Politik

Feiert am 28. September seinen 80. Geburtstag: Edmund Stoiber. (Foto: dpa/Peter Kneffel)

22.09.2021

Stoibers 80. kann nichts verhageln

Am 28. September steht im Hause Stoiber ein besonderes Fest an - Bundestagswahl hin oder her. So sehr der CSU-Ehrenvorsitzende auch mit seiner kriselnden Union leidet, es überwiegt "tiefe Dankbarkeit"

Seinen Optimismus hat Edmund Stoiber noch immer nicht verloren. Obwohl seine Partei bei der Bundestagswahl auf ein historisch schlechtes Ergebnis zusteuert, lässt der ehemalige CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident nicht zu, dass die drohende Wahlniederlage der Union im Bund ihm privat den Spaß verdirbt: "Klar, man leidet und lebt mit der Partei, für die man auch ein ganzes Leben lang gekämpft hat und die Teil meines Lebens war und ist", sagt Stoiber. Trotzdem verhagele es ihm nicht die Stimmung, "auch wenn ich mir natürlich mehr wünschen würde. Man hat ja nur ein Leben", betont Stoiber. Wer wie er gesund sei, seit 52 Jahren mit seiner Frau glücklich verheiratet sei, drei Kinder und acht Enkel habe, der könne nur tiefe Dankbarkeit spüren.

Am nächsten Dienstag (28.09.) - also zwei Tage nach der schicksalsträchtigen Wahl - feiert Stoiber seinen 80. Geburtstag. Und natürlich ist Stoiber auch in seinem stolzen Alter noch immer ein wichtiger Wahlkämpfer für die CSU, im Fernsehen wie auf der Straße, wo er gerne und viel erkannt und angesprochen wird.

Im Gegensatz zu vielen anderen aktiven Politikern ist der CSU-Ehrenvorsitzende dieser Tage aber gelassener - er kann auch auf einen viel größeren Erfahrungsschatz zurückgreifen: Er wisse, "dass es in der Politik immer auch auf und ab geht und dass wir jetzt in einer schwierigen, so noch nie da gewesenen Situation sind. (...) Aber das ist nicht das Ende."

Für Stoiber haben CDU und CSU ohnehin trotz ihrer miserablen Umfragewerte um die 20 bis 22 Prozent im Bund und um die 30 Prozent für die CSU noch immer eine realistische Chance, vor der SPD zu bleiben. "Jetzt kommt es vor allem darauf an, die alten Stammwähler anzusprechen. Da ist sicher noch Luft nach oben", sagt er.

Was Stoiber jetzt als Wahlziele benennt, wäre zu seiner aktiven Zeit unvorstellbar gewesen: 2002, als er als CSU-Chef Kanzlerkandidat der Union war, holten die Christsozialen in Bayern 58,6 Prozent der Stimmen, die Union im Bund 38,5 Prozent. Schon 2017 musste Stoiber das Ergebnis der Union von knapp 33 Prozent ebenso wie die damaligen 38,8 Prozent für die CSU als "historische Niederlage" hinnehmen.

Stoiber kann sich die Union nicht als Juniorpartner vorstellen

Von solchen Werten können CDU und CSU heute nur noch träumen. Obwohl sich die Maßstäbe für gefühlte Siege und Niederlagen in der Union offenkundig verschieben, eine Festlegung aus früheren Jahren dürfte laut Stoiber aber (mindestens) in der kommenden Legislaturperiode weiter gelten: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine traditionelle Regierungspartei wie die Union, die Deutschland weit über 50 Jahre regiert und das Land entscheidend geprägt hat, als Juniorpartner in eine Koalition gehen wird", sagt Stoiber auf Nachfrage und man spürt, wie sich sein Geist mit aller Kraft gegen diese Vorstellung wehrt.

14 Jahre ist es inzwischen her, dass Stoibers aktive politische Karriere im September 2007 ihr Ende fand. Eine Karriere, die ihm bis heute auch außerhalb der CSU auf jeden Fall in Bayern vielerorts Kultstatus eingebracht hat und die nach seinen eigenen Worten nie geplant war. Ein Grund, dass Stoibers Beliebtheit so hoch ist und er auch in Talkshows immer wieder ein gerngesehener Gast ist, liegt in seinem gerne auch von Kabarettisten imitierten Redestil.

"Meine politische Leidenschaft fällt heute vielleicht noch mehr auf, weil Politik stärker als früher auf rationale Argumente setzt und manchmal die emotionale Ansprache vermissen lässt", sagt Stoiber. Emotionalität dürfe man nicht unterschätzen: "Ich bleibe dabei, in der Politik sind Stimmungen auch Fakten." Zwar sei Politik in erster Linie eine rationale Entscheidung für die Lösung A, B oder C. "Aber da ich Mehrheiten brauche und der Mensch nicht nur aus Verstand besteht, sondern auch aus Emotionen, spielen Emotionen in der Politik natürlich eine große Rolle. Und das wird immer so bleiben."

Bei acht Enkelkindern kommt keine Langeweile auf

Von 1974 bis 2008 war Stoiber Mitglied des Landtags, CSU-Generalsekretär und Staatssekretär unter seinem Mentor Franz Josef Strauß, Innenminister, Leiter der Staatskanzlei und 14 Jahre Ministerpräsident. 2002 war er nach Strauß im Jahr 1980 der zweite Unions-Kanzlerkandidat der CSU und - angesichts des gescheiterten Machtkampfes von Söder im April - auch der bislang letzte.

Über Langeweile kann sich Stoiber weiterhin nicht beklagen, und dies liegt nicht nur an seinen acht Enkelkindern: Die Liste seiner Aktivitäten und Mitgliedschaften ist weiterhin lang und reicht von der Freiwilligen Feuerwehr Wolfratshausen bis zum Aufsichtsrat des Fußball-Rekordmeisters FC Bayern München. Außerdem ist er noch immer Anwalt und bestreitet wegen seiner politischen Karriere TV-Auftritte und Podiumsdiskussionen.

Wer wie Stoiber seit Jahrzehnten auf zig Hochzeiten aktiv ist, der wird zu seinem 80. Geburtstag auch nicht nur einmal gefeiert. Nach dem Fest am Geburtstag im Kreise seiner Familie stehen unter anderem Empfänge der Staatsregierung, von CDU und CSU (mit Reden beider Parteichefs) auf dem Programm und eine große Feier mit rund "90 Freunden, die mich in meinen Lebensphasen eng begleitet haben. Da kommen Freunde aus Politik, Wirtschaft, Sport, aus dem Fußball. Das gehört halt alles zu meinem Leben", sagt Stoiber.
(Marco Hadem, dpa)

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