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In einem vor 1012 entstandenen Evangelistar (Msc. Bibl. 95), das zu den Schätzen der Staatsbibliothek Bamberg gehört, ist Heinrich II. mit Buch abgebildet (hier ein Detail). Er stattete seine Bistumsneugründung Bamberg mit wertvollen Schriften aus. Auf ihn geht die Sammlung in der Staatsbibliothek Bamberg zurück, die heute die einzige, weitgehend geschlossen erhaltene kaiserliche Bibliothek des späten Frühmittelalters repräsentiert: mit 165 Codices und Handschriftenfragmenten aus der Zeit vom 5. Jahrhundert bis um 1024. (Foto: SBB/Gerald Raab)

05.01.2024

Weltherrscher von Gottes Gnaden

Vor 1000 Jahren starb Kaiser Heinrich II. Unbestritten ist seine Bedeutung für die Kunst- und Kulturgeschichte

Es war im Herbst 2023. Paris jubelte: Kirill Serebrennikow inszenierte Richard Wagners Lohengrin in der Opéra Bastille. Eine Jahrhundertinszenierung, hieß es allenthalben. Auch viele Bamberger verfolgten zumindest die Live-Übertragung und fühlten sich auf ganz besondere Weise mit dem Kulturereignis in der französischen Hauptstadt verbunden. Woher kam das? Auf der einen Seite liegt die oberfränkische Richard-Wagner-Stadt Bayreuth mit ihren alljährlichen Lohengrin-Aufführungen nicht weit von Bamberg entfernt. Zum anderen handelt es sich um eine „romantische Oper in drei Akten“, und Bamberg gilt für Experten als einer der Ursprungsorte der deutschen Romantik. Schließlich tritt gleich zu Beginn ein König Heinrich auf: Gemeint ist Heinrich I., der Vogler. Er war der Urgroßvater von Kaiser Heinrich II., der mit seiner Gemahlin Kunigunde Bamberg zu einer zentralen Pfalz in seinem Reich erwählte und 1024 verstarb.

Weiterhin muss Elsa, die Braut Lohengrins, ein Gottesurteil bestehen – genauso wie Kunigunde, die der Legende nach über glühende Pflugscharen zu gehen hatte, um ihre eheliche Treue zu beweisen. Beide bestanden ihre Proben unversehrt. Darüber hinaus wird bei Lohengrin betont, dass er ein von Gott Gesandter sei – ähnlich wie König Heinrich, ab 1014 römisch-deutscher Kaiser und 1146 heiliggesprochen.

Die Geschichtsforschung hadert

Im Unterschied zu Lohengrin, dem Sohn des viel besungenen Gralskönigs Parzival aus der Artussage, ist Heinrich II. jedoch eine reale historische Gestalt. Seine Einordnung ist für Geschichtsforscher aber nicht ganz einfach. Wie auch immer sie die Bedeutung Kaiser Heinrichs für den Verlauf der weltlichen Geschehnisse des Mittelalters einschätzen, in einem Punkt sind sie sich einig: Sein Rang in der Kunst- und Kulturgeschichte ist ebenso überragend wie jener des Parzival und der anderen Artusritter. Die berühmten Versinnbildlichungen von Heinrichs Gottesgnadentum in einzigartigen Handschriften-Illustrationen kann man sogar in Schulbüchern finden, wo die Herrschaftsidee des Mittelalters augenfällig gemacht werden soll.

Im kostbar vergoldeten Regensburger Sakramentar etwa krönt der thronende Christus selbst im Jahr 1002 Heinrich, den Sohn des Herzogs von Bayern, und zwei Engel überreichen ihm die Herrschaftsinsignien Schwert und Heilige Lanze. Zu beiden Seiten stützen ihn die heiligen Bischöfe Ulrich von Augsburg und Emmeram von Regensburg. Ein ähnliches Bild zeigt das sogenannte Perikopenbuch Heinrichs II., eine reich illustrierte Handschriftensammlung von Texten der Heiligen Schrift, die eine Sternstunde der Kunstgeschichte der Menschheit genannt wurde. Das Perikopenbuch wurde im Auftrag Heinrichs II. in einem Klos­ter auf der Insel Reichenau im Bodensee gefertigt und zählt inzwischen zum Unesco-Weltdokumentenerbe. Heute befindet es sich in der Bayerischen Staatsbibliothek München.

Ein ähnlich ruhmreiches Kunstwerk – und zugleich sakraler Mittelpunkt – ist der Bamberger Kaiserdom, durch die Initiative Heinrichs errichtet auf dem „Bamberger Monsalvat“, könnte man in Anspielung auf den sagenumwobenen Gralsberg sagen, auf einem der sieben geistlichen Hügel in jener Stadt, die Heinrich zu seinem „fränkischen Rom“ werden ließ. Der Dom wurde an Heinrichs Geburtstag, am 6. Mai 1012, geweiht.

Wie aber gelang es Heinrich, wie gesagt ursprünglich Sohn des Herzogs von Bayern, deutscher König und sogar Kaiser zu werden? „Nie sollst du mich befragen!“, hätte er vielleicht gern à la Lohengrin auf diese Frage geantwortet. Denn die Geschichte seiner Aneignung der Königswürde war durchaus spannend, aber so gar nicht heiligmäßig.

Um den Gesamtzusammenhang erzählen zu können, gilt das Wort des Thietmar von Merseburg, des Chronisten von Heinrichs Lebensgeschichte, vom Anfang des 11. Jahrhunderts: „Du musst seine Vorgeschichte kennen, lieber Leser!“ Geboren wurde er in Bad Abbach bei Regensburg als Sohn von Heinrich „dem Zänker“. Jener wurde so genannt, weil er Zeit seines Lebens unerbittlich darum kämpfte, selbst deutscher König zu werden. Doch schon seit der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts kamen immer wieder die mit ihm verwandten Ottonen an die Macht. Sein Sohn Heinrich, der für ein geistliches oder auch das königliche Amt ausersehen war, genoss vorsorglich die beste Erziehung bei Bischof Abraham von Freising, an der Hildesheimer Domschule und durch den 1052 heiliggesprochenen Bischof Wolfgang von Regensburg. Letzterer ist bis heute sehr beliebt, man denke nur an den häufig getragenen Vornamen. Er ist unter anderem als Patron vieler Kirchen berühmt geworden, vor allem der viel besuchte Ferien- und Wallfahrtsort am Wolfgangsee im Salzkammergut ist nach ihm benannt. Die dortige Wallfahrtskirche bewahrt den wertvollen Pacher-Altar mit dem heiligen Wolfgang. Bestattet ist Wolfgang in der Kirche Sankt Emmeram in Regensburg, unweit von Heinrich dem Zänker.

Bamberg als Morgengabe

Um die Jahrtausendwende heiratete Heinrich, Sohn des erwähnten Zänkers, die um 980 geborene Kunigunde von Luxemburg und schenkte ihr Bamberg, seine laut Thietmar „von klein auf besonders geliebte Stadt“, als Morgengabe. Als 1002 der amtierende, kinderlos gebliebene Kaiser Otto III. in Italien starb, sollte seine Leiche zur Beerdigung nach Aachen überführt werden. Dabei kam der Leichenzug nach der Alpenüberquerung durch das Herzogtum Bayern. In Polling „betreute“ Heinrich die begleitende Truppe und zwang sie zur Herausgabe der Reichskrone und der anderen Reichsinsignien. Die Heilige Lanze war wohlweislich vorausgeschickt worden. Aber Heinrich erreichte durch Geiselnahme, dass auch sie in seinen Besitz gelangte. Mit dieser Lanze, heute in der Schatzkammer der Wiener Hofburg, soll ein römischer Soldat nach dem Johannesevangelium die Seite des Gekreuzigten geöffnet haben, sodass Blut und Wasser herausflossen. Nach einer der zahlreichen Legenden wurde etwas davon in einer Schale oder in einem Kelch – dem später sogenannten Heiligen Gral – aufgefangen, wobei der Gral auch der Kelch des Letzten Abendmahls gewesen sein soll.

Da nun Herzog Heinrich im Besitz von Krone, Lanze, Schwert und der anderen Reichsinsignien war, fiel bereits ein Glanz des königlichen Gottesgnadentums auf ihn ab. Zur Vollendung seiner Karrierebestrebungen ... (Andreas Reuß)

Lesen Sie den vollständigen, reich bebilderten Beitrag in der Ausgabe Januar/Februar 2024 des BSZ-Online-Magazins UNSER BAYERN. Sie können die komplette, 40-seitige Ausgabe downloaden unter www.bayerische-staatszeitung.deFür BSZ-Abonnenten ist dieser Service kostenlos, sonst 3 Euro pro Ausgabe. 

Abbildung:
Heinrich II. und Kunigunde stifteten den Bamberger Dom. Als Steinskulpturen empfangen sie die Besucher an der dortigen Adamspforte. (Foto: SZ Photo)

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