Wirtschaft

Eine Luftmessstation an der Landshuter Allee in München: Im Fall von hoher Belastung, dürften hier keine Dieselautos mehr fahren. (Foto: dpa)

27.02.2018

Der Bund ist am Zug

Bayerischer Städtetag fordert die Einführung der blauen Plakette

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das Diesel-Fahrverbote für bessere Luft grundsätzlich erlaubt, ändert in Bayern erst einmal nichts. Das Gericht habe über zwei konkrete Fälle aus Düsseldorf und Stuttgart entschieden, sagte Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) am Dienstag. «Die Haltung der Staatsregierung ist klar: Pauschale Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in Großstädten lehnen wir ab.» Sie träfen viele Bürger unverhältnismäßig und könnten den Wirtschaftsstandort Bayern gefährden.

Der Bayerische Städtetag und die Oberbürgermeister von München und Nürnberg sehen jetzt Bund und Länder am Zug. «Die Bundesländer, also auch der Freistaat Bayern, haben nun die Möglichkeit, zonen- oder streckenbezogene Fahrverbote in den Luftreinhalteplan aufzunehmen. Eine Befugnis oder Pflicht der Kommunen, selbst Fahrverbote auszusprechen, ist dem Urteil nicht zu entnehmen», stellte der Münchner OB Dieter Reiter (SPD) klar.

Allerdings sitzt die Justiz der Staatsregierung im Nacken: Bis Ende Mai muss der Freistaat Diesel-Fahrverbote für bestimmte Straßenabschnitte in München planen - andernfalls droht ihm das Verwaltungsgericht München ein weiteres Zwangsgeld an. An fünf Messstationen in München, Nürnberg, Augsburg und Regensburg überschreitet die Stickoxid-Belastung den Jahresmittel-Grenzwert.

Der Städtetags-Präsident und Augsburger OB Kurt Gribl (CSU), Reiterund der Nürnberger OB Ulrich Maly (SPD) forderten vom Bund, eine Blaue Plakette für saubere Autos einzuführen, um lokale Fahrverbote kontrollieren zu können. Andernfalls müsste ein pauschales Dieselfahrverbot verhängt werden, und das sei nicht vollziehbar, sagte Gribl. Allein in München wären dafür 130 000 neue Schilder nötig. Die Polizei müsste dann jedes einzelne Auto anhand der Fahrzeugpapiere prüfen, ob es einfahren darf oder nicht.

Außerdem müsse die Autoindustrie «unverzüglich auf eigene Kosten betroffene Dieselfahrzeuge mit einer Hardwarelösung nachrüsten», sagte Reiter. «Hier ist die Bundesregierung dringend aufgefordert, ihren Kuschelkurs gegenüber der Automobilindustrie endlich zu verlassen», sagte Maly.

Unterstützung für diese Forderungen kam von den Umweltverbänden: Auch der Bund Naturschutz in Bayern und der BUND forderten Nachrüstungen und die Blaue Plakette.

Dagegen warnte der Bayerische Gemeindetag, Blaue Plaketten und Fahrverbote «gefährden die Innenstädte als Lebensader der Kommunen». Sie gingen zu Lasten von Bürgern, Pendlern, Handel und Gewerbe, sagte Gemeindetags-Präsident Uwe Brandl (CSU). Das Bundesprogramm zur Luftreinhaltung wirke erst mittelfristig. Deshalb müsse der Bund jetzt ein Programm zur Umrüstung von Euro-5- und Euro-6-Dieselmotoren auflegen, auf Kosten der Autohersteller oder mit Steuergeldern.

Entschieden Front gegen Fahrverbote machten Industrie, Handwerk und Handel. Sie seien unverhältnismäßig - zur Senkung der Stickoxid-Belastung sei «ein realistisches und schlüssiges Konzept mit Augenmaß» notwendig. Fahrverbote seien unverhältnismäßig und eine «kalte Enteignung hunderttausender Diesel-Besitzer», sagte Bertram Brossardt, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft. Nutzungsverbote für nach geltendem Recht zugelassene Fahrzeuge würden Privatleute und Gewerbetreibende hart treffen. Die Kommunen sollten den Verkehr intelligenter steuern, den Parkplatzsuchverkehr verringern und ihre Busse, Bahnen und Fahrzeugflotten erneuern.

Handwerks-Präsident Franz Xaver Peteranderl sagte: «Was machen Handwerksunternehmen, die an solchen Hauptverkehrsachsen ihren Firmensitz haben, Filialen beliefern oder Dienstleistungen beim Kunden erbringen müssen?» Die Folgen für Anwohner, Lieferanten, Handwerker oder Pflegedienste, ob ein Fahrverbot nur für Dieselautos gelte, wie ein Fahrverbot kontrolliert werde, ob Dieselfahrer dann nicht einfach auf die Straße nebenan ausweichen könnten: Es gebe es noch tausend ungeklärte Fragen, sagte Staatskanzleichef Marcel Huber (CSU).

Der ADAC forderte «schnell Euro-5-Diesel nachzurüsten, alle Verkehre sinnvoll miteinander zu vernetzen und den ÖPNV verlässlicher zu machen», um Fahrverbote zu verhindern. Auch ohne rechtliche Pflicht sollten die Autohersteller die Autos nachrüsten. (dpa)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Sollen Uni-Absolventen später als mit 67 in Rente gehen?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
X
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2024

Nächster Erscheinungstermin:
28. November 2025

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 29.11.2024 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.