Politik

Maria Rita Zinnecker ist seit 2014 Landrätin des Landkreises Ostallgäu. (Foto: privat)

26.08.2019

"Verkrustete Strukturen lassen sich nicht so schnell auflösen"

Die Ostallgäuer Landrätin Maria Rita Zinnecker (CSU) über die Männerdomäne Politik, gesellschaftliche Rahmenbedingungen und den fehlenden Mut mancher Frauen, sich politisch zu engagieren

Sie ist eine von nur fünf weiblichen Landräten in Bayern: Rita Maria Zinnecker (54) engagiert sich seit vielen Jahren in der Kommunalpolitik, ab 2008 als Kreisrätin und seit 2014 als Landrätin des Ostallgäus. Bei der Kommunalwahl im kommenden Jahr tritt sie wieder an und hofft auf mehr weibliche Kolleginnen in den 71 Landkreisen Bayerns.

BSZ: Frau Zinnecker, treten Sie 2020 erneut als Landrätin an?
Maria Rita Zinnecker: Ja, das habe ich vor. Denn ich will diesen schönen Landkreis gemeinsam mit unseren 45 Kommunen weiter gestalten. Und ich hoffe, dass aus uns fünf weiblichen Landräten in Bayern noch mehr werden.

BSZ: In der Kommunalpolitik sind Frauen stark unterrepräsentiert, an was liegt das?
Zinnecker: Das ist aus meiner Sicht natürlich historisch bedingt. In der langen Zeit, in der Frauen quasi aus dem gesamten politischen Bereich ausgeschlossen waren, hat sich die Politik zur Männerdomäne entwickelt. Und auch wenn das zum Glück nicht mehr so ist, wirken diese unseligen Zeiten nach.

BSZ: Inwiefern?
Zinnecker: Leider lassen sich solche verkrusteten Strukturen nicht schnell auflösen. Viele Frauen trauen sich ein Mandat nicht zu oder legen andere Schwerpunkte im Leben, dabei wäre die weibliche Sichtweise in jedem Kommunalparlament so wichtig. Frauen sind genauso leistungsfähig wie Männer und können sich ebenso wirkungsvoll politisch ein- und durchsetzen!

BSZ: Hatten Sie selbst das Gefühl, es schwerer zu haben, weil Sie eine Frau sind?
Zinnecker: Ja, zumindest ist vieles bei Frauen noch nicht selbstverständlich. Genau wie ein Mann braucht man Unterstützer und Netzwerke und Menschen, die von einem überzeugt sind. Die hatte ich zum Glück.

BSZ: Sie engagieren sich seit vielen Jahren in der Kommunalpolitik. Wie ist es dazu gekommen?
Zinnecker: Mein Ziel war und ist es, etwas zu bewegen. Zum einen komme ich aus einer Familie, in der man sich immer kommunalpolitisch engagiert hat. Zum anderen war ich bei früheren Aufgaben in häufigem Kontakt mit kommunalpolitischen Vertretern und Mandatsträgern und dieses Feld hat mich schon immer gereizt. Als sich dann die Möglichkeit ergab, in die Politik zu gehen und dort aktiv zu werden, zuerst als Kreisrätin, dann als Landrätin, habe ich diese Gelegenheit beim Schopf gepackt. Dieser Entschluss war der richtige.

BSZ: Hat sich in der Politik das Umfeld für Frauen seit dieser Zeit gewandelt?
Zinnecker: Auch wenn Frauen heute ganz selbstverständlich an die Wahlurne gehen, ist Politik oft noch männlich dominiert. Im Bundestag waren noch nie mehr als 37 Prozent der Abgeordneten weiblich. Unter den 16 Ministerpräsidenten der Länder gab es nur wenig Frauen. In einem Ranking über den Frauenanteil in Länderparlamenten weltweit lag Deutschland im Jahr 2018 auf Platz 45. In ganz Bayern gibt es nur fünf Landrätinnen in den 71 Landkreisen. Bei den Bürgermeisterinnen sieht es ähnlich aus. Das sind immer noch die Fakten. Und doch sage ich: Es haben sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten eine öffentliche Debatte und ein Bewusstsein entwickelt, die mehr Frauen in die Kommunalparlamente gebracht haben. Dadurch hat sich natürlich auch der Umgang mit Frauen in der Politik gewandelt. Es wird langsam selbstverständlich, dass sich Frauen politisch und auch gesellschaftlich aktiv einbringen.

BSZ: Wie könnte man noch mehr Frauen für die Kommunalpolitik gewinnen?
Zinnecker: Es müssen einfach viel mehr Frauen den Mut fassen, sich politisch zu engagieren. Das ist sicherlich nicht einfach mit Familie, Kindern und Haushalt – das ist übrigens kein überholtes Geschlechterbild à la „Frau am Herd“, sondern die Realität. Noch immer kümmern sich viele Frauen um Haushalt und Kinder, weil die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen es gewissermaßen vorgeben. Die Bezahlung von Frauen sowie Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind häufig nicht optimal. Deshalb fehlt vielen Frauen leider die Zeit, sich politisch zu engagieren. Der Landkreis Ostallgäu hat jüngst eine Initiative ins Leben gerufen: „Frauen in die Kommunalpolitik“. Wir sprechen mit dieser Reihe Frauen an, die sich politisch engagieren möchten und geben ihnen viele wertvolle Tipps. Der Anfang der Kursreihe war sehr vielversprechend und die Teilnehmerinnen begeistert. Ich hoffe, viele von ihnen bereichern demnächst die Ostallgäuer Kommunalparlamente.
(Interview: Angelika Kahl)

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