In seinem neuen Jahrbuch prangert der Bund der Steuerzahler wieder viele Fälle von recht großzügigem Umgang mit Steuergeld an. Bayern ist gleich acht Mal vertreten - vor allem mit Bauprojekten, bei denen die Kosten völlig aus dem Ruder laufen. "Baukostenexplosionen sind bei öffentlichen Vorhaben gang und gäbe", sagte Maria Ritch, Vizepräsidentin des Landesverbands Bayern, am Dienstag und listete eine Reihe von Beispielen auf:
NEUE PINAKOTHEK MÜNCHEN: Die Bauverwaltung hatte die Sanierungskosten für den Museumsbau zunächst auf 80 Millionen Euro geschätzt. Jetzt sei man bei 231 Millionen angelangt, und weitere 32 Millionen Euro bis zur Fertigstellung seien bereits veranschlagt, sagte Ritch.
STAATSTHEATER AUGSBURG: Der Stadtrat hatte 2016 beschlossen, das damals noch städtische Theater für 186 Millionen Euro zu sanieren, die Kosten für einen Erweiterungsbau mit Probebühne und Werkstätten bereits mitgerechnet. Jetzt rechnet die Stadt mit 320 Millionen Euro. "Ein Fass ohne Boden", sagte Ritch. "Jeder private Bauträger würde in die Insolvenz gehen, wenn er so planen und so mit den Kosten umgehen würde." Es sei nur zu hoffen, dass das Theater nicht noch zu einer "Lechphilharmonie" werde.
DEUTSCHES MUSEUM: Das Technikmuseum in München sollte für 400 Millionen Euro saniert und modernisiert werden. Im vergangenen Jahr beliefen sich die Kosten schon auf 595 Millionen - und inzwischen sei man bei 745 Millionen, sagte Ritch. Trotz umfangreicher Voruntersuchungen sei die Substanz des Gebäudes schlechter als erwartet, und im Frühjahr sei das Architekturbüro pleite gegangen. "Doch nicht nur die Kosten sind aus dem Ruder gelaufen. Auch der bisherige Zeitplan ist nicht mehr einzuhalten." Statt zum 100. Gründungstag 2025 werde die Wiedereröffnung des sanierten Museums jetzt im Jahr 2028 anvisiert. "Die öffentliche Hand ist nach wie vor nicht in der Lage, öffentliche Projekte im vorgegebenen Kostenrahmen sowie auch im vorgegebenen Zeitrahmen durchzuführen", sagte Ritch.
HOCHSCHULE KASTL: Der Ausbau der mittelalterlichen Klosterburg Kastl im Landkreis Amberg-Sulzbach zu einer Hochschule für die bayerische Polizei sollte ursprünglich 37 Millionen Euro kosten. Archäologische Funde, Schadstoffe, Hausschwammbefall, Schäden am Dachstuhl, nicht eingeplante Preissteigerungen machten die Rechnung zunichte. Mittlerweile habe der Landtag 60 Millionen genehmigt, sagte Ritch.
STADTHALLE LOHR AM MAIN: Umplanungen und Zusatzwünsche trieben die Kosten des Neubaus hoch. Eine Konzertmuschel, aufsteigendes Gestühl, bessere Barrierefreiheit, eine erweiterte Tiefgarage, eine Photovoltaikanlage - schließlich kostete die Stadthalle 20 Millionen Euro: ein Drittel mehr als geplant.
RATHAUSTUNNEL IN ERDING: Vom historischen Rathaus zum Verwaltungsgebäude auf der anderen Straßenseite sollen die Mitarbeiter künftig nicht mehr einfach über die Straße, sondern durch einen Tunnel gehen. Kostenpunkt: 1,1 Millionen Euro. Für den Bund der Steuerzahler ein Beispiel für Verschwendung öffentlicher Mittel: "Der Tunnelbau ist jedenfalls eines: unterirdisch".
BEHÖRDEN-UMZÜGE: Die Staatsregierung will 3000 staatliche Stellen in strukturschwache ländliche Regionen verlagern. Der Bund der Steuerzahler stellt in Frage, ob Nutzen und Kosten "mindestens in dreistelliger Millionenhöhe" noch im Verhältnis stehen. Zumal bisher gut funktionierende Verwaltungen geschwächt werden könnten. Teile des Bau- und Verkehrsministeriums würden nach Augsburg ausgelagert. Im niederbayerischen Freyung-Grafenau werde ein neues Verwaltungsgericht geschaffen, das bisher in Regensburg angesiedelt war. 300 Mitarbeiter des Landesamts für Finanzen sollen künftig in Weiden arbeiten, 300 Finanzbeamte sollen sich in Zwiesel um die Grundsteuer kümmern, das Schulungszentrum des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit soll von München nach Bad Kissingen umziehen, und in Hof soll ein zentrales Polizeibeschaffungsamt mit 300 Arbeitsplätzen geschaffen werden.
Jährlich verschwendeten Bund, Länder und Kommunen öffentliche Mittel in einer Größenordnung von etwa 25 Milliarden Euro, sagte Ritch. Bei einem Schuldenberg von 2,2 Billionen Euro entfielen auf jeden Bürger heute bereits 26 693 Euro Schulden. Fahrlässigkeit, kleinkariertes Denken, regionaler Egoismus und eine "Es-ist-ja-nicht-mein-Geld-Mentalität" führten zur Verschwendung von Steuergeldern. Damit Politik und Verwaltung sorgsamer mit dem Geld der Steuerzahler umgehen, müsse Steuergeldverschwendung künftig ebenso bestraft werden wie Steuerhinterziehung, forderte sie. (dpa)
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