Politik

Hubert Aiwanger bei seiner Regierungserklärung im Landtag. Ministerpräsident Söder guckt ein bisschen skeptisch – nicht als Einziger. (Foto: dpa/Peter Kneffel)

28.11.2019

Umstrittene Premiere

Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hält seine erste Regierungserklärung – die CSU ist nur mittelmäßig angetan

Florian Streibl tritt mit feierlicher Miene ans Rednerpult des Landtags. Der Fraktionschef der Freien Wähler macht auf eine Weltpremiere aufmerksam: „Das erste Mal gibt ein Minister der Freien Wähler eine Regierungserklärung ab.“ Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) stellt dem Hohen Haus seine Pläne für die weitere Energiewende vor. Neuen Schwung will er in das dümpelnde Projekt bringen. Ob aber nicht nur das Ereignis, sondern auch die Rede historisch ist, da gehen die Meinungen im Landtag weit auseinander.

Aiwanger spricht wie immer ohne Manuskript. Dass dies bei einer programmatischen Regierungserklärung gefahrengeneigt ist, zeigt sich gegen Ende der Rede, die zusehends zerfasert und in Redundanzen zerfließt. Eingangs zumindest referiert Aiwanger konzentriert und strukturiert, auch wenn er dabei kaum über längst Bekanntes hinausgeht. Immerhin verspricht er eine bürgernahe Umsetzung. „Wir können nicht zentral entscheiden, was die Bürger draußen zu akzeptieren haben“, erklärt Aiwanger. Bürger und Wirtschaft müssten auf dem Weg der Energiewende mitgenommen werden.

Dass auch nach dem Abschalten des letzten Atomkraftwerks in Bayern Ende 2022 „das Licht nicht ausgeht“, ist Aiwangers zweites Versprechen. Um Lücken zu schließen, gebe es ausreichend zuschaltbare Gaskraftwerke als Reserve. Im Notfall könne man Strom aus den vollen europäischen Stromnetzen importieren. Das aber soll durch den rascheren Ausbau der erneuerbaren Energien in Bayern vermieden werden. Dazu spannt Aiwanger den Bogen von der Photovoltaik über die Kraft-Wärme-Kopplung und Biogasanlagen bis zur Geothermie. Auch die Windkraft will Aiwanger unter Beibehaltung der vom Koalitionspartner CSU für sakrosankt erklärten 10H-Abstandsregel wiederbeleben.

In der Debatte um die Notwendigkeit neuer Stromtrassen durch Bayern äußert Aiwanger erneut seine Vorbehalte. Grundsätzlich sei es sein Wunsch, ohne die aus Norddeutschland kommenden Windstromleitungen auszukommen. Aber auch hier muss er Rücksicht auf die CSU nehmen. Ziel seien „möglichst wenig Trassen, die wir möglichst optimieren wollen“, formuliert er gespreizt. CSU-Generalsekretär Markus Blume sagt dazu später, Aiwanger hätte schon klarer hervorheben können, dass Bayern die Trassen brauche. „Die Leitentscheidungen zum Bau der Trassen sind getroffen und sie sind richtig“, betont Blume.

"Energiepolitisch provinziell"

Lob bekommt Aiwanger nur von den eigenen Leuten, die CSU verfährt immerhin nach dem Motto, dass nicht geschimpft schon gelobt genug ist. Der Grüne Martin Stümpfig aber vermisst bei Aiwanger eine „klare Vision“ zur Energieversorgung in Bayern. „Wir können uns weitere verschenkte Jahre nicht mehr leisten, weil der Klimawandel galoppiert“, warnt Stümpfig. Es brauche eine Verkehrswende und die rasche Umstellung auf 100 Prozent erneuerbare Energien. Dies sei nur mit einem ambitionierten Ausbau der Photovoltaik und der Windkraft zu schaffen. Zudem müsse die energetische Sanierung von Gebäuden forciert werden.

Die Rolle des apokalyptischen Reiters übernimmt dieses Mal Ferdinand Mang von der AfD. Die Energiewende entwickle sich zum „größten Desaster der deutschen Energiepolitik“. Regenerative Energien gefährdeten die sichere Stromversorgung, seien ökologisch schädlich und zögen den Bürgern nutzlos das Geld aus der Tasche, schimpft er. FDP-Fraktionschef Martin Hagen kritisiert Aiwangers Ziel, Bayerns Energieversorgung möglichst aus eigener Kraft zu stemmen. Dies sei „energiepolitischer Provinzialismus“. Nötig sei ein europäischer Strommarkt, in dem Energie dort produziert werde, wo dies am effizientesten möglich sei. Und Annette Karl (SPD) klagt, Aiwanger habe ein „Sammelsurium von Einzelmaßnahmen“ vorgelegt, ohne eine Umsetzungsperspektive aufzuzeigen. „Sicher, sauber und sozial“ müsse die Energiewende sein, fordert Karl. Für sie ist Aiwanger diesem Anspruch nicht gerecht geworden – historischer Auftritt hin oder her.
(Jürgen Umlauft)

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