Politik

Vertrocknete Maispflanzen. Vielerorts in Bayern droht Dürre. (Foto: dpa/Sven Hoppe)

30.10.2020

Wenn Ackerfrüchte verdorren

Corona? Es gibt in Bayern auch noch andere Katastrophen: Wassermangel etwa

Beinahe hätte man vor lauter Corona vergessen, dass Bayern auch noch einen Umweltminister hat. Dabei ist es erst ein Jahr her, dass Thorsten Glauber (Freie Wähler) in der Debatte um das ArtenschutzVolksbegehren „Rettet die Bienen!“ das gefragteste Mitglied der Staatsregierung war. Nun hat sich der Franke mit einer Regierungserklärung zurückgemeldet. Anlass war die Gründung des bayerischen Umweltministeriums vor 50 Jahren. Doch viel Bilanz leistete sich Glauber nicht, schließlich war das Haus 48 der 50 Jahre CSU-geführt. Er setzte lieber einen eigenen Akzent, indem er die Zukunft der Wasserversorgung Bayerns auf eine Ebene mit dem Klima- und dem Artenschutz hob.

Das hatte seinen Grund. Denn je weiter man in Bayern nach Norden blickt, desto trockener wird es, viel zu trocken. In manchen Regionen Frankens sei man „auf dem Weg in einen Wassernotstand“, erklärte Glauber. Den Bauern vertrocknen dort Obst, Gemüse und Ackerfrüchte auf den Feldern, im Frankenwald zum Beispiel sterben Bäume flächig mangels Wasser ab. In der Weinregion um Würzburg liegt der durchschnittliche Jahresniederschlag auf dem Niveau Spaniens oder Süditaliens. Der Klimawandel ist dort mit Händen zu greifen, wenn der trockene Boden unter den Rebstöcken staubig durch die Finger rieselt.

Glauber will dem mit dem Programm „Wasserzukunft Bayern 2050“ entgegenwirken. Neben einer klimasicheren Überleitung von Wasser aus dem regenreicheren Süden seien zusätzliche Wasserspeicher an den Oberläufen der fränkischen Flüsse nötig. Es brauche eine gesamtbayerische Speicherstrategie, erklärte Glauber. Zudem müsse es um Wasserverteilung, Bewässerung und Trinkwasserschutz gehen.

Eine „saugute Umweltpolitik“

Nötig sei ein Investitionsvolumen von einer Milliarde Euro sowie zusätzliches Personal in den Wasserwirtschaftsämtern. Dort seien als Folge der Stoiber’schen Verwaltungsreform zuletzt zu viele Stellen abgebaut worden.

Bei der Opposition löste Glauber damit keine Begeisterungsstürme aus. Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann rief den Minister zu „überzeugendem und mutigem Handeln“ auf. Denn der Trinkwasserschutz sei bei der Staatsregierung „nicht mal Nebensache“, wie ein Blick auf die vielerorts weiter deutlich zu hohe Nitratbelastung des Grundwassers zeige. Die Neuausweisung von Schutzgebieten komme aus Furcht vor dem Protest von Lobbygruppen seit Jahren nicht voran. „Die Staatsregierung betreibt Umweltschutz nur dort, wo er nicht stört“, kritisierte Hartmann und stellte ein neues Öko-Referendum in Aussicht: „Wenn Sie sich weiterhin weigern, unsere Lebensgrundlagen zu schützen, ist das nächste Volksbegehren näher als Sie denken.“

Auch Florian von Brunn (SPD) meinte, Glauber fehle der „Mut zu einer entschlossenen und nachhaltigen Umweltpolitik“. Die Ankündigungen des Ministers schienen dem Sortiment eines Ein-Euro-Ladens zu entstammen. „Ein Feuerwerks-Fachgeschäft mit zündenden Ideen sieht ganz anders aus“, monierte von Brunn. Die Regierungserklärung sei dünn, das Klimaschutzgesetz „grottenschlecht“, und zum Artenschutz habe Glauber per Volksbegehren gedrängt werden müssen. Um Bayerns Zukunft nachhaltig, klimafreundlich und sozial zu gestalten, regte von Brunn die Einsetzung einer Enquete-Kommission des Landtags an.

Der FDP-Abgeordnete Christoph Skutella warf Glauber vor, sich im umweltpolitischen Kleinklein zu verlieren. „Wir brauchen mehr effektiven statt plakativen Umweltschutz“, sagte Skutella. Das gelte sowohl für bayerische Maßnahmen wie die mehr als schleppende Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie, als auch für die nationale und internationale Zusammenarbeit, da Umweltprobleme zunehmend globaler würden. AfD-Fraktionschef Ingo Hahn sah Umwelt- und Ressourcenschutz am besten mithilfe technischer Innovation gewährleistet. Mit ihrer Politik bediene die Staatsregierung den „links-grünen Zeitgeist“ und gefährde die Wirtschaftskraft Bayerns.

Einigermaßen belustigt reagierte Freie-Wähler-Fraktionschef Florian Streibl auf die Oppositionskritik. Wenn dem Minister von der einen Seite vorgeworfen werde, er sei zu grün, und von der anderen, er sei nicht grün genug, dann stehe er genau in der Mitte und betreibe eine „saugute Umweltpolitik“. Glauber setze beim Klima-, Arten- und Wasserschutz „Meilensteine“. Nach Ansicht von Eric Beißwenger (CSU) ist der Freistaat in den vergangenen 50 Jahren vielfach Vorreiter bei Umweltprogrammen und in der Umweltgesetzgebung gewesen. In dieser Tradition stehe auch Glauber, der in seiner Rede beim Thema Wasser „sehr konkret“ geworden sei.
(Jürgen Umlauft)

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