Wirtschaft

Biogasanlagen sind bei den Investitionen um den Faktor 1,9 bis 3,7 günstiger als mit Wasserstoff betriebene Kraftwerke. (Fotos: Fachverband Biogas)

20.12.2024

"Biogasanlagen erzeugen bis zu 60 Prozent günstiger"

Stefan Rauh, Geschäftsführer des Fachverbands Biogas, über Dunkelflaute, teuren Strom und das Potenzial von Biogasanlagen

Das trübe Wetter ist gefühlt schon seit Anfang Oktober zum Dauerzustand geworden. Kein Wunder also, dass sich die Erzeugung von Ökostrom in der Dunkelflaute, wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint, schwierig gestaltet.

BSZ: Herr Rauh, wie lange dauert die aktuelle Dunkelflaute schon an?
Stefan Rauh: Der erste hohe Ausschlag an der Strombörse aufgrund der Dunkelflaute war Anfang November. Seitdem verzeichnen wir immer wieder windstille trübe Tage, die teilweise zu Strompreisen von bis zu 800 Euro pro Megawattstunde führen. Es zieht sich also mit Unterbrechungen durch den Herbst. Mediale Aufmerksamkeit bekam die Dunkelflaute Mitte Dezember, die sich über gut zwei Tage erstreckte.

BSZ: Wie kann Strom aus Biogas preisdämpfend wirken?
Rauh: Das letzte Kraftwerk bestimmt den Strompreis (Merit Order) – das heißt: Kraftwerke werden in der Reihe ihrer Stromgestehungskosten dazugeschaltet. Am Anfang PV und Wind, am Ende Gaskraftwerke, die nur wenige Stunden im Jahr laufen. Biogasanlagen sind günstiger als diese Gaskraftwerke und sorgen dafür, dass diese nur einen geringen oder gar keinen Anteil an der Stromerzeugung haben.

BSZ: Um wie viel günstiger wäre der Strom dann?
Rauh: Eine Studie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg hat die Stromgestehungskosten von mit Wasserstoff betriebenen Kraftwerken im Vergleich zu Biogas verglichen – und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass Biogasanlagen zwischen 50 und 60 Prozent günstiger erzeugen.

BSZ: Wie viel würde man sparen, wenn man statt wasserstoffbasierter Reservekraftwerke die Stromerzeugung aus Biogas ausbauen würde?
Rauh: Betrachtet man die Investitionen, sind Biogasanlagen um den Faktor 1,9 bis 3,7 günstiger als H2-ready-Kraftwerke.

BSZ: Wie viel mehr Biogasanlagen bräuchte man dann in Bayern beziehungsweise ganz Deutschland?
Rauh: Man bräuchte nicht mehr Biogasanlagen, nur mehr Blockheizkraftwerke und Gasspeicher pro Anlage. Dann wären die Anlagen in der Lage, bei hohem Strombedarf kurzfristig viel Gas in Strom umzuwandeln und sie können bei viel Wind und Sonne das Gas speichern.

BSZ: Kritiker monieren, dass die Abwärme bei Biogas oft nicht genutzt wird. Was kann man da machen?
Rauh: Sehr viel Wärme wird bereits genutzt – und es wird immer mehr. Nur noch rund 20 Prozent der Wärme wird laut unserer Umfrage nicht genutzt. Vor allem nach dem Ende der Gaslieferung aus Russland haben sehr viele Anrainer an Biogasanlagen die Betreiber um einen Anschluss an – oft schon bestehende – Wärmenetze angefragt. Eine Umfrage des Fachverbands hat ergeben, dass bereits 400.000 Haushalte und Hunderte Bäder, Schulen, Turnhallen et cetera mit Biogaswärme heizen.

BSZ: Biogasanlagen sind also wichtig für Kommunen, um die Menschen mit Wärme zu versorgen.
Rauh: Ja, viele Kommunen haben ein großes Interesse an Biogaswärme, um ihre kommunale Wärmeplanung zu realisieren – für viele Bürgermeister wäre es ein großes Problem, wenn die Biogasanlage im Ort schließen würde.

BSZ: Aber für die Anlagenbetreiber wird die Finanzierung ihrer Anlagen schwierig.
Rauh: Da viele Betreiber in Zukunft ihre Anlage nicht mehr allein über die EEG-Vergütung finanzieren können, wird der Wärmeverkauf immer wichtiger. Hier müssen dann auch reelle Preise verhandelt werden. Häufig liegt die Kilowattstunde Biogaswärme weit unter dem Preis für eine kWh aus fossilen Quellen.
(Interview: Ralph Schweinfurth)

Kommentare (1)

  1. rudi seibt am 20.12.2024
    Biogas-Strom braucht Abnehmer für die Wärme.
    Biogas braucht Kompression ins Erdgasnetz, solange es noch da ist.
    Biogas ohne Doppelnutzung bleibt unwirtschaftlich, ist Methode von gestern.
    Kühllager können auch mit Biogas-Kàlteanlagen betrieben werden.
    Nicht den alten Status erhalten sondern diversifizieren.
    Vorwärts statt rückwärts, mehr Grün statt Schwarz/Weißblau
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