Wirtschaft

Alfred Gaffal will steuerliche Anreize für den Heizanlagentausch in Deutschland. (Foto: vbw)

22.11.2013

„Die Politik unterschätzt den Wärmemarkt“

vbw-Präsident Alfred Gaffal über die Energiewende und das gewaltige Einsparpotenzial, das in der Wärmeversorgung steckt

Der Wärmemarkt wird oft als „schlafender Riese“ bezeichnet. In der Tat ist er mit seinem gewaltigen Einsparungspotenzial ein eher marginaler Baustein der Energiewende. So vermittelt es zumindest die öffentliche Diskussion. Wir sprachen darüber mit Alfred Gaffal, Präsident der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. BSZ: Herr Gaffal, hat die Politik den Wärmemarkt auf dem Radarschirm?
Gaffal: Auf dem Schirm schon, aber sie unterschätzt den Wärmemarkt. Sein Potenzial wird vernachlässigt. Das zeigt sich schon an der Blockade der steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten von energetischen Sanierungsmaßnahmen, wie dem Tausch alter durch neue Heizungsanlagen durch den Bundesrat im vergangenen Dezember. BSZ: Welches Potenzial steckt denn im Wärmemarkt?
Gaffal: Der Bundesindustrieverband Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik hat den Endenergieverbrauch nach Sektoren in der EU aufgeschlüsselt. Demnach entfallen 40,4 Prozent auf den Gebäudebereich, 31,3 Prozent auf den Verkehr und 28,3 Prozent auf die Industrie. Und die 40,4 Prozent Gebäudebereich teilen sich in 85 Prozent Raumwärme und Trinkwassererwärmung sowie in 15 Prozent Stromverbrauch auf. BSZ: Sind die Zahlen für Deutschland ähnlich?
Gaffal: Zumindest im Gebäudebereich. Wenn wir die hier verborgenen Potenziale durch bereits vorhandene Technologien heben, könnten wir 80 Prozent der Energie einsparen, die der Leistung der Kernkraftwerke entspricht. BSZ: Also ein gewaltiger Beitrag für die Energiewende, die ja darauf abzielt, den Kernkraftstrom zu ersetzen.
Gaffal: Ja. Wenn man das in Zahlen fasst, bedeutet das, dass von den rund 140 Terawattstunden Strom aus Kernkraft, der 2010 in Deutschland erzeugt wurde, 112 Terawattstunden eingespart werden können. BSZ: Was müsste geschehen, um dieses Potenzial zu heben?
Gaffal: Die Potenziale können vor allem durch energetische Sanierung wie den Austausch von Heiz- und Klimatechnikanlagen sowie durch Gebäudedämmung erschlossen werden. Rund 65 Prozent der Fassaden hierzulande sind ungedämmt und weitere 20 Prozent entsprechen nicht dem Stand der Technik. Gleiches gilt für die Anlagentechnik in Gebäuden. Hier sind 70 bis 80 Prozent nicht auf dem aktuellen Stand der Technik und damit zu einem großen Teil sanierungsbedürftig. Das heißt, dass 80 Prozent der etwa 20,2 Millionen Wärmeerzeuger hierzulande – 5,5 Millionen davon sind Ölheizungen – ineffizient sind. BSZ: So eine Sanierung hätte also auch enorme Entlastungen der Umwelt zufolge.
Gaffal: Richtig, denn mit den verfügbaren Technologien ließen sich im Gebäudebereich zudem 63 Millionen Tonnen Treibhausgase bis zum Jahr 2020 einsparen. BSZ: Und wie sieht es mit der Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen zur energetischen Sanierung aus?
Gaffal: Die Amortisationszeiten betragen je nach Umfang der Sanierung beim Austausch von Heizanlagen zwischen fünf und acht Jahre und inklusive Dämmung und Fenster zwölf bis 15 Jahre. Das rechnet sich für Mieter und Vermieter. BSZ: Und wie sieht das Einsparungspotenzial in Bayern aus?
Gaffal: Im Freistaat ist es im Gebäudesektor besonders hoch und die Zeit für eine breite energetische Sanierungswelle günstig. Denn bei einem Großteil der aus den 1960er und 1970er Jahren stammenden Ein- und Mehrfamilienhäuser stehen altersbedingte Sanierungen an. Nach wissenschaftlichen Untersuchungen der TU München für die vbw liegt der Anteil an Einfamilienhäusern am Gebäudebestand in Bayern mit 48 Prozent deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 40 Prozent...(Ralph Schweinfurth) Lesen Sie das vollständige Interview in der gedruckten Ausgabe der Bayerischen Staatszeitung vom 22. November 2013.

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