Wirtschaft

Ein Plakat mit der Aufschrift „Flugplatz? Nein Danke!“ steht als Protest gegen den geplanten Verkehrslandeplatz Coburg auf einem Feld. Die Wirtschaft befürwortet einen neuen Verkehrslandeplatz – Naturschützer und viele Landwirte sind dagegen. (Foto: dpa)

02.10.2015

„Der Nürnberger Airport ist keine Alternative“

In der Region Coburg gibt’s weiterhin Zoff um den geplanten Verkehrslandeplatz – viele Unternehmen behaupten, darauf angewiesen zu sein

Die Unternehmen in und um Coburg können aufatmen. Noch ist der neue Verkehrslandeplatz nicht endgültig begraben (Staatszeitung berichtete). Das Luftamt Nordbayern wird den Standort Meeder-Neida, an dem der neue Verkehrslandeplatz entstehen soll, noch einmal unter Sicherheitsaspekten prüfen.

Vertreter der Projektgesellschaft Verkehrslandeplatz Coburg mbH (PGVC) haben vor Kurzem bei einem Arbeitstreffen mit Bayerns Innen- und Verkehrsminister Joachim Herrmann (CSU) und der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium, Dorothee Bär (CSU), neue rechtliche und luftverkehrsfachliche Gesichtspunkte zur Sicherheitssituation des Geländes vorgestellt. Die Projektgesellschaft hat zudem angekündigt, ein weiteres Fachgutachten nachzureichen, aus dem sich ein gefährdungsloser Betrieb des neuen Flugplatzes ergeben soll. Dies wird das Luftamt Nordbayern prüfen.

„Wir konkurrieren mit global agierenden Firmen“


An einem neuen Verkehrslandeplatz hängt viel für die Wirtschaft der Region Coburg. „Der Nürnberger Flughafen ist für uns keine Alternative“, sagt Björn Schumacher, Geschäftsführer des Verpackungsmittelspezialisten Schumacher Packaging aus Ebersdorf bei Coburg, der Staatszeitung. Sein Unternehmen hat elf Produktions- und zehn Verwaltungsstandorte in ganz Europa. Allein zu den Produktionswerken müssen schnell einmal Techniker geflogen werden, um Probleme zu beheben. „Steht eine Maschine still, kostet das pro Stunde 50 000 Euro“, so Schumacher. Wenn sich diese Kosten wegen längerer Anfahrt zu einem Flughafen erhöhen, beeinträchtigt das die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens. „Wir liefern Verpackungen unter anderem an Ikea und konkurrieren hier mit anderen großen, weltweit agierenden Verpackungsmittelspezialisten.“ Darum könne es sich Schumacher Packaging nicht leisten, einen Techniker erst über eine Stunde zum Nürnberger Airport fahren und dort einchecken zu lassen. „Bis der losgeflogen ist, vergehen bis zu drei Stunden, ganz zu schweigen von den Problemen bei der Sicherheitskontrolle. Denn unsere Techniker haben in einem Koffer Spezialwerkzeug zum Reparieren unserer Maschinen dabei“, illustriert Schumacher.

Weil aber das Fliegen ab Coburg ungewiss ist, hat Schumacher einen geplanten Erweiterungsbau am Stammsitz Ebersdorf erst einmal auf Eis gelegt. In das rund 15 Millionen Euro teure neue Verwaltungsgebäude sollten zusätzlich 80 neue Mitarbeiter einziehen. „Wir haben auch ein Werk in Münster. Dort haben wir eine perfekte Infrastruktur mit Autobahnanbindung und Flughafen in zwei Kilometern Entfernung“, erläutert Schumacher. Sollte sich für die Fliegerei in Coburg über das Jahr 2019 (bis dahin läuft die Genehmigung für den bisherigen Verkehrslandeplatz auf der Brandensteinshöhe) keine Perspektive ergeben, wird Schumacher für sein Unternehmen wohl die Konsequenzen ziehen müssen. „Wir sind ein lokal verwurzeltes Unternehmen und stehen zu unserem Standort. Da nimmt man auch so manches in Kauf. Aber die Wettbewerbsfähigkeit darf nicht leiden. Das können wir uns nicht leisten.“

27.000 Arbeitsplätze hängen vom Verkehrslandeplatz ab


Anderen Unternehmen der Region Coburg und aus dem Raum dem Raum Kronach, Lichtenfels und Südthüringen geht es genauso. Laut IHK Coburg sind derzeit rund 27.000 Arbeitsplätze direkt und indirekt vom Flugverkehr abhängig. Darum fordern über 30 Firmen einen neuen Verkehrslandeplatz. Auch die Zunahme der Werkverkehrsflüge von der Brandensteinsebene zeigen den Bedarf für einen Verkehrslandeplatz im Raum Coburg. So ist die Zahl dieser Flüge von 956 im Jahr 1998 auf 1594 im Jahr 2013 gestiegen.

Auf für den weltweit an 60 Standorten vertretenen und damit fünftgrößten Automobilzulieferer, die Brose Gruppe mit Firmensitz in Coburg, ist der Verkehrslandeplatz extrem wichtig. „Wir beschäftigen knapp 24.000 Mitarbeiter in 23 Ländern, davon mehr als 7000 allein in Franken. Für die Steuerung ihres weltweiten Geschäfts unterhält die Brose Gruppe wesentliche Zentralfunktionen in Coburg. Um unsere Kunden, Lieferanten und europäischen Standorte schnell und direkt zu erreichen, sind wir auf planbare sowie sichere Flugverbindungen angewiesen“, sagt Jürgen Otto, Vorsitzender der Geschäftsführung Brose Gruppe, der Staatszeitung. Ohne diese Infrastruktur könnte das Unternehmen Brose, das weltweit 5,2 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftet, vom Stammsitz Coburg aus die Zentralfunktionen nicht ausüben und müsste diese Kapazitäten verlagern. Brose entwickelt und produziert innovative mechatronische Systeme für Fahrzeugtüren und -sitze sowie Elektromotoren.

Platzrunde in größerer Höhe drehen


Bei der Projektgesellschaft Verkehrslandeplatz Coburg mbH (PGVC) ist man jedenfalls froh, dass alle, die am Bau eines neuen Verkehrslandeplatzes beteiligt sind, wieder offen miteinander reden. „Wir sind einen großen Schritt weiter“, sagt sich Willi Kuballa, Geschäftsführer der PGVC, der Staatszeitung. Er ist froh, dass die Argumente der PGVC von der Deutschen Flugsicherung (DFS) gehört wurden. Denn im Kern geht es laut Kuballa um einen Hügel und ein Waldstück südlich der Start- und Landebahn am geplanten neuen Standort Meeder-Neida. Um einen sicheren Flugbetrieb zu ermöglichen, müssten Freizeitflieger eine so genannte Platzrunde drehen können. Dies ist laut Kuballa durchaus möglich, nur müsste diese in eine größere Höhe als von den Vorschriften vorgesehen, verlegt werden. Die DFS habe sich hier durchaus offen gezeigt.

Somit sollte dem 30 Millionen Euro schweren Neubau des Verkehrslandeplatzes nichts mehr im Weg stehen. Auch die Finanzierung steht nach wie vor. Der Freistaat hat bereits zugesagt, 50 Prozent der Kosten – maximal 15 Millionen Euro – zu übernehmen. Coburger Unternehmen würden acht Millionen Euro beisteuern. Den Rest müsste die Stadt Coburg stemmen, da der Landkreis per Bürgerentscheid zum Ausstieg aus dem Projekt gezwungen ist.
(Ralph Schweinfurth)

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