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Friedrich Wencker-Wildberg machte sich einen Namen als Kenner Napoleons und der französischen Geschichte. Doch weniger bekannt wurde, dass er Frankreich für die Separatistenbewegung in Deutschland und ein selbstständiges Königreich Bayern aktiv gewinnen wollte. (Foto: aus Wencker-Wildberg, "Würzburg um die Jahrhundertwende, Jugenderinnerungen aus dem Jahr 1953")

14.07.2023

Verkannter Nachbar

Friedrich Wencker-Wildberg war bekannt für seine populären Bücher – nur wenige wissen um seine politische Vergangenheit

Den etwas älteren Mann draußen vom Wildberghof kannten alle Uffenheimer. In den Kriegsjahren war er auf den Gutshof, den sein Vater bereits im Kaiserreich erworben hatte, gezogen und lebte seitdem dort alleine und abgeschieden. Meist sei er still und versonnen gewesen. Von Zeit zu Zeit kam er jedoch in den Ort und erzählte allerlei Geschichten, von seiner Jugend im alten Würzburg, lange vor der Zerstörung im Jahr 1945, und von seinen Fahrten und Begegnungen. Manch abenteuerliche Geschichte wusste er zu berichten, gerne erzählte er ausschweifend von den Fürsten und Königen aus der alten Zeit. Manchmal, wenn er ein Glas Rotwein getrunken hatte, erzählte er auch von der Zeit des Dritten Reiches und wie die Gestapo ihn einmal wegen Hochverrats anklagen wollte: Es habe eine Hausdurchsuchung gegeben, weil er zahlreiche französische Bücher in seiner Bibliothek stehen hatte. Doch die Kriminalbeamten seien unverrichteter Dinge wieder abgezogen, weil sie die französischen Buchtitel nicht lesen konnten.

Kauzig, aber berühmt

Die Uffenheimer liebten diese Geschichten. Sie wussten, dass der alte Mann ein Schriftsteller war, er ging keinem besonderen anderen Beruf nach, lebte nur auf dem Hof und verfasste seine Bücher. Vor allem Abenteuergeschichten und historische Bücher über die berühmte Spionin aus dem Ersten Weltkrieg, Mata Hari, die europäischen Fürstenhäuser und auch über die Geschichte Uffenheims hatte er geschrieben. Weit über 100 Bücher soll er verfasst haben, und manch ein Uffenheimer hatte eines davon gelesen. Ja, und manch einer wusste sogar, dass der alte Mann nicht nur seichte Geschichten verfasst, sondern auch die Memoiren Napoleons ins Deutsche übersetzt hatte: ein gewaltiges Werk von 14 Bänden, das er zusammen mit dem bes­ten Napoleon-Kenner seiner Zeit, Friedrich Max Kircheisen, herausgegeben hatte. Kurz, die Uffenheimer freuten sich, einen etwas kauzigen, aber offenbar sehr berühmten Mann als Mitbürger in ihren Reihen zu haben.

Erstaunlich, dass man Menschen, zumal wenn sie in der Öffentlichkeit stehen, durch und durch zu kennen glaubt – und wie doch manches Geheimnis unentdeckt bleibt. Auch die Uffenheimer schienen ihren alten Mitbürger zu kennen und ahnten doch nichts von seinen tiefsten politischen Einstellungen und den politischen Machenschaften, in die er zeitweise verwickelt war. Wenn die Menschen selbst keine Auskunft geben, dann sind es nur die wenigen Akten zum Beispiel im Staatsarchiv Würzburg sowie einige Schnipsel und Briefe, die sich in Nachlässen erhalten haben, die diese Begebenheiten noch dokumentieren können. Und die aus einem bescheidenen Schriftstellerdasein ein stürmisches und nicht wenig gefahrvolles Leben in den Wogen der Weltgeschichte machen können.

Benannt nach einem Gutshof. Friedrich Wencker, der sich aber nach dem väterlichen Gutshof bei Uffenheim seit jeher als Wencker-Wildberg bezeichnete, wurde am 27. Juni 1896 in Würzburg als Sohn des Architekten Heinrich Wencker geboren. In Würzburg besuchte er die Schule und studierte später in Würzburg, Bern, Berlin und Hamburg Geschichte, Klassische Philologie und Philosophie. Er war ein Mann der Bücher, schon in seiner Jugend in Würzburg streifte er unentwegt durch die Antiquariate der Stadt auf der Suche nach seltenen Drucken und Erstausgaben. Geld schien bei Wencker zu keinem Zeitpunkt ein Problem gewesen zu sein, und so konnte er ein freies und ungebundenes Leben als Literat und Bibliophiler führen, der es bald zu einem gewissen Bekanntheitsgrad schaffte.

Die Übersetzung von Napoleons Erinnerungen war nur ein Höhepunkt seines unermüdlichen Schaffens, es gab zahlreiche weitere: Zusammen mit Alexander von Gleichen-Rußwurm, einem Urenkel Schillers und ebenfalls ein fränkischer Boheme, verfasste er eine mehrbändige Kultur- und Sittengeschichte aller Zeiten und Völker, nicht wenige Bücher zum politischen Tageskampf der 1920er- und 1930er-Jahre, einige Romane und natürlich die Übersetzungen der großen Werke von Casanova, Balzac und Alexandre Dumas ins Deutsche. Dazwischen schrieb Wencker auch kurios anmutende Bücher wie das 1927 erschienene: Was soll unsere Tochter werden? Ein praktischer Ratgeber für sämtliche Frauenberufe.

Dem heutigen Leser mag Wencker, wie seinen Uffenheimer Mitbürgern in der Nachkriegszeit, vor allem als Übersetzer französischer Literatur sowie als Autor zahlloser historischer Abhandlungen, die sich an ein breites Publikum richteten, bekannt sein. Manch ein Buch, wie die Geschichte Mata Haris, erlebte sogar eine Neuauflage. Die meisten seiner Werke sind jedoch beinahe vergessen.

Vollends vergessen sind die politischen Aktivitäten Wenckers, die er insbesondere in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg entfaltete und die ihm beinahe eine Anklage als Hochverräter eingebracht hätten. Wie kam es dazu? In welche Winkelzüge wurde Wencker-Wildberg verwickelt? ...  (Alexander Wolz

Lesen Sie den vollständigen, reich bebilderten Beitrag in der Ausgabe Juli/August des BSZ-Online-Magazins UNSER BAYERN. Sie können die komplette, 40-seitige Ausgabe downloaden unter www.bayerische-staatszeitung.de. Für BSZ-Abonnenten ist dieser Service kostenlos, sonst 3 Euro pro Ausgabe.

 

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