschen Bürger hatten kein Mitsprachrecht bei der Auwahl der Kandidaten.
    (Trump wurde Kandidat, nachdem er sich in demokratischen Vorwahlen behauptet hatte.)

    2. Die deutschen Bürger hatten keine Möglichkeit, Fragen an den Kandidaten zu stellen.
    (Trump und Hillary Clinton stellten sich ihren Landsleuten in unzähligen Townhall Meetings.)

    3. Alle Bürger der USA konnten den Präsidenten wählen.
    (Durch wen sind Joachim Löw, Veronica Ferres und Hape Kerkeling legitimiert, das Staatsoberhaupt zu wählen??? Sie wurden von Parteifunktionären ausgesucht. Kein Mensch käme in den USA auf die Idee, ein paar Hollywoodstars bei der Präsidnetenwahl zu bevorzugen. Was ist das? Das Kardinalskonklave?)

    Das alles zusammen genommen, erdreistetet sich dieser überhebliche Herr Lammert, den Amerikanern, die seit fast 250 Jahren eine stabile Demokratie sind, Lehrstunden in Rechtsstaatlichkeit zu geben?!

    Eine solche illegitime Wahlfarce hat es nicht mal in den Konföderierten Südstaaten gegeben!
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