Unser Bayern

Bei manchen Arbeitsschritten ist Fingerspitzengefühl gefordert, dann müssen Hopfenbauer nach wie vor Hand anlegen: Sei es beim Aufleiten, Anleiten oder Nachleiten. (Foto: dpa)

26.02.2016

Vom Aufleiten, Anleiten und Nachleiten

Relativ spät fand in Bayern die Mechanisierung im Hopfenanbau ihren Durchbruch. Heute wird nur noch wenig Hand angelegt

Wenn der Hopfen in den Brausud kommt, um dem Bier Geschmack, Haltbarkeit und Schaum zu geben, hat er einen Weg vieler Arbeitsschritte hinter sich. Lange Zeit forderten diese im Jahreskreis dem Hopfenbauern einen extrem hohen körperlichen Einsatz ab, der zudem auch noch mit vielen Gefahren verbunden war. Dennoch setzte sich im deutschen Hopfenbau die Ablösung der menschlichen Kraft durch Tier und Maschine mit Verspätung durch. So richtig begann die Mechanisierung der Hopfenarbeit erst in den 1950er Jahren. Auslöser war das Allzweckgerät Traktor. Mit ihm und vielen Anbaugeräten sowie dem Frontlader verrichtet der Hopfenbauer heute fast alle Stationen des Hopfenbaus. Erste Station. Wer einen Hopfengarten anlegt, braucht einen Gerüstbau – der Hopfen ist eine Kletterpflanze, die bis zu sieben Meter Höhe wächst. Die bewährte Lösung besteht in einem quer und längs gespannten Drahtnetz, das von Holzstangen (Säulen) gehalten wird. Diese Anlagen prägen das Landschaftsbild der Hallertau. Pro Hektar benötigt das Gerüst je nach Sorte 110 bis 130 Säulen. Ohne Traktorhilfe war der Gerüstbau so kompliziert, anstrengend und gefährlich, dass die Hopfenbauer spezialisierte „Hopfenmacher“ beauftragten. Seit die Traktoren mit Frontladern ausgerüstet sind, geht das Aufstellen der Säulen wesentlich leichter und schneller. Besonders erleichtert hat die Mechanisierung das in großer Höhe erfolgende Verdrahten und Einhängen der „Aufleitdrähte“: An denen wächst die Hopfenrebe hoch. Die Drähte reichen bis zum Boden und müssen jedes Jahr neu eingehängt werden, da sie bei der Ernte mit der Hopfenrebe abgerissen werden. Auf den Frontlader wird eine Kanzel montiert, auf der drei Personen die mitgeführten Drähte am Drahtnetz einhängen. Weil diese Arbeit trotzdem immer noch sehr anstrengend ist, bemühen sich Maschinenbauer, eine vollautomatische Drahtaufhängung zu entwickeln. Prototypen werden bereits getestet. Bei Einsatzreife werden sie das Ende der Mechanisierung des Hopfenbaus markieren. Zweite Station:  Im Frühjahr werden die Hopfenstöcke aufgedeckt und geschnitten. Der Hopfenbauer nennt das „anrainen“. Vor noch nicht allzu langer Zeit geschah das mit Haue und Messer. Mit einem am Traktor angebauten Spezialgerät erledigt das der Hopfenbauer heute in einem Zug. Zum Pflügen und zur Bodenlockerung kommen die üblichen Geräte zum Einsatz. Der nächste Schritt, das „Anleiten“, entzieht sich jeder Mechanisierung. Von den 40 bis 60 Trieben eines Hopfenstocks, werden generell nur zwei gebraucht. Diese werden mit der Hand rechtswindend am Aufleitdraht angedreht. Abhängig von der Sorte enthält ein Hektar Hopfengarten 3800 bis 4000 Aufleitungen. Das bedeutet, er enthält bis zu 2000 Stöcke. Weil die Triebspitzen vom Wind gelöst werden, müssen sie „nachgeleitet“ werden, manchmal mehrmals. Allein das „Ausputzen“ ist mechanisiert. Die neu austreibenden Triebe sowie die unteren Blätter und Seitentriebe der Hopfenrebe entfernt ein Kreiselmäher. Ebenso wie der Weinbau benötigt auch der Hopfenbau einen Schutz der Pflanze gegen Krankheiten, Pilze und Schädlinge. Allerdings müssen die dazu eingesetzten Mittel bis in sieben Meter Höhe gebracht werden. Mit Handspritzen gelang das nur schwer. Auch mit Motorspritzen war das nicht einfach. Den technologischen Durchbruch brachten die von Traktor gezogenen und angetriebenen Gebläsespritzen, die das Pflanzenschutzmittel als feinen Nebel an die Hopfenpflanze sprühen. Sie gehören mit zu den teuersten Anschaffungen des Hopfenbauers. Dritte Station: Den größten Mechanisierungssprung erlebte der Hopfenbau in der Erntearbeit. Noch in den 1950er Jahren strömten Mitte August bis Mitte September Tausende von Menschen in die Hopfengebiete, um sich als „Hopfenzupfer“ zu verdingen. Mit zunehmendem Wohlstand blieben diese Arbeitskräfte aus. Der dadurch entstandene Druck förderte die Entwicklung von Geräten für zwei im Ernteablauf verbundene Arbeitsprozesse. Um die Hopfendolden pflücken zu können, müssen die sieben Meter langen Hopfenreben samt eingehängtem Aufleitdraht vom Drahtnetz gerissen und auf einen Wagen verladen werden. Bei bis zu 4000 Drähten sind das ebensoviele Abrisse. Entsprechend kräftezehrend, aber auch gefährlich war das tagelange händische Abreißen auf einem wackeligen Wagen. Die Erleichterung brachte das ab den 1980er Jahren eingesetzte, seitlich an den Traktor montierte Abreißgerät, das mit einer Tagesleistung von 8000 Reben aufwartet. Die Reben werden selbsttätig in das Gerät geführt, abgerissen, in der ganzen Länge gleichmäßig auf den mitgeführten Wagen geladen und dann zur Pflückmaschine gefahren. Nach langer Entwicklungszeit standen, ebenfalls Anfang der 1980er Jahre, einsatzfähige Pflückmaschinen zur Verfügung. Das sind Großgeräte, kaum geeignet für einen Einsatz in den engen Hopfengassen. Deshalb wurden sie von Anfang an für die stationäre Nutzung konzipiert. Zuerst werden die Reben in ein Aufnahmegerät eingehängt (nur das geschieht noch händisch) und in den Hauptpflücker transportiert, der Dolden, Stängel, Blätter und den Aufleitdraht von der Rebe entfernt. Der Nachpflücker trennt die Dolden von den Ästchen. Verschiedene Reinigungsvorgänge folgen, um die Dolden vom Pflückgut zu scheiden. Das Endstadium der Ernte ist erreicht. Der Hopfenbauer hat 60 bis 80 Arbeitsstunden pro Hektar hinter sich und durchschnittlich 32 Zentner Hopfen erzielt. Die reichen für die Herstellung von rund 1,7 Millionen Liter Bier ... (Victor Henle)

Lesen Sie den vollständigen Beitrag in der Februar-Ausgabe von Unser Bayern (BSZ Nr. 8 vom 26. Februar 2016)

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