Politik

Markus Söder wünscht sich, dass Skilifte geschlossen bleiben. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

25.11.2020

U-Bahn ja, Sessellift nein?

Ob Politiker, Tourismusvertreter oder Naturschützer: Die Forderung von Ministerpräsident Söder, Skigebiete europaweit über Weihnachten und Neujahr geschlossen zu lassen, stößt auf viel Widerspruch

Mit seiner Forderung, wegen Corona europaweit Skigebiete zu schließen, stößt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auf viel Widerspruch - vom Koalitionspartner im Freistaat, Tourismusvertretern und im Nachbarland Österreich. Auch Naturschützer warnen vor negativen Auswirkungen.

Nach dem Vorstoß von Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte, Skigebiete mindestens bis zum 10. Januar geschlossen zu halten, hatte Söder am Dienstag gesagt: "Mir wäre lieber, wir würden ein einheitliches Übereinkommen auf europäischer Ebene haben: keine Skilifte offen überall beziehungsweise kein Urlaub überall."

Noch am Dienstagabend kam dazu Kritik vom Koalitionspartner in Bayern: "Ein übernationales Verbot des Wintersports schränkt die Erholungssuche sehr vieler Menschen unverhältnismäßig ein", sagte der Fraktionschef der Freien Wähler, Florian Streibl. Er spreche sich klar gegen pauschale Schließungen aus - "insbesondere weil alle Bergbahnen hervorragende Hygienekonzepte erarbeitet haben, die sie konsequent umsetzen".

Auch der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß (CDU), sagte am Mittwoch, er halte ein generelles Verbot für falsch: "Sicherheit geht auch im Winter vor. Aber ich bin davon überzeugt, dass Skifahren in einem gewissen Umfang und unter klaren Kriterien wie zum Beispiel einer maximal erlaubten Anzahl von täglichen Skipässen ohne Probleme möglich ist".

Fatale Folgen für den Tourismus

Der Verband Deutscher Seilbahnen und Schlepplifte betonte zwar am Mittwoch, man wolle vor einer Stellungnahme die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz abwarten. "Aber dieser Wunsch gefällt uns natürlich nicht", sagte eine Sprecherin. "Unser Hygienekonzept hat sich im Sommer bewährt, die Voraussetzungen sind an sich gut und wir stehen jetzt in den Startlöchern."

Tourismusvertreter aus bayerischen Wintersport-Regionen betonten, die Weihnachtsferien gehörten trotz Schneemangels in den vergangenen Jahren zu den wichtigsten Zeiten der Saison. "Für den Tourismus hätte eine Schließung fatale Folgen", sagte der Tourismusdirektor der Gemeinde Bad Hindelang im Allgäu, Maximilian Hillmeier. "Wintertourismus ohne Bergbahnen funktioniert nicht."

Der Wintersport sei fürs Allgäu "elementar", betonte auch ein Sprecher der Bergbahnen in Oberstdorf und Kleinwalsertal. Bei einer Schließung über die Weihnachtsfeiertag drohten Umsatzeinbußen von bis zu 20 Prozent. Eine Schließung treffe noch einmal genau die Betriebe, die ohnehin schon unter dem "Lockdown light" litten, sagte Susanne Wagner, Tourismusreferentin des Landkreises Regen im Bayerischen Wald. "Für uns ist das in der Region ein enormer Wirtschaftsfaktor, eine Schließung wäre ein großer Schlag."

Österreich wehrt sich gegen eine Schließung

Auch das Nachbarland Österreich wehrt sich weiter gegen eine europaweite Schließung der Skigebiete. Tourismusministerin Elisabeth Köstinger sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe am Mittwoch: "Ich kann den Vorstößen nach der Schließung von Skigebieten über Weihnachten nichts abgewinnen." Winterurlaub in Österreich werde sicher sein: "Unsere Betriebe haben bereits umfassende Sicherheitskonzepte für den Skiurlaub."

Auch für die Umwelt werde eine kürzere Skisaison vermutlich keinen positiven Effekt haben, sagte Thomas Frey, Regionalreferent fürs Allgäu beim Bund für Umwelt und Naturschutz. "Ich habe eher die Befürchtung, dass dann Individualsportler querfeldein durch die Berge marschieren." Dadurch würden bedrohte Arten wie Auer- und Schneehuhn in ihren letzten Rückzugsbereichen gestört.

Und der tourismuspolitische Sprecher der Landtags-FDP, Albert Duin, kritisierte: "Wie will Söder den Menschen eigentlich erklären, dass sie in einer voll besetzten U-Bahn mit Maske zusammensitzen dürfen - aber nicht unter freiem Himmel in einem Sessellift fahren dürfen?" Ihm erschließe sich einfach nicht, weshalb Outdoor-Sport ohne Körperkontakt verboten werden solle. Und mit guten Hygienekonzepten, einem speziellen Ticket-Management sowie einer zeitlichen Staffelung lasse sich der Ski-Betrieb sehr wohl Corona-konform gestalten - Après-Ski natürlich ausgenommen.
(dpa)

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