Biogasanlagenbetreiber könnten vor einer ungewissen Zukunft stehen, wenn aktuelle Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums Realität werden. Denn der am Mittwoch veröffentlichte Referentenentwurf für eine Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) sieht eine dramatische Verschlechterung der Regelungen zum Zugang zu Gasnetzen für Biomethananlagen vor.
Bayerns Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger (FW) warnt vor massiven Nachteilen für die heimische Biomethanbranche. „Der Bund darf Biomethan nicht abwürgen“, sagt der Minister der Staatszeitung. Während überall in Europa Biomethan massiv ausgebaut wird, werde der Netzanschluss für Biomethananlagen in Deutschland gezielt verhindert. „Ich frage mich warum. Anlagenbetreiber, die in den letzten Jahren mit großem Engagement in grüne Gase investiert haben, werden vor den Kopf gestoßen“, so Aiwanger. Der Bund müsse diese Lücke schnell schließen und Planungssicherheit für die Biomethanbranche herstellen.
Das genaue Gegenteil
Nach den aktuellen Entwürfen würden die bisherigen klaren und verlässlichen Vorgaben zum Netzanschluss von Biomethaneinspeiseanlagen wegfallen, moniert Aiwanger. Über die künftigen Regelungen zur Kostenwälzung und Kostentragung des Netzanschlusses werde im Referentenentwurf keine Aussage getroffen. Zudem könnten Netzbetreiber in Zukunft den Anschluss von Biomethananlagen unter bestimmten Bedingungen verweigern. „Damit würden genau die Projekte blockiert, die wir für unsere Energiezukunft dringend brauchen“, sagt der Minister. In Bayern lägen zahlreiche Netzanschlussbegehren von Biomethaneinspeiseanlagen vor. „Viele davon wollen erneuerbares Gas ins Netz einspeisen. Wenn der Bund jetzt den Netzanschluss nicht endlich praxistauglich regelt und Netz- und Anlagenbetreiber mit der Kostenregelung alleinlässt, wird kein Unternehmer mehr investieren. Das ist genau das Gegenteil von dem, was wir erreichen wollen“, echauffiert sich Aiwanger.
Das bayerische Wirtschaftsministerium hat sich im Rahmen der Einspeiseinitiative Biogas Bayern mit Netzbetreibern, Anlagenbetreibern und Verbänden zusammengetan, um sich genau mit dieser Problematik auseinanderzusetzen. Die Einspeiseinitiative Biogas Bayern hat Handlungsempfehlungen entwickelt, um diese dem Bund vorzustellen. Hierfür zeigte sich der Bund bei den letzten Rückmeldungen aufgeschlossen, betont Aiwanger.
Forderungen an den Bund
So stimmt das bayerische Wirtschaftsministerium mit den Bioenergieverbänden überein, dass die Regelungen nicht so bleiben können. Für Biomethan fordert der Minister folgende Nachbesserung:
– Die Netzanschlussbedingungen für Biomethan und erneuerbare Gase sowie Wasserstoff sollen nach dem Vorbild der alten Gasnetzzugangsverordnung geregelt werden.
– Ein vorrangiger und diskriminierungsfreier Netzanschluss mit einer Privilegierung bei den Netzanschlusskosten für Biomethan und andere erneuerbare Gase, wie Wasserstoff, wie es die EU ermöglicht, soll genutzt werden.
– Eine wirtschaftliche Kostenwälzung der Anschlusskosten ist fortzuführen.
– Die Anschlusskosten zwischen Netzbetreiber und Anlagenbetreiber sollen fair verteilt werden.
– Die Länder sollen bei der Ausgestaltung der Verfahren schnell eingebunden werden.
– Für eine Planbarkeit bei Anlagen- und Netzbetreibern sind klare Übergangsfristen nötig.
„Bayern setzt auf Technologieoffenheit und auf heimische, erneuerbare Energie. Biomethan ist erneuerbar, speicherbar, planbar und hilft der Landwirtschaft. Wir brauchen mehr grünes Gas im Netz, nicht weniger“, unterstreicht Aiwanger.
Biomethan-Abschaffungsstrategie
Auch im „Hauptstadtbüro Bioenergie“, in dem der Bundesverband Bioenergie (BBE), der Deutsche Bauernverband (DBV), der Fachverband Biogas (FvB) und der Fachverband Holzenergie (FVH) ihre Kompetenzen bündeln, trift der Referentenentwurf zur EnWG-Novelle auf Ablehnung. „Wie kann man einerseits in allen Sektoren grüne Gase wie Biomethan im großen Stile einplanen und gleichzeitig den Zugang zum Netz so dermaßen erschweren wollen“, entrüstet sich Sandra Rostek, Leiterin des Hauptstadtbüros Bioenergie.
So sollen die Regelungen der Gasnetzzugangsverordnung nicht fortgeführt und bereits zum 30. Juni 2026 endgültig auslaufen. Damit würden die bislang geltenden soliden Anschlussbedingungen für Biomethananlagen entfallen. Darüber hinaus sollen Übertragungsnetzbetreiber künftig die Möglichkeit erhalten, den Anschluss von Biomethananlagen zu verweigern.
„Den aktuellen Entwurf der EnWG-Novelle kann man nur als ‚Biomethan-Abschaffungsstrategie‘ bezeichnen. Das steht nicht nur den eigenen Zielen für grüne Gase, sondern auch dem Geist der EU-Richtlinie diametral entgegen. Überall in Europa wird Biomethan mobilisiert, nur hierzulande soll es offenbar kleingehalten werden“, so Rostek.
Biomethan zu produzieren wäre für alle Biogasanlagenbetreiber, die jetzt aus der EEG-Förderung fallen, eine Zukunftsperspektive. Doch unter diesen Vorzeichen erscheint es fraglich, ob sie ihre Anlagen weiter betreiben.
6 Megawatt gefährdet
„Von den rund 9 Gigawatt Leistung aus Biogas wären zwei Drittel, also etwa 6 Gigawatt, gefährdet“, sagt Andrea Horbelt, Sprecherin des Fachverbands Biogas aus Freising, der Staatszeitung. Diese Zahlen veranschaulichen die Bedeutung der Biogasproduktion in Deutschland. Auf Bayern heruntergerechnet würden von den rund 1500 Megawatt Leistung etwa 1000 Megawatt im Feuer stehen.
Die EU-Richtlinie für den Gas- und Wasserstoffbinnenmarkt soll nach Ansicht der Bioenergieverbände im Hauptstadtbüro Bioenergie eigentlich Biomethan und Wasserstoff in Europa stärken. Zwar lässt sie den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung Spielraum, doch im Rahmen des Green Deal und des REPower EU-Plans setzt die EU auf einen ambitionierten Ausbau grüner Gase. Bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen um mindestens 55 Prozent sinken, bis 2050 soll Klimaneutralität erreicht sein. Biomethan spielt dabei eine Schlüsselrolle: Der geplante Ausbau auf 35 Milliarden Normkubikmeter (Nm³) bis 2030 würde gegenüber den 4,9 Milliarden Nm³ aus dem Jahr 2023 ein Wachstum von über 600 Prozent bedeuten.
(Ralph Schweinfurth)
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