Am Donnerstag entscheidet der Bundestag über das Gesetz zur Beschleunigung des Wohnungsbaus und zur Wohnraumsicherung. Der Entwurf stammt von den Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD sowie der Bundesregierung. Ziel ist es, die Schaffung von Wohnraum in Deutschland deutlich zu beschleunigen – ein Anliegen, das vor allem in Bayern, wo Wohnraum in Ballungsräumen wie München oder Nürnberg knapp und teuer ist, besondere Brisanz hat.
Kernstück des Vorhabens ist die Einführung eines neuen Paragrafen 246e im Baugesetzbuch (BauGB). Dieser soll es Kommunen ermöglichen, in bestimmten Fällen von bauplanungsrechtlichen Vorschriften abzuweichen. Städte und Gemeinden könnten damit neue Wohnungen nach einer verkürzten zweimonatigen Prüfung zulassen, ohne dafür einen Bebauungsplan aufstellen oder ändern zu müssen. Vorgesehen ist zudem, im Geltungsbereich bestehender Bebauungspläne mehr Wohnbebauung zuzulassen – etwa durch Aufstockungen, Anbauten oder den Bau in zweiter Reihe.
Im unbeplanten Innenbereich sollen neue Wohngebäude auch dann genehmigt werden können, wenn sie sich nicht vollständig in die Umgebung einfügen. Selbst im Außenbereich, also außerhalb bestehender Siedlungsstrukturen, soll künftig leichter gebaut werden dürfen. Die Bundesregierung betont, dass damit dringend benötigter Wohnraum schneller entstehen könne.
Der Entwurf sieht außerdem eine Verlängerung des sogenannten Umwandlungsschutzes vor: Mietwohnungen sollen in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt auch weiterhin nicht ohne Weiteres in Eigentumswohnungen umgewandelt werden dürfen. Damit solle der Schutz von Mieterinnen und Mietern vor Verdrängung gestärkt werden.
Kritik aus dem Bundesrat und von der Opposition
Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme gefordert, das gesundheitlich notwendige Lärmschutzniveau müsse weiterhin gewährleistet bleiben. Regelungen zum Immissionsschutz sollten systematisch in der „Technischen Anleitung Lärm“ und nicht im Baugesetzbuch verankert werden. Zudem verlangen die Länder einen besseren Schutz landwirtschaftlicher Flächen im Außenbereich, um Bodenspekulation und Flächenverbrauch zu begrenzen – ein Thema, das besonders im ländlich geprägten Bayern sensibel ist.
Die Bundesregierung wies diese Forderungen in ihrer Gegenäußerung zurück. Eine Anwendung des neuen Paragrafen 246e auch im Außenbereich sei nötig, um angesichts der angespannten Wohnungsmärkte ausreichend Handlungsspielraum zu schaffen.
Die Linksfraktion im Bundestag kritisiert den Entwurf scharf. In ihrem Antrag mit dem Titel „Bauwende jetzt – Stadtumbau sozial, demokratisch und nachhaltig planen und gestalten“ fordert sie, Umbau müsse Vorrang vor Neubau haben. Leerstände und ungenutzte Büroflächen sollten stärker mobilisiert werden. Die Linke verlangt kommunale Abrissstopps, Programme für bezahlbaren Wohnraum und Maßnahmen gegen Bodenspekulation. Der geplante „Bau-Turbo“ heize dagegen die Versiegelung von Flächen und die Zersiedelung an, warnen die Abgeordneten.
Bündnis fordert Nachbesserungen und „UmBau-Turbo“
Auch außerhalb des Parlaments wächst der Druck. Ein Bündnis aus Architects for Future (A4F), der Bundesarchitektenkammer (BAK) und der Deutschen Umwelthilfe (DUH) fordert in einer gemeinsamen Erklärung „konkrete Nachbesserungen“ am Gesetzentwurf. „Wir wollen verhindern, dass der Paragraf 246e zu unkontrolliertem Flächenfraß führt“, heißt es. Das Bündnis verlangt, die Anwendbarkeit des Paragrafen im Außenbereich zu streichen, ein verbindliches Baugebot einzuführen und den neuen Paragraphen auf Mehrfamilienhäuser mit einem Mindestanteil an bezahlbarem Wohnraum zu beschränken.
Der Entwurf enthalte zwar „wichtige Ansätze für Nachverdichtung und effizientere Flächennutzung“, müsse aber zu einem echten „UmBau-Turbo“ weiterentwickelt werden. Der Fokus müsse stärker auf Umbau, Nachverdichtung und Umnutzung bestehender Gebäude liegen, so das Bündnis.
„Wer jetzt wirklich schnell und bezahlbaren Wohnraum schaffen will, muss umbauen und weiterentwickeln“, sagte Elisabeth Broermann von Architects for Future. „Bezahlbarkeit entsteht im Bestand, dort, wo Straßen, Schulen und Netze schon existieren.“
Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH, warnte: „Die dringend notwendigen Korrekturen am Bau-Turbo-Paragrafen müssen unbedingt auf den letzten Metern umgesetzt werden, um Natur- und Freiflächen zu schützen.“ Auch Andrea Gebhard, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, betonte: „Wir brauchen endlich einen echten UmBau-Turbo – kein weiteres Beschleunigungsprogramm für Neubau auf der grünen Wiese.“
Ob der Bundestag auf diese Forderungen eingeht, entscheidet sich am Donnerstag in zweiter und dritter Lesung. (loh)
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