Politik

Hausärzte bekommen ab 2026 Boni, wenn sie viel impfen. Das findet nicht jeder gut. (Foto: dpa/imageBROKER/Anastasiia Torianyk)

03.10.2025

Neues Anreizsystem für Ärzte: Viel Vakzin, höheres Salär

Ein neues Anreizsystem belohnt ab 2026 eine hohe Impfbereitschaft von Hausärzten

Ab 2026 gilt eine Neuregelung der Vorhaltepauschale für Hausärzte. Dem neuen Anreizsystem zufolge können sich Hausärzte Boni verdienen, indem sie viel impfen. Das sorgt für Aufsehen. „Wird eine Impfquote zum Kriterium für finanzielle Leistungen, ist das ein Paradigmenwechsel“, erklärt Alexander Konietzky, Vorstand der Organisation „Ärztinnen und Ärzte für individuelle Impfentscheidung“ ÄFI. Er fürchtet: Das ärztliche Berufsethos werde dadurch gefährdet.

Eigentlich sollen Ärzte ihre Patienten frei von jeder Einflussnahme gemäß ihres Wissens und Könnens behandeln. Also ohne finanzielles Anreizsystem, das sie zu bestimmten Handlungen verleitet.

Die Neuregelung jener Pauschale, die ab Januar vergütet, was Hausärzte jenseits der konkreten Krankenbehandlung vorhalten müssen, konterkariert diese Maxime. Sie listet zehn Kriterien auf, von denen mindestens acht erfüllt werden müssen, um das Maximum aus dem neuen Bonus-System herauszuholen.

Hausärzte würden dadurch zu „Impfluencern“ gemacht, erklärt Alexander Konietzky in Anspielung auf jene Stars, die während der Corona-Krise öffentlich auftraten und für die Corona-Impfung warben.

Aufgelistet sind in der Neuregelung unter anderem Quoten für Ultraschalldiagnostik oder EKG. Möchte ein Hausarzt den Bonus über Schutzimpfungen ergattern, muss er pro Quartal, hat er tausend „Behandlungsfälle“, mindestens sieben Prozent seiner Patienten impfen – etwa gegen Influenza, Covid-19, das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) oder FSME. Im vierten Quartal, wenn die Grippeschutzimpfung anstehen, müssen es 25 Prozent sein. Harsche Abschläge drohen ab Januar allen Hausärzten, die weniger als zehn Mal im Quartal impfen. Ihre Vorhaltepauschale wird um 40 Prozent gekürzt.

Ärzte wären blöd, wenn sie den Bonus ablehnen

Dass auf Basis eines Bonussystems geimpft wird, ist erstaunlich. Alexander Konietzky verweist in diesem Zusammenhang auf die „massiv aufgetretenen Nebenwirkungen“ durch die Corona-Impfung.

Die Organisation ist nicht die einzige, die diesbezüglich warnt. Dissidente Online-Plattformen veröffentlichten in den vergangenen Jahren etliche seriöse Studien, die von Nebenwirkungen bis hin zu erhöhtem Krebsrisiko berichten. Aktuelle Zahlen zu Impfnebenwirkungen hat das Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS) in Bayreuth. Wie die Pressestelle auf Anfrage der Staatszeitung mitteilt, kam es bis Ende Juni 2025 zu über 3000 Anträgen auf Anerkennung eines Impfstoffschadens wegen einer Corona-Impfung. In 159 Fällen wurde der Schaden anerkannt. Insgesamt gingen letztes Jahr laut ZBFS 329 Anträge auf Anerkennung eines Impfschadens ein: „307 im Zusammenhang mit einer Impfung gegen Covid-19.“

Wenig Freude löst die Novelle zur Vorhaltepauschale auch beim Bayerischen Hausärzteverband aus. Die Neuregelung sei sehr bürokratisch und werde die Praxen mit zusätzlichem Verwaltungsaufwand belasten, erklärt Vorsitzender Wolfgang Ritter. Eigentlich habe der Gesetzgeber Hausarztpraxen stärken wollen. Dieses Ziel werde nicht erreicht. Speziell zu den Impfquoten wollte sich der Verband nicht äußern.

Zur Erinnerung: 2013 wurde das Vergütungssysteme für ambulante Ärzte reformiert. Seither gibt es eine Versichertenpauschale für die Betreuung, Behandlung und für Gespräche mit Patienten. Für alles andere, was nötig ist, um Patienten hausärztlich zu versorgen, wurde die Vorhaltepauschale eingeführt. Die wird zum Januar abgesenkt. Nur durch die Erfüllung zusätzlicher Kriterien kann sie angehoben oder sogar in Bezug auf das bisherige Niveau übertroffen werden. Die neue Vorhaltepauschale geht auf eine Vorgabe des früheren Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach zurück. Die Details stammen von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und dem GKV-Spitzenverband.

Die KBV verteidigt die Neuregelung. Kein Hausarzt, betont Roland Stahl von der Pressestelle, werde zum Impfen gezwungen. Die KBV hat zweifellos Recht: Auch 2026 wird kein Hausärzte zum Impfen gezwungen. Doch die Neuregelung ist geeignet, indirekt Druck auszuüben. Angesichts der finanziell prekären Situation im Gesundheitswesen wären Ärzte, auf gut Bayrisch gesagt, deppert, würden sie nicht versuchen, das Möglichste aus dem neuen Anreizsystem herauszuholen.

Darum stellt sich im Praxisalltag die Frage: Behandelt ein Arzt einen Patienten nur deshalb auf eine spezielle Weise, weil er die Bonuskriterien im Hinterkopf hat?
Rückendeckung erhält die KBV vom Passauer Kinderarzt Georg Handwerker. „Angesichts der Wichtigkeit von Impfungen ist die Einbeziehung von Impfungen als eines von zehn Kriterien angemessen“, sagt er. Auch er betont, dass kein Arzt zu Impfungen gezwungen werde: „Es gibt noch andere Kriterien, mit denen sich der Bonus erreichen lässt.“ (Pat Christ)

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