Politik

Christoph Spinner, Pandemiebeauftragter am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München: "Maßnahmen zeigen Wirkung." (Foto: dpa/Angelika Warmuth)

20.12.2021

Trügerische Corona-Ruhe vor den Feiertagen?

Seit Wochen sinkt die Inzidenz in Bayern. Seit dem Höhepunkt am 26. November hat sie sich mehr als halbiert und die Impfzahlen steigen. Alles gut also für ein entspanntes Weihnachtsfest?

Sieht doch schon viel besser aus - beim Blick auf die Corona-Zahlen, die das Robert Koch-Institut jeden Morgen veröffentlicht, drängt sich der Gedanke geradezu auf. Bayern gehört nicht mehr zu den deutschen Corona-Hochburgen, die Zahlen sinken seit Wochen und kein einziger Landkreis ist auch nur in der Nähe der Grenze für verschärfte Hotspot-Maßnahmen. Doch noch sind die Zahlen hoch und im Hintergrund droht die neue Virusvariante Omikron und eine fünfte Welle, die beginnen könnte, bevor die vierte aufgehört hat. Wie also steht Bayern da, kurz vor Weihnachten 2021?

"Die aktuellen Zahlen sind aus zwei Gründen trügerisch", sagt Corona-Experte Clemens Wendtner, Chefarzt der München Klinik Schwabing. "Zum einem muss man fragen, wie zuverlässig sie sind, auch weil sich die Menschen weniger testen lassen und es eine Dunkelziffer gibt. Zum anderen ist die Gefahr, dass man aus ihnen den Rückschluss zieht: Alles prima, wir können über die Feiertage schön lockern, das haben wir uns verdient."

Seit dem Höhepunkt Ende November hat sich die Inzidenz in Bayern zwar mehr als halbiert. Doch noch immer ist sie hoch. Selbst auf dem Höhepunkt der zweiten Welle, vor einem Jahr war sie mit knapp 217,8 noch ein gutes Stück niedriger als die 285,2 vom Montag. Auch die Intensivstationen sind nach wie vor stark belastet, obwohl die Zahl der Covid-19-Fälle auf ihnen inzwischen unter 900 gefallen ist. Und nach wie vor gibt es viele Tote im Zusammenhang mit Corona - alleine vergangene Woche zählte das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit von Samstag bis Freitag 511 neue Fälle.

"Das Niveau ist immer noch sehr hoch", mahnt Wendtner. "Vor einem Jahr haben noch bei einer Inzidenz von 100 alle Alarmglocken geläutet. Da ist es schon erstaunlich, dass wir bereits wieder die ersten Rufe nach Lockerungen haben."

Mediziner werben zu Weihnachten für Vorsicht

Christoph Spinner, der Pandemiebeauftragte des Universitätsklinikums rechts der Isar der Technischen Universität München, sieht die aktuelle Entwicklung der Zahlen positiv, blickt aber nicht ohne Sorge nach vorne. "Die Maßnahmen - von 2G, 2G-plus bis hin zur Intensivierung der Booster-Impfungen und Kontaktreduktionen zeigen erfreulicherweise Wirkung. Gerade auch in Bayern kann man rückläufige Infektionszahlen erkennen", sagt er. Das ermögliche aktuell eine gewisse Verschnaufpause - auch wenn die Belastung in den Kliniken nach wie vor sehr hoch sei.

Beide Mediziner werben zu Weihnachten für Vorsicht. "Wenn sich viele Menschen aus vielen verschiedenen Regionen in Familien- und Bekanntenkreisen treffen, sind das ideale Bedingungen für das Virus. Vielleicht trifft man sich also lieber nur mit weniger Menschen und hinterfragt, ob Reisen wirklich notwendig ist", sagt Spinner. "Und: Auf jeden Fall sollte man jede Gelegenheit nutzen, sich boostern zu lassen. Gerade mit Blick auf die neue Virusvariante Omikron, aber auch zum Schutz vor derzeit noch kursierend Delta-Infektionen, ist das für alle erforderlich."

"Man sollte es ein bisschen kleiner halten", sagt auch Wendtner über Weihnachten. "Und gerade wenn sehr betagte Familienmitglieder dabei sind, sollten sich alle die nicht mindestens vollständig geimpft oder besser geboostert sind, testen lassen oder selbst testen. Das Geld für einen Schnelltest aus der Drogerie ist immer gut investiert."

Und auch in ihrer Sorge vor Omikron sind sich die Corona-Experten weitgehend einig. "Ich gehe davon aus, dass Omikron sich bereits versteckt im Hintergrund aufbaut. Das ist ein bisschen wie vergangene Ostern", sagt Wendtner mit Blick auf die Entwicklung im vergangenen Frühjahr, als die zweite Welle fast direkt von der dritten abgelöst wurde, die sich damals ebenfalls mit einer neuen Virusvariante im Hintergrund aufgebaut hatte. "Doch mit Omikron droht eine deutlich höhere Welle", warnt Wendtner. "Und wir haben noch immer viele Patienten auf den Intensivstationen."

Noch spiele Omikron eine untergeordnete Rolle, sagt Spinner. Doch man müsse davon ausgehen, dass die Variante auch in Deutschland die Infektionszahlen erheblich steigen lassen und die Situation verschärfen werde. "Es kommt darauf an, auf welche Booster-Quote Omikron bei uns trifft. Deshalb muss es uns gelingen, sie trotz der Feiertage deutlich zu steigern!"
(Christof Rührmair, dpa)

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