Die Bürokratie belastet die deutschen Unternehmen mit 145 Milliarden Euro. Davon entfallen 27 Milliarden Euro auf bayerische Firmen. Und in den letzten drei Jahren sind 30 000 Arbeitsplätze verloren gegangen. „Diese kann der öffentliche Dienst nicht aufnehmen“, sagte Manfred Gößl, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags (BIHK) bei der Vorstellung der BIHK-Konjunkturumfrage am Mittwoch in München. Er illustrierte anhand dieser Zahlen, dass „der Standort Deutschland das Problem ist“.
Kein Wunder also, dass die Stimmung in der bayerischen Wirtschaft auf niedrigem Niveau verharrt. Der BIHK-Konjunkturindex – 3400 Unternehmen aus allen Wirtschaftszweigen haben sich beteiligt – steigt gegenüber dem Jahresbeginn zwar leicht um 5 auf 104 Punkte. Er liegt nun aber bereits seit Herbst 2023 klar unter dem langjährigen Durchschnitt von 112 Punkten. Die letzte Durststrecke dieses Ausmaßes hat die bayerische Wirtschaft laut Gößl vor mehr als 20 Jahren von 2001 bis 2003 erlebt.
Am Bau ist verhaltene Bewegung zu erkennen
„Die bayerische Wirtschaft ist in einer Dauerstagnation gefangen“, fasste Gößl die Umfrageergebnisse zusammen. Darum würden die Unternehmen ihre Geschäftslage genauso schlecht bewerten wie zu Jahresbeginn. Der Saldowert betrage weiter 8 Punkte und liege damit 47 Zähler unter dem Höchstwert vom Jahresbeginn 2018. Die Erwartungen steigen dem BIHK-Chef zufolge seit Jahresbeginn um 9 Punkte, erreichen aber dennoch nur den Nullpunkt – der gleiche Wert wie vor einem Jahr. Schon seit Frühjahr 2022 liegen laut Gößl die Erwartungen unter dem langjährigen Durchschnitt von 7 Punkten, ein Negativrekord seit Umfragebeginn 1993. Er betonte, dass der BIHK-Konjunkturindex zu gleichen Teilen aus den Lage- und Erwartungsurteilen der Betriebe errechnet wird.
Immerhin scheint sich Gößl zufolge eine Bodenbildung in Industrie, Bau und Handel abzuzeichnen: In diesen Branchen legen die Erwartungswerte im Vergleich zum Vorjahr wieder zu. Aufgrund historisch schlechter Ausgangswerte erreichen sie dennoch keine positiven Salden (Industrie: minus 3 Punkte, Einzelhandel: minus 7, Bau: minus 9). Die Ausnahme sei der Großhandel, der mit einem Saldo von 2 Punkten leicht positiv auf die kommenden Monate schaut. Der Dienstleistungssektor (4 Punkte) und der Tourismus (1 Punkt) seien zwar ebenfalls knapp im positiven Bereich, hier hätten sich die Erwartungen im Vergleich zum Vorjahr aber noch einmal verschlechtert.
„Die Leute kommen, aber sie sparen an ihrem Urlaub. Sprich sie verzichten auf Gaststättenbesuche und holen ihr Essen im Supermarkt“, verdeutlichte Gößl die Lage in Bayerns Tourismus.
Auch am Bau sei nur verhaltene Bewegung zu erkennen. „Das Baugewerbe kommt aus dem ganz tiefen Keller. Ist auch noch im Keller und hat das Erdgeschoss noch nicht erreicht. Aber wir merken eine Aufwärtsbewegung“, so der BIHK-Hauptgeschäftsführer.
Dauerbrenner Bürokratie
Er zählte die größten Risiken für die kommenden zwölf Monate auf: Lohnnebenkosten bei 42 Prozent, 3,6 Prozent Arbeitslosigkeit in Bayern, weniger Netto vom Brutto. Der Dauerbrenner Bürokratie und Trumps Zollpolitik.
„Füher hat uns der Export wieder aus dem Tief herausgebracht. Aber in Nordamerika verzeichnen wir ein absinkendes Auftragsvolumen“, so Gößl. Wie schlimm er werden wird, könne er noch nicht sagen: „Es sind keine seriösen Schätzungen möglich, denn es hängt von den Zöllen ab.“ Der Schaden für Deutschland könnte zwischen 10 bis 60 Milliarden Euro liegen.
Darum sind jetzt wirtschaftspolitische Weichenstellungen nötig, die für Wachstum sorgen, waren sich Gößl und BIHK-Präsident Klaus Josef Lutz einig. So sollten steuerliche Abschreibungen für Investitionen ausgeweitet, die Körperschaftsteuer reduziert, die Stromsteuer auf ein europäisches Mindestmaß abgesenkt und die Übertragungsnetzentgelte halbiert werden.
Deutschland als Exportnation leide massiv unter dem Trend der Rückabwicklung der Globalisierung. „Die Handelshemmnisse werden stärker“, so Gößl. Vor allem hätten die Chinesen technologisch aufgeholt. In den Bereichen Autos, Maschinen und Elektronik, in denen Deutschland einst die Nase vorn hatte, können sie dem BIHK-Chef zufolge locker mithalten: „Wir waren ja deren Vorbild. Aber jetzt macht man uns die Märkte kaputt.“
Verfehlte Wirtschaftspolitik der letzten Bundesregierung
Hinzu komme eine völlig verfehlte Wirtschaftspolitik unter der letzten Bundesregierung. „Ex-Bundesaußenministerin Annalena Baerbock meinte einmal, dass Verbote die Wirtschaft innovativ machen. Aber das Gegenteil ist der Fall, wie man jetzt sieht“, betonte Gößl. Und er machte noch auf weitere Folgen der verfehlten Wirtschaftspolitik aufmerksam: „Wenn wir kaum noch wachsen, werden wir die sozialen Sicherungssysteme nicht mehr bezahlen können.“
Deshalb betonte BIHK-Präsident Lutz, dass die deutsche und bayerische Wirtschaft endlich wirksame Entlastungen und Rückenwind braucht. „Die neue Bundesregierung steht vor einer großen Bewährungsprobe: Entschlossenes Handeln ist gefragt. Es kann nicht schnell genug vorwärts gehen. Die Betriebe brauchen vor allem mehr Planungssicherheit, spürbare Anreize für mehr Investitionen und einen echten Kurswechsel zu mehr unternehmerischer Freiheit“, unterstrich Lutz.
(Ralph Schweinfurth)
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