Politik

Metzgereien befürchten, dass die enormen Energiepreissteigerungen auf alle Menschen durchschlagen und somit auch Fleisch- und Wurstwaren noch teurer werden. (Foto: dpa/Thomas Frey)

26.08.2022

Teure Wurst

Wie das tägliche Leben spätestens nächstes Jahr die Menschen hierzulande finanziell überfordern wird

Menschen und Unternehmen im Freistaat wappnen sich gegen die explodierenden Erdgaspreise. Die Staatszeitung hat sich umgehört.

„Das Gas abstellen können wir nicht, weil wir es für die Heizung und das warme Wasser brauchen“, sagt Daniela Müller, Geschäftsführerin des Friseursalons Cutting Club im Herzen Nürnbergs. In der kalten Jahreszeit will sie nachts und an den Wochenenden die Schaufenster mit schweren Filzvorhängen verhüllen, damit möglichst wenig Wärme entweicht. Den gleichen Effekt will die Friseurin bei den restlichen Fenstern errreichen, indem sie durchsichtige Kälteschutzfolien aufklebt.

Gas abstellen ist auch bei der Münchner Bäckerei Traublinger mit ihren über 20 Filialen im Südosten des Stadtgebiets nicht möglich. „Wir haben erst vor vier Jahren neue Öfen angeschafft und die laufen alle mit Gas“, erläutert Geschäftsführer Heinrich Traublinger, der auch Landesinnungsmeister des Bayerischen Bäckerhandwerks ist. Zwar könnte er die zehn Öfen auf Ölfeuerung umstellen, doch sei fraglich, ob sich das finanziell rechnet. Sollte es kein Gas mehr geben, wäre Öl natürlich ein perfekter Ersatzbrennstoff, um weiter Backwaren produzieren zu können. „Aber derzeit muss man ja drei bis vier Monate auf einen Handwerker warten, der uns dann die Öfen umrüstet“, so Traublinger. Außerdem müssten neue Leitungen gezogen und Platz für einen ausreichend großen Öltank gefunden werden. „Es bringt ja nichts, wenn wir alle paar Tage das Öl nachfüllen lassen müssten.“

Am schlimmsten ist für Traublinger die Unsicherheit. „Wir haben bei der Bundesnetzagentur, bei den Stadtwerken und den Energieversorgern nachgefragt. Aber keiner weiß etwas, oder darf etwas sagen“, klagt er. Ob die Brezen teurer werden? „Der Kunde will keine Preisanpassungen. Doch der Bäcker ist dazu verdammt“, sagt Traublinger.

Auch Konrad Ammon, Innungsmeister des Metzgerhandwerks Bayern, geht von Teuerungen aus. „Mir wird himmelangst, wenn ich an nächstes Jahr denke. Wie sollen die Verbraucher das alles zahlen?“, fragt er. Dass die enormen Energiepreissteigerungen auf alle Menschen durchschlagen und somit auch Fleisch- und Wurstwaren noch teurer werden, ist für ihn klar. Allein für seine Metzgerei in Burgfarrnbach bei Fürth rechnet er im nächsten Jahr mit rund 60 000 Euro mehr fürs Erdgas.

Europäische Solidarität sieht anders aus

Auch wenn Kanzler Olaf Scholz (SPD) beschwichtigt – soziale Unruhen sind vorprogrammiert. Zumal der Bund nach wie vor nur sehr zögerlich für Entlastungen sorgt. Die Mehrwertsteuerabsenkung auf Erdgas kann nur ein erster Schritt sein. Weitere müssen folgen.

Während Frankreich einen Energiepreisdeckel eingeführt hat, produziert Deutschland aus teurem Erdgas Strom für Frankreich – denn dort laufen viele der Atomkraftwerke derzeit nicht. Das geht zulasten der Gasspeicherfüllstände hierzulande und somit finanziell zulasten der deutschen Erdgasverbraucher*innen. Europäische Solidarität sieht anders aus.

Doch auch bei deutschen Energieversorgern ist wenig Solidarität zu verspüren. Die Gasumlage, die für in Not geratene Versorger gedacht ist, wollen jetzt auch diejenigen abgreifen, die üppige Gewinne eingefahren haben. (Ralph Schweinfurth)

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