Wirtschaft

Der Autozulieferer Leoni erholt sich nur langsam von den Betrügereien, denen er im Vorjahr zum Opfer gefallen war. (Foto: dpa)

23.03.2017

Betrugsfall Leoni

Gelder flossen auf Konten in China und Hongkong

Der von Unbekannten im Vorjahr um 40 Millionen Euro betrogene Autozulieferer Leoni hat sich damit abgefunden, das Geld nie wiederzusehen. "Wir rechnen nicht damit, das Geld substanziell zurückbekommen zu können", stellte Leoni-Finanzvorstand Karl Gadesmann bei der Bilanzkonferenz seines Unternehmens am Donnerstag in Nürnberg fest. Inzwischen sei klar, dass die mit der sogenannten "Chef-Betrugs"-Masche ergaunerten Firmengelder auf Konten in China und Hongkong gelandet seien, berichtete der Manager.

Bevor die Leoni-Gelder auf die beiden Konten gelangten, seien sie über ein weit verzweigtes Netz von weltweit mehr als 50 Konten transferiert worden, so dass eine Nachverfolgung des Geldflusses nur schwer möglich sei, erläuterte Gadesmann. Die Täter seien weiter unbekannt. Hinweise, das Leoni-Mitarbeiter in die kriminellen Machenschaften verstrickt seien, gebe es nicht. Allerdings habe Leoni keine Einblicke in die Akten der ausländischen Ermittler.

Falsche Daten und falsche Identitäten


Die unbekannten Betrüger hatten sich gegenüber Mitarbeitern ausländischer Leoni-Gesellschaften "mit falschen Daten und Identitäten" als hochrangige Leoni-Manager ausgegeben; in dieser angeblichen Funktion ordneten sie zahlreiche Überweisungen in zumeist einstelliger Millionenhöhe auf ausländische Konten an. "Das Ganze lief über einen Zeitraum von drei Wochen. Das ging so schnell, dass für uns keine Reaktionszeit blieb, die über ein weit verzweigtes Netz laufenden Geldtransfers zu stoppen", berichtete Gadesmann.

Als Konsequenz aus dem Betrugsfall hat der Vorstand inzwischen vier Mitarbeiter entlassen; ein für Personalfragen zuständiger Geschäftsführer wurde abgemahnt. Firmeninterne Untersuchungen hätten ergeben, dass "Fehlverhalten und Regelverstöße einiger Mitarbeiter die millionenschweren Betrügereien begünstigt" hätten, sagte Gadesmann. Als Sofortmaßnahmen habe man die Abläufe im Zahlungsverkehr unter die Lupe genommen, Mitarbeiter geschult und das interne Kontrollsystem überprüft, ergänzte der Finanzvorstand.

Die "Chef-Betrungs"-Masche


Mit der "Chef-Betrugs"-Masche ("CEO-Fraud") hatten Unbekannte bereits zuvor andere Unternehmen um große Beträge erleichtert. Bei dieser Weiterentwicklung des berüchtigten Enkeltricks meldet sich der vermeintliche Chef oder Finanzchef des Unternehmens - über eine gefälschte E-Mail-Adresse - beim Buchhalter und drängt zur Eile: Für wichtige Transaktionen müsse dringend Geld überwiesen werden. Der Mitarbeiter wird dabei zu "strikter Geheimhaltung" verpflichtet.

Auch wenn eine Versicherung mit einer Fünf-Millionen-Zahlung für einen Teils des Schadens aufkommt, haben die Betrügereien neben anderen finanziellen Belastungen die Leoni-Bilanz für 2016 ordentlich verhagelt. Bei einem auf 4,431 Milliarden Euro (minus 1,6 Prozent) gesunkenen Umsatz verringerte sich der operative Gewinn (Ebit) um fast die Hälfte; er lag bei 78,1 Millionen Euro. Der Gewinneinbruch geht zum einem auf das Konto des Betrugsfalls, andererseits auf Kosten einer teuren Reorganisation des schwächelnden Kabelbereichs.

Für 2017 hofft der Vorstand nach fast drei schwierigen Jahren aber wieder auf eine "Rückkehr in die Erfolgsspur", wie Leoni-Vorstandschef Dieter Bellé betonte. Der Umsatz soll um rund 170 Millionen Euro auf rund 4,6 Milliarden Euro wachsen. Beim operativen Gewinn (Ebit) strebt der im MDax notierte Konzern mit 180 bis 200 Millionen Euro mehr als eine Verdoppelung des Gewinns von 2016 an. Mittelfristig - bis 2019 - peilt der Leoni-Vorstand ein jährliches Umsatzwachstum von 4 bis 5 Prozent an.
(Klaus Tscharnke, dpa)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Soll eine Helmpflicht für Pedelecfahrer eingeführt werden?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
X
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.