Wirtschaft

Ein sehr bekanntes Einsatzgebiet der 3D-Technologie ist die Pilotenausbildung in Flugsimulatoren. (Foto: dpa/Fredrik von Erichsen)

25.10.2019

3D-Technologien vorantreiben

Bayern fordert Unterstützung der EU

Wer sich nicht damit auskennt, denkt wohl zuerst an Computerspiele, mit denen man in eine virtuelle Fantasywelt abtauchen kann: Simulation von Dreidimensionalität. Natürlich ist, was virtuell ist, nur eine Illusion. Aber die Illusionstechnik lässt sich in vielen nützlichen Bereichen einsetzen, was die bayerische Wirtschaft zunehmend auch tut, wofür es aber ihrer Meinung nach von Brüssel nicht genügend Unterstützung gibt. Deshalb lud die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) vor Kurzem zu einem parlamentarischen Abend in die bayerische EU-Vertretung in Brüssel ein. Die geladenen Experten gebrauchten zwar einen für nicht mit dem Thema vertraute Zuhörer unverständlichen Jargon, aber die audiovisuellen Präsentationen überzeugten sie.

3D-Bedarf steigt branchenübergreifend

„Unser heutiger Austausch wäre auch im virtuellen Raum möglich gewesen,“ sagte vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt an jenem Abend. „Womöglich ist das auch die Zukunft von Formaten wie dem heutigen politischen Dialog“. Der Bedarf an 3D-Simulationen und Visualisierungen steige branchenübergreifend. Aber die Unternehmen wünschten mehr Unterstützung, hätten mehr Information, Beratung und Vernetzung nötig. Es sei Aufgabe der Politik, diese innovative Technik stärker zu fördern und Synergieeffekte zu begünstigen.

Ein sehr bekanntes Einsatzgebiet der 3D-Technologie ist die Pilotenausbildung in Flugsimulatoren. Auch in der Industrie wird diese Technologie verstärkt eingesetzt, vor allem zur Erstellung von virtuellen Prototypen, Produktionsplanungen, virtuellem Training, für ergonomische Bewertungen und räumliche Studien in der Geologie. Weitere Einsatzgebiete sind Visualisierungen in Architektur, Medizin, Chemie, Energie und Edutainment (zum Beispiel Virtual Cultural Heritage).

Beflieg- und begehbar

Gerhard Hirzinger, mehrfach ausgezeichneter Honorarprofessor an der TU München am Lehrstuhl für Echtzeitsysteme und Robotik und von 1992 bis 2012 Leiter des Instituts für Robotik und Mechatronik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen, präsentierte auf seinem spannenden Plenar-Vortrag, wo die 3D-Technik heute schon in Bayern eingesetzt wird, zum Beispiel im Tourismus. So gibt es Plattformen, auf der die attraktivsten Landschaftsregionen und Baudenkmäler Bayerns fotorealistisch in 3D modelliert, interaktiv „barrierefrei“ und im Internet „befliegbar“, „begehbar“ beziehungsweise „betrachtbar“ gemacht wurden. Das Institut gilt als international renommierte Technologieschmiede. Bekannt wurde sie unter anderem für die Entwicklung der Space Mouse (weltweit populärstes 3D-Mensch-Maschine-Interface) oder die Unterstützung des Augsburger Roboter-Herstellers beim Aufstieg zur Weltspitze. „Die Qualität, die wir bieten, hat Google nicht“, sagte der Professor. Und auch bei „digitalen Zwillingen“ könnten die Amerikaner nicht mit den Deutschen mithalten. Ein digitaler Zwilling ist etwas, was real existiert oder existieren kann, aber durch die Digitaltechnik virtuell, das heißt simuliert, als sei es real, nachgebildet werden kann. Solche Zwillinge sind vor allem in Ländern wie Deutschland, die noch viel Industrie haben, ein Wettbewerbsvorteil. Das macht zum Beispiel die Produktion in der gesamtem Wertschöpfung von Autos billiger, wie es ein Vertreter des BMW-Konzerns auf dem parlamentarischen Abend demonstrierte.

Hans Michael Strepp, Amtschef des erst im November 2018 geschaffenen bayerischen Digitalministeriums, versprach, in Bayern ein wirtschaftliches Ökosystem, das heißt eine Vernetzung verschiedenster, lose gekoppelter, sozialer und wirtschaftlicher Akteure zu unterstützen. Anlaufstellen dafür habe sein Ministerium im Juni in München, Unter- und Mittelfranken geschaffen und dafür bayerische Steuergelder in Höhe von 1,5 Millionen Euro pro Jahr verplant.

Bayern kann sich laut vbw-Chef Brossardt bei den hochwertigen Patenten der 3D-Technologie weltweit mit ganzen Ländern messen. Bei den Weltklassenpatenten rangierten die USA zwar auf Platz eins, aber der Region Bayern würde der Platz 11 zukommen, würde man sie als einen Nationalstaat betrachten. Aber wie die Staatszeitung im Gespräch mit ihm erfuhr, möchte er die bayerische 3D-Wirtschaft, ungeachtet ihrer eigenen Erfolge, dadurch weiter vorantreiben, dass sie sich EU-weit vernetzt, weshalb er ja in Brüssel sei.

EU-Parlament unterstützt bayerische Wirtschaft

Die wieder ins EU-Parlament gewählte CSU-Abgeordnete Monika Hohlmeier, jetzt Vorsitzende des Haushaltskontrollausschusses des EU-Parlaments und Berichterstatterin zum nächsten EU-Haushalt (2021-2027), will Brossardt dabei helfen. Die Tochter von Franz Josef Strauß, der von 1978 bis zu seinem Tod 1988 bayerischer Ministerpräsident war, ist dafür, dass mehr Geld für die Forschung und Innovation aus der EU-Kasse fließt, nämlich 120 Milliarden. Euro statt 100 Milliarden Euro, wie es die EU-Kommission vorgeschlagen hatte und die EU-Regierungen wohl noch drücken dürften. Je mehr Geld, desto mehr Geld fiele auch für 3D ab. Weil es wahrscheinlich sei, dass sich die Verhandlungen über den nächsten EU-Haushalt zwischen den EU-Mitgesetzgebern, EU-Parlament und EU-Finanzministern hinzögen, sei es wohl gut, wenn Deutschland, Ende 2020 die Verhandlungen führe.

Die Wahrscheinlichkeit, wirklich an EU-Gelder zu kommen, ist jedoch gering. Nur drei von hundert Antragstellern kämen durch, beklagte Hohlmeier. Das müsse sich ändern. „Wir haben gar keine EU-Gelder beantragt“, erwähnte Honorarprofessor Hirzinger der TU München. „Dafür war kein Personal da.“
(Rainer Lütkehus)

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